GTWC Dschidda 2024: Irres Ferrari-Comeback nach Katastrophen-Stopp

Irres Ferrari-Comeback nach Katastrophen-Stopp sichert Endurance-Titel für Pier Guidi/Rigon/Rovera - "Mamba" gewinnt Finale und GTWC-Gesamtwertung

(Motorsport-Total.com) - Beinahe hätte ein Boxendrama Ferrari in der GT-World-Challenge (GTWC) Europe 2024 den Titel gekostet, doch am Ende wurde alles gut: Alessandro Pier Guidi, Davide Rigon und Alessio Rovera krönten sich beim 6-Stunden-Rennen in Dschidda zum Meister des Endurance-Cups der GTWC Europe 2024. (Ergebnis)

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Beinahe hätte Ferrari den Titel aus der Hand gegeben, doch am Ende darf AF Corse feiern Zoom

Die Meister der GTWC-Gesamtwertung aus Sprint- und Endurance-Cup sind Maro Engel und Lucas Auer, die zusammen mit Daniel Morad auf dem Winward-Mercedes #48 im "Mamba"-Design das Rennen gewannen und damit noch Dries Vanthoor und Charles Weerts im WRT-BMW #32 (S. van der Linde/D. Vanthoor/Weerts; 4.) abfingen.

Die "Mamba" ging mit einem schnellen Boxenstopp nach etwas mehr als zwei Stunden in Führung und gab diese nicht mehr ab. Auch nicht, als es in der letzten Stunde zur finalen Safety-Car-Phase kam, die einen Sprint über 23 Minuten nach sich zog.

Die "Mamba" siegte vor dem Grasser-Lamborghini #163 (Pepper/Perera/Mapelli; 2.), der ebenfalls Teil des Titelkampfes war. Der zweite Platz reichte aber nicht aus, um dem italienischen Erzrivalen Ferrari die Endurance-Meisterschaft zu entreißen. Die neuen Endurance-Meister kämpften sich auf den dritten Platz zurück, nachdem alles schon verloren schien.

So ging der Ferrari-Titel beinahe verloren

Es war das zweite Boxendrama für den AF-Corse-Ferrari #51 nach den 24 Stunden von Spa. Damals fand Pier Guidi eine versperrte Boxeneinfahrt vor.

Diesmal hat es AF Corse selbst verbockt, wenn auch etwas anders als die Kollegen aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) bei den 6 Stunden von Imola, die bei Regen viel zu spät auf Regenreifen wechselten. Diesmal spielte sich das Drama an der Box selbst ab.

Die #51 startete von der Poleposition und übernahm die Führung, wurde aber kurz vor dem ersten Boxenstopp von Mapelli überholt. Beim Stopp kam es dann zum Drama.

Zeitgleich mit Rovera stoppte auch ein Schwesterauto von AF Corse aus dem Silver-Cup, der Ferrari #52 (L. Machiels/J. Machiels/Bertolini). Unglücklicherweise stoppte gleichzeitig auch der Sky-Tempesta-Ferrari #93 (Froggatt/Hui/Cheever), der ebenfalls von AF Corse betreut wird. Die Boxenplätze aller drei Fahrzeuge lagen auf dem Jeddah Corniche Circuit direkt hintereinander.

Drei Fahrzeuge gleichzeitig hereinzuholen, erweist sich als großer Fehler: Die #52 kann wegen der direkt vor ihr stehenden #93 ihren Boxenplatz nicht ansteuern und fährt über ihren Platz hinaus. Genau davor befindet sich aber der Boxenplatz der dahinter anrollenden #51, für die es bereits die nächste Runde ist.

Rovera findet nun einen blockierten Boxenplatz vor, während die #52 zurückgeschoben wird. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als noch weiter vorne zu parken und ebenfalls zurückgeschoben zu werden. Zu allem Überfluss rollt das Auto auch noch zu weit nach rechts und muss auf Rollbrettern Richtung Garage geschoben werden.

Um das Desaster perfekt zu machen, muss die #93 auch noch zurückgeschoben werden, um wieder starten zu können. Alle drei Ferraris verlieren Zeit, am meisten jedoch die #51. 30 Sekunden Zeitverlust warfen die #51 aus den Top 20.

Safety-Car-Phase kurz vor Schluss bringt die Wende

Die nächsten Stunden verbrachte der rote Renner mit der Aufholjagd. Die erwarteten Neutralisationen hätten helfen können, doch das Rennen verlief über weite Strecken überraschend reibungslos.

Erst die zweite Full-Course-Yellow mit anschließender Safety-Car-Phase 40 Minuten vor Schluss brachte die Wende. Die #51 konnte unter FCY stoppen, konnte dabei noch eine 30-Sekunden-Strafe für Tracklimits absolvieren, und nahm den letzten Stint von Platz sechs aus in Angriff.

Nun zeigte Alessandro Pier Guidi seine Klasse: Innerhalb weniger Minuten nach dem Restart 23 Minuten vor Schluss schob er sich unter Ausnutzung der Rangeleien vor ihm bis auf den dritten Platz nach vorne. Das reichte, um den Titel doch noch zu retten.

Verantwortlich für die finale Safety-Car-Phase war ausgerechnet ein Teamkollege eines weiteren Titelkandidaten, der Comtoyou-Aston-Martin #21 (Koolen/Jakes/van Uitert). Deren Teamkollegen Mattia Drudi, Nicki Thiim und Marco Sörensen waren in der #7 als Tabellenführer angereist. Doch der Aston Martin Vantage GT3 erwies sich in Dschidda als wenig konkurrenzfähig.

Dennoch kämpfte sich das Trio mühsam nach vorne. Zum Zeitpunkt der FCY-to-SC-Phase lag die #7 auf Rang drei, beim Restart immerhin auf P4. Doch das Problem bei den Teamkollegen kostete Comtoyou alles. Nach dem Restart fiel der Aston Martin wie ein Stein bis auf den zehnten Platz zurück, dazu kam noch eine Zeitstrafe wegen Tracklimits.

Der letzte Titelanwärter, der noch realistische Chancen auf den Endurance-Titel hatte, war der Attempto-Audi #99 (Feller/Haase/Aka; 6.) beim letzten Auftritt eines Audi R8 LMS GT3 Evo II mit Audi-Werksfahrern. Die #99 lag zwischenzeitlich auf Titelkurs, doch gegen Ende schwanden die Chancen.

Zunächst fiel der Audi im Klassement immer weiter zurück, dann hatte er vor der letzten FCY-to-SC. Die Konkurrenz, die unter FCY stoppte, verlor weniger Zeit und so lag der Audi beim Restart nur noch auf Platz sieben. Christopher Haase schnappte sich zwar noch den Aston Martin, doch zum Titel reichte es nicht mehr.

WRT verpasst GTWC-Gesamttitel

Die Plätze vier und fünf gingen an die beiden WRT-BMW. Der WRT-BMW #32 (S. van der Linde/D. Vanthoor/Weerts; 4.) kämpfte gegen die siegreiche "Mamba" um den Titel in der kombinierten GTWC-Gesamtwertung.

Eigentlich schien die Sache schon gelaufen, denn bei Tageslicht waren alle Fahrzeuge mit Frontmotor gegen die Mittelmotor-Konkurrenz chancenlos. Doch mit Einbruch der Dunkelheit änderte sich das Bild und sowohl der Mercedes-AMG GT3 als auch der BMW M4 GT3 in seinem letzten Rennen vor dem Evo-Update wurden immer stärker.

Als der Sieg der "Mamba" immer wahrscheinlicher wurde, brauchte die #32 einen dritten Platz. Aufgrund der zusätzlichen Renndistanz gegenüber den 3-Stunden-Rennen gab es für den Sieg 33 Punkte. Vanthoor stellte sich beim Restart selbst ein Bein: Er fuhr Franck Perera im Kampf um Platz zwei ins Auto und überholte ihn mit dem Rammstoß.

Der Lamborghini-Werksfahrer ließ sich das nicht gefallen und konterte noch in derselben Runde. Das wiederum warf Vanthoor in weitere Kämpfe zurück, in deren Verlauf er den dritten Platz an Pier Guidi verlor. Die Gesamtwertung war damit verloren. Da half es auch nichts, dass Raffaele Marciello im WRT-BMW #46 (Marciello/Martin/Rossi; 5.), der ebenfalls durchgeschlüpft war, seinen Teamkollegen wieder passieren ließ.

Hinter dem Attempto-Audi #99 komplettierten der Iron-Lynx-Lamborghini #63 (Spinelli/Cairoli/Caldarelli; 7.), der GetSpeed-Mercedes #2 (Gounon/Schiller/Stolz; 8.), der Garage59-McLaren #159 (Goethe/Gamble/Macdonald; 9.) und der Comtoyou-Aston-Martin #7 die Top 10.

Das 6-Stunden-Rennen auf dem Jeddah Corniche Circuit sollte der Auftakt einer langen Beziehung zwischen der SRO und Saudi-Arabien werden. Das Rennen zeigte, dass es durchaus das Potential hätte, als Finale ein Klassiker im Rennkalender zu werden.

Nach viel Hin und Her und langer Ungewissheit, ob das Rennen überhaupt stattfinden kann, ist Dschidda nun wieder aus dem GTWC-Kalender 2025 verschwunden. Stephane Ratel will versuchen, die Strecke im Rahmen der Intercontinental GT Challenge (IGTC) wieder in den GT-Kalender zu bringen.

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