"Wünscht man niemandem": So reagierte Mardenborough auf den Unfall 2015

Jann Mardenborough spricht nicht viel über den Unfall auf der Nürburgring-Nordschleife von 2015 - Zweimal vertraute er sich jedoch Medien an

(Motorsport-Total.com) - Das Leben mit der Schuld ist hart. Jann Mardenborough ging im Frühjahr 2015 durch die schwerste Zeit seines Lebens. Die Ermittlungen dauerten an, die Presse hatte ihn als einen der ersten Sim-Racer, die ein Cockpit im realen Rennsport ergattern konnten, bereits vorverurteilt.

Titel-Bild zur News: Jann Mardenborough spricht selten öffentlich über den schweren Unfall 2015

Jann Mardenborough spricht selten öffentlich über den schweren Unfall 2015 Zoom

Es zählte nicht mehr, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre in echten Rennwagen hinter sich hatte - und zwar in potenten Maschinen. In der GP3-Serie (heute Formel 3) hatte er bereits einen Rennsieg geholt, bei den 24 Stunden von Le Mans stand er 2013 auf dem LMP2-Podium. Er war bei weitem kein Neuling mehr in der Szene. Doch seine Vergangenheit an der Playstation war Grund genug, dass er von vielen Seiten vorverurteilt wurde.

Mardenborough gab im Juni 2015, fast drei Monate nach dem Unfall, im Rahmen der 24 Stunden von Le Mans ein Interview bei Telegraph Sport. "Es fällt schwer, darüber zu reden", sagte er damals. "Man muss weitermachen und seinen Job erledigen. Und um den Job zu machen, muss man die Dinge wegstecken."

"Man steigt nie in ein Auto ein und erwartet, dass solche Dinge passieren. Aber Überraschungen kann es immer geben. So etwas zu erleben, wünsche ich niemandem. Aber diese Risiken gibt es immer, sie sind im Motorsport real."

Gespräch mit Allan McNish und schnelle Rückkehr ans Steuer

Mardenborough ließ sich nach dem Unfall von Allan McNish beraten. Der heute dreimalige Le-Mans-Sieger hatte 1990 in der Formel 3000 in Donington Park einen Unfall nach einer Kollision mit dem späteren italienischen Tourenwagenmeister Emanuele Naspetti, bei dem ebenfalls ein Zuschauer ums Leben kam. Nur eine Woche später holte er Pole, Sieg und schnellste Runde in Silverstone.

Auch Nissan tat alles, um Mardenborough so schnell wie möglich wieder zur Normalität zurückzubringen. Schnell wurde eine Ausfahrt in einem Formel-Renault-Boliden auf der Rennstrecke in Pembrey organisiert.

Die Erleichterung war beim damals 23-Jährigen groß: "Ich habe erwartet, dass es sich normal anfühlt, und so war es auch. Ich fühlte mich beruhigt. Das Team um mich herum hat mich wahnsinnig unterstützt. Mit Fahrern zu sprechen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und darüber, wie sie es verarbeitet haben, hat sehr geholfen."


Der Unfall im Film "Gran Turismo"

"Schließlich half mir auch meine Persönlichkeit. Man muss im Motorsport mental sehr stark sein, um zu bestehen. Ich denke, das hat ebenfalls geholfen."

Warum er den Unfall im Film haben wollte

Mardenborough sprach auch danach nur selten über den Unfall von 2015. Erst als 2023 der Gran-Turismo-Film veröffentlicht wurde, stellte Driving ihm die Frage, ob es sinnvoll gewesen sei, seinen Unfall mit in den Film zu nehmen. Der Crash wurde im Film aus dramaturgischen Gründen an den Anfang seiner Karriere gesetzt.

"Er gehört zu meinem Leben und ist Teil meiner Story", erklärte Mardenborough 2023 vor der Filmpremiere. "Es wäre ein Bärendienst am Publikum gewesen, ihn nicht mit reinzunehmen."

"Ich habe sichergestellt, dass das gesamte Produktionsteam dabei anwesend war. Denn alles musste korrekt wiedergegeben werden. Jemand hat sein Leben dabei verloren. Der Film macht diesbezüglich einen hervorragenden Job."

"Er zeigt einen der wirklich schlimmsten Momente in meinem Leben, als ich allein im Krankenhaus war, und den mentalen Aspekt. Was alles passieren kann und wie man da wieder rauskommt - nicht nur bei einem solchen Event, sondern im Leben generell. Wie man sich wieder zurückkämpft und Großes erreicht. Deshalb musste der Unfall da rein."

Mardenborough blieb bis Ende 2020 Nissan-Werksfahrer und fuhr nach 2015 hauptsächlich in Japan. Er ist bis heute aktiv, startete zuletzt aber nur noch sporadisch bei Rennen in Japan und Großbritannien.

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