Brände durch nachhaltige Kraftstoffe: Wie wirkt sich der neue DTM-Sprit aus?

In anderen Serien haben nachhaltige Kraftstoffe für Brände beim Ford Mustang GT3 und Filterdefekte gesorgt: Wie die Einführung des vollsynthetischen DTM-Sprits läuft

(Motorsport-Total.com) - Beim DTM-Auftakt in Oschersleben (alle Infos zu TV-Zeiten, Stream etc.) kommt dieses Wochenende erstmals der vollsynthetische Kraftstoff Pro Climate des britischen Herstellers Coryton zum Einsatz. Um einem potenziell höheren Verbrauch vorzubeugen, hat der ADAC die Renndistanz präventiv um fünf Minuten von 60 auf 55 Minuten plus eine Runde reduziert. Dazu können nach Safety-Car-Phasen maximal zwei Runden ergänzt werden.

Titel-Bild zur News: Ben Tuck

Nicht nur beim WEC-Prolog in Katar im Februar brannte der Ford Mustang GT3 ab Zoom

Aber ist der Verbrauch tatsächlich höher als beim bisher genutzten Shell-Sprit, der zu 50 Prozent aus erneuerbaren Komponenten besteht? Untersuchungen haben ergeben, dass der in Großbritannien hergestellte Kraftstoff je nach Fahrzeug zwischen ein und drei Prozent weniger Gesamtleistung bietet.

Das bedeutet, dass der Kraftstoff, der laut Hersteller den CO2-Ausstoß gegenüber einem herkömmlichen Sprit um mindestens 70 Prozent reduziert, weniger gut nutzbar ist als sein Vorgänger. Auf eine Renndauer von einer Stunde gerechnet würde das eine geringere Laufzeit von zwei Minuten bedeuten.

Schon bei Vorgänger-Sprit war Verbrauch ein Thema

Durch die etwas verkürzten Rennen sollte man also auf der sicheren Seite sein, zumal auch die minimale Spritmenge, die nach der Auslaufrunde für Untersuchungen im Tank sein muss, von 2,0 auf 0,7 Kilogramm gesenkt wurde. Abgesehen davon, dass Oschersleben kein Spritfresser ist.

Ganz im Gegensatz zu Vollgas-Strecken wie dem Red-Bull-Ring, wo im Vorjahr laut Informationen von Motorsport-Total.com selbst mit dem Shell-Sprit eine zweite Einführungsrunde in niedrigerem Tempo nötig war, damit der McLaren sicher über die Distanz kommt. Auch der Lamborghini war beim Verbrauch am Limit.

Und dann wäre da noch das Thema Zuverlässigkeit: Denn Erfahrungen aus der Langstrecken-WM WEC zeigen, dass der dort verwendete Total-Kraftstoff, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Komponenten besteht, nicht nur den Spritverbrauch ansteigen ließ, sondern auch für einen höheren Verschleiß bei Dichtungen, Leitungen, Schläuchen und anderen Kunststoffteilen sorgt.

Ford-Mustang-Brände durch nachhaltigen WEC-Sprit?

Besonders hart soll das - wie man hört - den Ford Mustang GT3 getroffen haben: Beim von Multimatic entwickelten Frontmotor-Fahrzeug kam es wiederholt zu mysteriösen Bränden, weshalb die Piloten die Boliden abstellen mussten. Die Ursache dürften Verunreinigungen gewesen sein, die durch das aggressive Benzin entstanden sind.

Offenbar haben Mikropartikel von Schläuchen oder der Tankblase den Einspritzventilen zu schaffen gemacht, was dazu führte, dass die Ventile nicht wie vorgesehen schließen. Dadurch dürfte Sprit ausgelaufen sein, der sich dann entzündete, was die Brände erklären würde.

Mercedes-AMG: Neue Benzinpumpe nach Filterschäden

Auch bei Mercedes-AMG kam es im vergangenen Jahr durch nachhaltige Spritprodukte immer wieder zu Schäden bei Filtern und sogar zu Ausfällen. Deswegen wurde Anfang April für den Mercedes-AMG GT3 eine neue Benzinpumpe homologiert, die nun bei allen weltweit eingesetzten Boliden eingebaut werden muss. Denn: Alle Fahrzeuge müssen der aktuellen Homologation entsprechen.

Dass es aber nun mit dem Coryton-Sprit in der DTM tatsächlich zu Ausfällen wie beim Ford Mustang GT3 in der WEC kommt, gilt als unwahrscheinlich, da die Sprintrennen in der DTM deutlich kürzer sind. Abgesehen davon ist keineswegs gesagt, dass der neue Kraftstoff überhaupt Schäden anrichtet.

"Wir hatten jetzt keine Schwierigkeiten", so Thomas Jäger, der bei Mercedes-AMG als sportlicher Leiter des DTM-Projekts agiert, beim offiziellen DTM-Test Anfang April. "Das Thema Spritverdünnung war in der Vergangenheit hier und da mal ein Problem. Aber das trifft nur die Langstrecken-Rennen und das ist für die DTM kein großes Thema."

"Was passiert mit Leitungen, wenn das Auto steht?"

Auch Teamchef Gottfried Grasser glaubt nicht an Ausfälle wegen des Sprits, sondern sieht eher eine Problematik, wenn der Sprit im System bleibt, während das Auto nicht in Bewegung ist. "Was passiert mit den Leitungen, wenn eine Komponente über längere Zeit mit dem Sprit in Berührung kommt, während das Auto zwei Wochen wo steht?", fragt er. Wie sich das beim Coryton-Sprit auswirkt, könne man "jetzt noch gar nicht sagen."

Und dann wäre da noch das Thema Performance: Denn während so mancher GT3-Motor durch die Serienbasis mit unterschiedlichen Kraftstoffen klarkommen muss, benötigen andere ein spezielles Mapping, also ein Motoren-Kennfeld, das die optimale Nutzung des gewährleisteten Kraftstoffs ermöglicht.

In der Vergangenheit gab es bereits Fälle, dass Hersteller mit einer kleinen GT3-Abteilung nicht in der Lage sind, ein Mapping für einen gewissen Sprit zu liefern. In so einem Fall müsste das Team auf Leistung verzichten, um potenzielle Schäden am Motor zu vermeiden, wodurch man in der DTM in einer Statistenrolle wäre.