Ein Jahr nach WEC-Strategie-Debakel: Was Ferrari daraus gelernt hat

Den strategischen Fauxpas bei den 6h Imola 2024 hat Ferrari aufgearbeitet - Was mittlerweile anders gemacht wird und warum es sich nicht wiederholen dürfte

(Motorsport-Total.com) - Ein Jahr ist es her, dass Ferrari beim Heimrennen in Imola einen monumentalen strategischen Fehler beging und gleich mit drei Autos die Siegchance aus der Hand gab.

Titel-Bild zur News: Den viel zu späten Wechsel auf Regenreifen bezahlte Ferrari in Imola 2024 teuer

Den viel zu späten Wechsel auf Regenreifen bezahlte Ferrari in Imola 2024 teuer Zoom

Inzwischen hat sich das Werksteam neu sortiert, die Lehren aus dem Debakel gezogen, zwischenzeitlich einen weiteren Le-Mans-Sieg mitgenommen, und sich strategisch wesentlich besser aufgestellt. Doch die Erinnerung an das Rennen 2024 ist geblieben, gerade weil es auf heimischem Boden stattfand und die Tifosi enttäuscht und fassungslos zurückließ.

In einem chaotischen Rennen mit wechselhaften Bedingungen lag Ferrari 2024 mit allen drei 499P aussichtsreich im Rennen, doch eine kollektive Fehlentscheidung bei der Reifenwahl warf die Fahrzeuge zurück. Während andere Teams früh auf Regenreifen setzten, wartete Ferrari zu lange - mit der Konsequenz, dass man im dichten Verkehr den Anschluss an die Spitze verlor.


WEC Full Access: Hintergründe zu Ferraris Strategie-Debakel in Imola 2024

"Absolut", bekräftigt Batti Pregliasco, Teammanager des Einsatzteams AF Corse, die Frage, ob Imola 2024 das schlechteste Rennen als Team seit dem Start des Hypercar-Programms im Jahr 2023 gewesen sei. "Aber wir stehen als Team zusammen - bei Erfolgen genauso wie bei Fehlern."

Ähnlich wie Cadillac bei der teaminternen Kollision in Katar 2025 suchte das Team den Schulterschluss, statt auf einzelne Verantwortliche zu zeigen. "Es ist einfach, im Nachhinein zu sagen: Das war ein Fehler", so Pregliasco. "Aber wenn du an der Boxenmauer stehst, Entscheidungen unter Druck treffen musst und nur begrenzte Informationen hast, kann so etwas passieren."

AF Corse beging einen doppelten Fehler: Erstens verließ man sich auf ein falsches Wettermodell, zweitens verzichtete man auf einen Split bei den Strategien. So kam es, dass alle drei Autos auf der falschen Strategie landeten.

Redundanz und strategische Flexibilität

Ferrari hat daraus Konsequenzen gezogen - nicht in Form eines radikalen Umbaus, sondern durch feinjustierte Abläufe und neue Denkansätze. "Vielleicht haben wir uns zu sehr auf einzelne, punktuelle Daten verlassen", meint Pregliasco rückblickend. "Vielleicht waren wir auch zu optimistisch, was unsere eigene Performance anging. Das war das, was ich am meisten bereut habe."

Seitdem fällt auf: Ferrari geht bei der Strategie deutlich variabler vor. In Katar starteten beide Fahrzeuge auf unterschiedlichen Reifenmischungen, und bei einsetzendem Regen in Le Mans 2024 streute AF Corse Risiken bewusst und verlässt sich nicht mehr nur auf eine einzige Strategie.

"Ja, wir gehen jetzt verschiedene Wege mit den Autos. Aber es geht nicht nur um die Reifen", erklärt Pregliasco. "Du musst auch analysieren, was die Gegner machen, was die Fahrer wollen - und welches Risiko du bereit bist einzugehen."

In der WEC, insbesondere bei den 6-Stunden-Rennen, sind die Rennen mittlerweile reine Sprints. "Du hast oft keine Zeit, während des Rennens noch viel zu ändern. Jeder Stint, jede Runde ist ein Kampf", sagt Pregliasco. Deshalb ist es umso wichtiger, schon vor dem Start ein flexibles und robustes Szenario in der Hinterhand zu haben.

Dennoch betont man in Maranello, dass sich die grundsätzliche Philosophie nicht verändert habe. "Wir haben keine Köpfe rollen lassen und auch nicht alles umgeworfen", stellt der Teammanager klar. "Was wir geändert haben, ist die Kommunikation. Und wir sind achtsamer geworden, was mögliche blinde Flecken in unseren Entscheidungsprozessen angeht."

Das Ziel bleibt unverändert: Siege für Ferrari, am besten vor heimischem Publikum. Doch der Weg dorthin soll künftig nicht mehr über selbstverschuldete Rückschläge führen. Mittlerweile hat der Ferrari 499P drei Siege aus den vergangenen sechs Rennen geholt und das springende Pferd ist für Imola wieder Topfavorit, erst recht nach den Trainings. Nach dem Vorjahr ist der Druck, den Tifosi den Heimsieg zu bescheren, doppelt groß.

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