"Dann gibt's eine aufs Maul": Sperre auf Bewährung für Prosport-Teamchef

Wirbel um Prosport-Teamchef Christoph Esser: Wie es zum Vorfall kam, warum er nicht komplett für die GT4 Germany gesperrt wurde und welche Kritik er äußert

(Motorsport-Total.com) - Wirbel im DTM-Fahrerlager am Lausitzring-Wochenende: Prosport-Teamboss Christoph Esser wurde am Samstagabend bestraft, weil er einem technischen Kommissar Prügel androhte. Esser, der mit seinem Team in der GT4 Germany im Rahmenprogramm der DTM vier Aston-Martin-Boliden einsetzt, darf das Fahrerlager 2023 nicht mehr betreten, sollte es noch einmal zu einem ähnlichen Vorfall kommen.

Titel-Bild zur News: Christoph Esser

Prosport-Teamchef Christoph Esser platzte am Lausitzring der Kragen Zoom

Aber was ist eigentlich passiert? Die Entgleisung ereignete sich am Samstag bei der technischen Abnahme nach dem ersten Lauf, die länger dauerte als es Esser lieb war. "Das eine Wort ergab das andere - und dann hat einer von den Jungs immer so blöd gegrinst. Und jedes Mal, wenn ich gesagt habe, was grinst du so blöd, hat er noch mehr gegrinst", schildert der Teamchef bei 'Motorsport-Total.com' die Situation.

Daraufhin sei ihm "der Draht aus der Mütze geflogen" und er habe gesagt: "Wenn du mich jetzt nochmal blöd anschaust, dann gibt's eine aufs Maul!", gibt Esser zu.

Esser: "Habe einfach die Contenance verloren"

Der Vorfall landete bei den Sportkommissaren - und es kam zur Anhörung, weil ein derartiger Umgangston im Fahrerlager unerwünscht ist. Dass Esser nur auf Bewährung gesperrt wird, hat damit zu tun, dass er sich einsichtig zeigte. Das Team selbst ist von der Strafe nicht betroffen.

"Ich wollte nie einen schlagen, das habe ich noch nie in meinem Leben gemacht", stellt Esser klar. "Ich habe in diesem Moment einfach die Contenance verloren. Das tat mir dann tierisch leid, weil ich mir dachte: Warum lässt du dich überhaupt provozieren?"

Die Entschuldigung, die von ihm selbst ausging, habe er ernst gemeint, beteuert Esser. "Ich habe bei der Anhörung gesagt, dass es mir Leid tut und mich auch bei dem Jungen entschuldigt. Der ist dann noch gekommen und hat die Entschuldigung angenommen."

"Dann haben die Leute irgendwann mal die Schnauze voll"

Was ihn aber stört: Der Zwischenfall sei nun im Fahrerlager ein großes Thema, aber niemanden interessiere, was überhaupt zu seinem Unmut geführt habe. "Wenn du jeden Tag von morgens um sieben bis abends um elf an der Rennstrecke bist - vier Tage hintereinander bei 30 Grad -, dann haben die Leute irgendwann mal die Schnauze voll", verweist er auf seine Truppe.

"Wieso muss man dann ein Scrutineering machen, das bei vier Autos über zweieinhalb Stunden dauert? Und dann wollen sie noch die Kühler vermessen. Da habe ich gesagt: Ist das jetzt euer Ernst? Ich habe zuerst versucht, vernünftig mit ihnen zu reden. Die können ja auch nichts dafür, sie werden angewiesen, das zu machen."

Er habe sich daher schützend vor seine Mechaniker gestellt: "Sie müssen abends um sieben Uhr, nachdem das Rennen 16:05 zu Ende war, noch das Auto zerlegen." Dazu kommt, dass die Hotelinfrastruktur in der Lausitz nicht optimal sei. "Und als kleines GT4-Team bist du dann halt 57 Kilometer weg und musst am nächsten Morgen um sieben Uhr wieder los, damit du pünktlich hier bist."

Warum die technische Abnahme länger dauerte

Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' habe die Untersuchung des Fahrzeugs aber auch deshalb so lange gedauert, weil es im Vorfeld Diskussionen um die Balance of Performance (BoP) gab: Das Prosport-Team, das mit Hugo Sasse und Mike David Ortmann die Meisterschaft anführt, habe bewusst beim Donnerstag-Test nur gebrauchte Reifen eingesetzt und war um über eine Sekunde langsamer, um eine bessere Einstufung zu erwirken, hört man im Fahrerlager.

Hugo Sasse

Das Prosport-Duo Hugo Sasse und Mike David Ortmann führt in der GT4 Germany Zoom

Dem kam die SRO Motorsports Group, die für auch in der GT4 Germany die BoP zuständig ist, aber nicht nach. Nachdem das Team auch in den Freien Trainings etwas Rückstand hatte, war Sasse aber im ersten Qualifying als Dritter mit nur 0,042 Sekunden Rückstand auf die Pole absolut konkurrenzfähig. Das soll auch ein Grund für die längere Überprüfung des Fahrzeugs nach dem Rennen gewesen sein.

Dass Prosport beim Test bewusst auf alte Reifen setzte, um die BoP zu beeinflussen, will Esser so nicht stehen lassen. "Von meinen acht Fahrern waren sechs noch nie hier", erklärt er. "Wir haben dann entschieden, wir fangen mit gebrauchten Reifen an. Und dann haben wir am Freitag wie alle anderen auch neue gefahren. Das ist totaler Unsinn. Was soll das bringen?"

Esser fordert Wertschätzung, "nachdem Startgeld bezahlt wurde"

Wie Esser, der sich vergeblich dafür einsetzte, dass die BoP wie in der DTM auch während der Rennwochenenden geändert werden kann, die Causa um die Einstufung sieht? "Sie greifen einfach aktiv in eine Meisterschaft ein, auch wenn das nie einer zugeben wird", erhebt er Vorwürfe.

"Es gibt die Aussage von einem Verantwortlichen: 'Wir orientieren uns immer am schnellsten Auto.' Das ist ein Beweis, dass wir eine Fahrer-BoP haben. Dafür ist eine BoP nicht gedacht, sondern dafür, alle so zu nivellieren, dass jedes Auto gewinnen kann. Nicht das schnellste Auto ist die Benchmark."

Allgemein gehe es ihm darum, dass den Teams "eine gewisse Wertschätzung" entgegengebracht wird, sagt er. Und zwar "auch, nachdem wir das Startgeld bezahlt haben - und nicht nur davor. Danach ist die immer weg."

All das soll "keine Ausrede oder Entschuldigung für meine Entgleisung sein. Das ist aus diesem ganzen Zusammenhang leider entstanden. Mir ist das sehr unangenehm, aber das ist leider nicht mehr rückgängig zu machen. Aber ich habe ihn ja nicht geschlagen", sagt Esser abschließend.