• 20.01.2009 13:57

White: "Wir lieben die Herausforderung"

Renault-Motorenchef Rob White über die Entwicklungen am RS27-Motor und den eingeschlagenen Weg beim KERS

(Motorsport-Total.com) - Nachdem man in der Vorsaison offenbar den Schwarzen Peter bei der Motorenentwicklung gezogen hatte, durfte Renault im Winter einen großen Joker ausspielen. Den Franzosen war es als einzigem Team erlaubt, am RS27-Triebwerk Modifikationen vorzunehmen, um ein geschätztes Leistungsdefizit von 30 PS auszugleichen. Doch die reduzierte Drehzahl sorgte für weitere Veränderungen, erklärte Renault-Motorenchef Rob White im Teaminterview.

Titel-Bild zur News: Rob White

Rob White durfte zur neuen Saison Veränderungen am Triebwerk vornehmen

Frage: "Rob, zur neuen Saison tritt eine ganze Reihe neuer technischer Vorschriften in Kraft. Wo spielen sich im Motorenbereich die wesentlichsten Änderungen ab?"
Rob White: "Wegen des von der FIA vor zwei Jahren verordneten Entwicklungsstopps setzen wir auch in dieser Saison weiter den RS27-Motor von 2007 ein. Allerdings fordern die 2009er-Regeln einige Modifikationen, die sich auf unsere Arbeit mit den Triebwerken auswirken. Zum Beispiel wurde der geforderte Lebenszyklus eines Motors auf drei Grand Prix-Wochenenden verlängert und die Anzahl der pro Saison insgesamt erlaubten Achtzylinder reduziert."#w1#

"Gegenüber der bisherigen Regelung verdoppelt sich damit die notwendige Laufleistung eines Triebwerks fast. Um das zu ermöglichen, senkte die FIA das Drehzahllimit von 19.000 auf 18.000 U/min. Diese Thematik mag im Vergleich zu anderen Regeländerungen unwichtig erscheinen, doch sie erfordert beträchtliche Entwicklungsarbeit von unseren Triebwerks-Ingenieuren."

Die Düsen machen den Antrieb

Frage: "Um welche Modifikation handelt es sich dabei genau?"
White: "Angesichts der 'eingefrorenen' Entwicklung sind unsere Möglichkeiten begrenzt. Es ging darum, den Motor im neuen Kontext zu optimieren und gleichzeitig den Übergang auf die längere Lebensdauer zu schaffen. Wir haben deshalb nur kleinere Modifikationen vorgenommen - etwa die Position der Einspritzdüsen verändert."

"Wir haben uns dafür entschieden, KERS an der Front des Antriebsstrangs zu integrieren." Rob White

Frage: "Obwohl die Integration des KERS zu den Aufgaben der Chassis-Abteilung zählt, sind die Auswirkungen auf den Motor natürlich immens..."
White: "Völlig richtig. Die Einführung von KERS steht erst seit Ende 2007 überhaupt auf dem Plan. Wir mussten uns also sehr schnell mit dieser neuen Technologie vertraut machen, um alle Auswirkungen des Systems so vollständig wie möglich zu verstehen."

Frage: "Das Reglement stellt frei, auf welche Weise die Energierückgewinnung KERS umgesetzt wird. Für welche Lösung hat sich Renault entschieden?"
White: "Die Regeln besagen, dass Änderungen an Vorder- oder Hinterseite des Motors erlaubt sind, um KERS einzubauen. Wir haben uns dafür entschieden, KERS an der Front des Antriebsstrangs zu integrieren. Es handelt sich bei uns um einen klassischen, vor dem V8 angebrachten Elektroantrieb, der mit einem Batteriesystem im Chassis verbunden ist. Diese Lösung haben auch einige andere Teams gewählt."

Details zu Regeln erst spät festgezurrt

Frage: "Wie ging das Renault-Team die Vielzahl an Regeländerungen an?"
White: "Wie üblich lagen die verbindlichen Formulierungen des Technischen Reglements für 2009 erst sehr spät vor. Wir mussten daher schon handeln, als die Diskussionen noch in vollem Gange waren. Die Detailarbeit folgte dann nach Verabschiedung der finalen Regeltexte. Es liegt auf der Hand, dass ein perfekter Projektablauf anders aussieht, doch alle Teams standen vor derselben Ausgangslage. Im Zeitalter der Kostensenkung mussten wir außerdem einige Entwicklungs-Phasen beschleunigen. Damit war es umso wichtiger, schnell - und vor allem besser als unsere Konkurrenten - reagieren zu können."


Fotos: Präsentation des Renault R29


Frage: "Wie schätzen Sie die Kräfteverhältnisse zu Beginn der Saison 2009 ein?"
White: "Wie in jedem Jahr, in dem so viele Regeländerungen zum Tragen kommen, dürften die Zeitabstände zwischen den Teams größer ausfallen als in den vergangenen Jahren. Wir hatten im Vorjahr eine Art Reife erreicht: Nach einigen Jahren ohne gravierende Änderungen setzte jedes Team die Regeln optimal um. Die Saison 2009 wird es einigen Teams ermöglichen, irgendwo einen Vorteil aufzuspüren. Aber ich bin genauso sicher, dass wir alle Stück für Stück bei denselben technischen Lösungen ankommen werden und dass sich die Performance schnell wieder angleichen wird."

Frage: "Was erwarten Sie 2009 von Renault?"
White: "Ich glaube, wir alle wünschen uns, dass Renault bei jedem Rennen um die Podestplätze mitkämpfen kann. Das wird ganz bestimmt nicht einfach, aber deswegen lieben wir ja auch die Herausforderung, die der Motorsport immer wieder bietet. Wir gehen in die Saison mit dem festen Ziel zu gewinnen und werden alles in unserer Macht stehende unternehmen, damit das gelingt. Ich spüre, wie erfolgshungrig das Team ist. Wir haben mit unseren zwei Siegen in Singapur und Fuji 2008 bewiesen, dass wir wieder ganz nach oben kommen können - das war ein großer Motivationsschub für das ganze Team, den wir auch 2009 nutzen möchten."