"Blaue Flaggen komplett ignoriert": Auer kritisiert die Konkurrenz in Oschersleben

Lucas Auer (Mercedes) dominiert den DTM-Auftakt in der Anfangsphase, muss dann allerdings um die Führung zittern - Dafür macht er die Überrundeten verantwortlich

(Motorsport-Total.com) - Lucas Auer war beim DTM-Auftakt in Oschersleben der Mann der Stunde: Der Landgraf-Mercedes-Pilot startete von der Poleposition, ging direkt in Führung und baute seinen Vorsprung zeitweise auf knapp fünf Sekunden aus - und doch musste Auer in der zweiten Rennhälfte um seinen Sieg fürchten!

Titel-Bild zur News: Lucas Auer gewinnt vor Jordan Pepper und Maro Engel

Lucas Auer gewinnt vor Jordan Pepper und Maro Engel Zoom

Denn als der Österreicher etwa zur Halbzeit des Rennens zum Boxenstopp kam, hatte Verfolger Jordan Pepper (Grasser-Lamborghini) die Lücke komplett zugefahren und hing dem Landgraf-Mercedes direkt an der Stoßstange. Wie es dazu kam, blieb den TV-Zuschauern allerdings verborgen.

Erst in der Pressekonferenz nach dem Rennen sorgte Auer für Klarheit. "Mein erster Stint im Rennen war sehr gut", beschreibt der 30-Jährige seine dominante Anfangsphase. "Danach wurde es durch die Überrundeten wirklich schwierig. Teilweise habe ich härter mit ihnen gekämpft als mit meinen direkten Konkurrenten."

"Dadurch habe ich meinen gesamten Vorsprung bis zum Boxenstopp verloren", ärgert sich Auer. "Ich denke, alle haben die blauen Flaggen komplett ignoriert. Im Prinzip war mein gesamter Vorsprung weg, Jordan hing direkt an meinem Heck in der Boxengasse."

Rennleitung sieht keinen Grund für Strafe

Auch Thomas Preining (Manthey-Porsche) konnte als Drittplatzierter die Lücke schließen. "Es war also letztlich vergebens", meint der Landgraf-Pilot, dass sich das Herausfahren seines Vorsprungs nicht gelohnt habe. "Aber immerhin wissen wir jetzt, dass wir darauf in Zukunft achten müssen."

Der Mercedes-Pilot hing in der Runde vor seinem Boxenstopp unter anderem hinter Ricardo Feller (Land-Audi) und Maximilian Paul (Paul-Lamborghini) fest, die ihren Pflichtboxenstopp bereits absolviert hatten und sich noch mit kälteren Reifen um den Kurs schleppten.

Lucas Auer gewinnt den DTM-Auftakt in Oschersleben

Am Ende reichte es für Lucas Auer zum DTM-Sieg Zoom

"Wie das Thema blaue Flaggen künftig gehandhabt wird, wird interessant sein - vor allem an engen Kursen wie dem Norisring", erinnert Auer daran, dass in diesem Jahr noch deutlich kürzere Rennstrecken folgen. Zudem gibt es im zweiten Rennen am Sonntag künftig zwei Boxenstopps, was die Thematik verschärfen könnte.

Laut Informationen von Motorsport-Total.com hat Auer auch mit Renndirektor Sven Stoppe über den Zwischenfall gesprochen. Dem fiel während des Rennens nichts auf, was eine Strafe rechtfertigen würde, er wird das Videomaterial diesbezüglich aber noch analysieren, um eventuell für morgen Änderungen vorzunehmen.

Pepper: "Habe riesiges Geschenk bekommen"

Glück für Auer: Pepper konnte seinen Vorteil nicht nutzen und reihte sich auch nach dem Boxenstopp wieder hinter dem Mercedes-Piloten ein. "Ich habe ein riesiges Geschenk bekommen, wenn man so will", schmunzelt der Lamborghini-Fahrer, der seinem Kontrahenten zustimmt: "Die blauen Flaggen schienen keinerlei Bedeutung zu haben."

Jordan Pepper belegt beim DTM-Auftakt den zweiten Platz

Jordan Pepper musste seine Strategie wegen der Überrundungen anpassen Zoom

Deshalb entschied sich die Grasser-Mannschaft sogar dazu, Pepper an die Box zu holen. "Wir wollten ursprünglich nicht auf der gleichen Runde wie Lugi stoppen, um vielleicht einen kleinen Overcut oder Undercut zu erreichen und so besser kämpfen zu können", verrät der Südafrikaner im Gespräch mit Motorsport-Total.com.

"Es war wirklich frustrierend zu sehen, wie sich Überrundete trotz kalter Reifen verteidigten", kritisiert Pepper. "Das hat die Abstände drastisch verringert. Ich kam direkt an Lucas' Stoßstange zum Stopp. Manthey war direkt hinter mir, und wir wissen, wie stark sie bei Boxenstopps sind."

Weil sich aber keines der drei Teams einen größeren Fehler erlaubte, änderte sich an den Positionen nichts. "Nach dem Stopp klebte ich direkt an Lucas' Heck. Ich habe keine Zeit gewonnen, keine Zeit verloren. Aber überholen konnte ich ihn nicht. Auf der Outlap habe ich alles gegeben, aber der Mercedes schien seine Reifen recht gut in Gang zu bekommen."

Lucas Auer feiert beim DTM-Auftakt in Oschersleben einen dominanten Sieg

Lucas Auer dominierte zu Beginn, musste sich am Ende aber verteidigen Zoom

"Er hat keinerlei Fehler gemacht, und ohne großen Grip-Vorteil oder Fehler des Vordermanns ist ein Überholmanöver hier quasi unmöglich", ärgert sich der Grasser-Lamborghini-Pilot über die verpasste Siegchance. "Es gab eine kleine Berührung zwischen uns, aber alles war fair."

Engel fährt mit Strategie auf das Podium

"Letztlich konnte sich Lucas minimal vor mir halten. Natürlich wollen wir alle ganz oben stehen, aber heute war Lucas der bessere Mann", muss Pepper eingestehen. "Ohne ein erhöhtes Risiko wäre heute nicht mehr möglich gewesen. Platz zwei ist ein sehr gutes Ergebnis."

"Ja, auf dieser Strecke ist das Überholen wirklich extrem schwer", ergänzt Auer, der zugibt, dass er in der zweiten Rennhälfte nicht mehr an seine Dominanz vom Start anknüpfen konnte. "An manchen Stellen war Jordan schneller, ich musste einfach nur darauf achten, keinen Fehler zu machen."

Auch Maro Engel mischte sich nach den Boxenstopps noch einmal kurzzeitig in den Kampf um den Sieg mit ein. Weil der Winward-Mercedes-Pilot eine Runde länger draußen geblieben war und dadurch den Vorteil seiner warmen Reifen ausnutzen konnte, lag er nach dem Reifenwechsel sogar in Führung.


Highlights: DTM-Rennen 1 in Oschersleben

Auf kalten Reifen konnte Engel die Spitzenposition allerdings nicht verteidigen, sodass er zunächst von Auer, und wenig später auch von Pepper kassiert wurde. "Die Strategie entwickelt sich immer dynamisch. Man muss reagieren: auf das eigene Tempo, auf das Verhalten der anderen", so Engel.

Engel mit kleiner Chance auf den Sieg

"Ich hatte das Gefühl, dass ich bei freier Fahrt noch etwas Speed abrufen konnte", erklärt der AMG-Pilot. Warum Engel mit den Überrundungen kein Problem hatte? "Als Maro den Verkehr erreichte, hatten die Vorausfahrenden ihr Tempo bereits wieder gesteigert", erklärt Pepper.

"Er wurde also kaum beeinträchtigt, während Lugi und ich aufgehalten wurden", so Pepper. Und das machte sich bemerkbar: "Nach meinem Boxenstopp war ich überrascht, wie weit vorne ich plötzlich lag", verrät Engel. "Für einen kurzen Moment dachte ich: Wenn ich es bis nach Kurve 7 verteidigen kann, haben wir eine Chance."

Maro Engel blieb nicht im Verkehr stecken - und das zahlte sich aus

Maro Engel blieb nicht im Verkehr stecken - und das zahlte sich aus Zoom

Doch Engel hatte die Rechnung ohne Lucas Auer gemacht: Der Österreicher nutzte seine Chance entschlossen und setzte in der schnellen Dreifach-Linkskurve ein beeindruckendes Manöver. Mit viel Mut ging er außen an seinem Markenkollegen vorbei, der sich nach Kräften zu verteidigen versuchte, dem Angriff jedoch letztlich nichts entgegensetzen konnte.

"Ich hätte es ähnlich gemacht, aber es war schon am Limit", so Auer, der sogar von "mehreren Berührungen" mit Engel berichtet. "Ich habe es in der Situation ein bisschen anders gesehen, aber das ist die DTM, das schulden wir auch den Fans, dass wir genau so einen Sport machen. Das passt schon."

Am Ende hatte Auer ohnehin Grund zur Freude: Auf die Pole am Vormittag folgte im Rennen nicht nur der Sieg, sondern auch die schnellste Runde. Der Österreicher führt die Tabelle nach dem Auftakt in Oschersleben an, sodass auch der Frust über die blauen Flaggen schnell verflogen sein dürfte ...