DTM-Training Monza: Clevere AMG-Bestzeit für Ellis, BoP-Poker geht weiter
DTM-Trainingsauftakt in Monza: Warum das Mercedes-Team Winward besonders clever war und die engen Zeitabstände in Sachen BoP keine Erleichterung bringen
(Motorsport-Total.com) - Heißer Auftakt in die neue GT3-Ära der DTM: Bei deutlich über 30 Grad Lufttemperatur absolvierte die Traditionsserie im königlichen Park von Monza ihre ersten zwei Freitag-Trainings, ehe es am Samstag so richtig ernst wird (hier geht's zum TV- und Stream-Zeitplan). Die Bestzeit sicherte sich in 1:47.617 der Schweizer Winward-Mercedes-Pilot Philip Ellis, der am Freitag nur sechs Runden fuhr und die erste Session wie sein Teamkollege Lucas Auer ausließ.
© Alexander Trienitz
Philip Ellis sorgt für die erste Tages-Bestzeit der neuen DTM-Ära in Monza Zoom
Die zweitschnellste Zeit des Tages fuhr HRT-Mercedes-Pilot Maximilian Götz, der mit seiner Bestzeit in den ersten 45 Trainingsminuten um sieben Tausendstelsekunden langsamer war als Ellis. Hinter dem Mercedes-Duo reihten sich die AF-Corse-Piloten Alex Albon (+0,029) und Liam Lawson (+0,053) in ihren Ferrari 488 GT3 Evo ein.
Bester Audi-Pilot im Tagesklassement war Rosbergs Vizemeister Nico Müller mit 0,071 Sekunden Rückstand auf Platz fünf, bester BMW-Pilot war Rowe-Youngster Sheldon van der Linde mit 0,420 Sekunden Rückstand als Zehnter. Und auch Rookie Esteban Muth fehlten im besten T3-Lamborghini nur 0,603 Sekunden.
Herumfliegendes Rad in der Boxengasse
Für Zwischenfälle sorgte Walkenhorst-BMW-Pilot Marco Wittmann, der im ersten Training ins Kiesbett rutschte, und der indische GetSpeed-Mercedes-Rookie Arjun Maini, der kurz vor Ende des zweiten Trainings in der Boxengasse nach einer Stoppübung ein Rad verlor, das wild durch die Gegend flog, aber zum Glück niemanden traf.
Die knappen Zeitabstände sorgten schon nach dem ersten Training bei Gerhard Berger für Erleichterung, denn der DTM-Boss war nicht ganz sicher, ob man bei der ersten Balance-of-Performance-Einstufung (BoP) ins Schwarze getroffen hatte.
Balance of Performance: Freut sich Berger zu früh?
"Das war eine kleine Unsicherheit, aber ich muss sage: top!", lobt der Österreicher bei 'ran.de' BoP-Partner AVL. "Ich glaube, wir haben die ersten fünf, sechs Autos innerhalb von einem Zehntel und vor allem unterschiedlichen Marken innerhalb von einem Zehntel. Das schaut alles ganz gut aus."
Und auch bei den Topspeeds sind die unterschiedlichen Marken viel enger beisammen als bei den Tests: HRT-Pilot Götz sorgte im zweiten Training mit 277,63 km/h überraschenderweise dafür, dass ein Mercedes das schnellste Auto war, dahinter landeten Müller und Lawson, die im Audi und im Ferrari auf 276,21 km/h kamen. Marco Wittmann wurde im schnellsten BMW mit 274,8 km/h gemessen - und Esteban Muth erreichte im Lamborghini 272,72 km/h.
BoP-Spielchen gehen auch am ersten Trainingstag weiter
Aber sind die Trainingszeiten wirklich repräsentativ? Schon bei den Monza-Testfahrten vor zwei Wochen fuhr das Winward-Mercedes-Team bei ähnlichen Temperaturen Zeiten knapp über der 1:46er-Marke. Die zehn Kilogramm Zusatzgewicht durch die angepasste BoP kosten normalerweise nicht eine Sekunde, sondern eher eine Zehntelsekunde.
Auch die Piloten glauben auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com' nicht, dass die Zeiten der Weisheit letzter Schluss sind. "BoP ist das ganz große Thema", sagt Ferrari-Pilot Alex Albon. "Selbst was wir im ersten Training gesehen haben, ist nicht wirklich repräsentativ. Einige Jungs könnten viel schneller sein."
Erst im Qualifying werden die Karten aufgedeckt, glaubt der Thailänder. "Ich mache mir ein paar Sorgen, aber ich bin gespannt, was passieren wird", traut er dem Braten noch nicht. Abt-Audi-Pilotin Sophia Flörsch, die am Ende mit 1,510 Sekunden Rückstand am langsamsten war, führt die knappen Abstände auf die Streckencharakteristik zurück.
"In Monza ist es üblich, dass die Abstände sehr gering sind, da die Strecke nicht so schwierig zu fahren ist und es nicht so viele Kurven gibt", sagt sie. "Wenn man da einen guten Windschatten hat, dann liegt das Feld immer eng beisammen. Das ist typisch für Monza."
Nur 14 Runden gefahren: Winward-Team besonders clever
Besonders clever agierte die Winward-Mercedes-Truppe von Bestzeit-Halter Ellis und Auer. Die beiden waren im ersten Training als einzige an der Box geblieben, um so Reifen zu sparen. Das könnte sich schon beim kommenden Wochenende auf dem Lausitzring als nützlich erweisen, denn während die Teams beim Monza-Auftakt für jedes Fahrzeug fünf frische Reifensätze erhalten, erhalten sie ab dem zweiten Wochenende für die Renntage Samstag und Sonntag nur noch drei frische Sätze.
Am Freitag in der Lausitz hat man daher nur die drei sogenannten Carryover-Reifen vom Auftakt zur Verfügung - oder eben einen frischen Satz, den man sich aufgespart hat. "Wir waren erst vor eineinhalb Wochen hier und haben getestet", verweist Auer auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com' auf den privaten Test.
"Daher sind wir uns ziemlich sicher, was unser Set-up und all die anderen Dinge angeht und haben uns entschieden, zu warten, bis die Strecke im zweiten Training Grip aufbaut." Und selbst am späten Nachmittag fuhren Ellis und Auer, der 0,929 Sekunden langsamer war, nur sechs beziehungsweise acht Runden. Ob sich der Coup auszahlen wird? "Morgen im Qualifying werden wir wahrscheinlich die Antwort erhalten", schmunzelt der Österreicher.
Abt-Pilot van der Linde fährt 24-Runden-Longrun
Nicht nur das Winward-Team, sondern auch die Abt-Audi-Truppe und das neue T3-Lamborghini-Team hatten übrigens die Testgelegenheit am 3. und 4. Juni in Monza genutzt, doch die DTM-Routiniers aus Kempten setzten auf eine gegensätzliche Strategie: GT3-Spezialist Kelvin van der Linde war im gesamten ersten Training auf der Strecke und fuhr mit einem Reifensatz einen 24-Runden-Longrun.
Das ist insofern beeindruckend, dass die Reifen beim Monza-Test gerade mal 14 Runden hielten, während im Rennen eine Distanz von 29 Runden zu erwarten ist. Zudem waren die Zeiten in van der Lindes Longrun unglaublich konstant: In den ersten zehn Runden fuhr er Zeiten zwischen 1:48 und 1:49, danach blieb er bis zum Ende im niedrigen 1:49er-Bereich.
Erstmals so richtig spannend wird es am Samstag im Qualifying, das um 10:30 Uhr gestartet wird. Die Startposition könnte sich als besonders wichtig herausstellen, da das Überholen mit den GT3-Autos schwierig ist. Am Nachmittag wird man dann im Rennen mit Start um 13:30 Uhr sehen, welche Rolle die Reifen spielen.
Neueste Kommentare
Erstellen Sie jetzt den ersten Kommentar