Villeneuve über F1-Debüt: Wem anderen als Hill hätte ich den Sieg nicht gegeben
Jacques Villeneuve gelang 1996 das beste Formel-1-Debüt der Neuzeit: Wie er damals brillieren konnte und warum der verschenkte Sieg für ihn doch verschmerzbar war
(Motorsport-Total.com) - Kimi Antonelli brachte seine fast vergessene Glanztat mal wieder in aller Munde - denn rund um den Saisonstart 2025 tauchte in vielen Statistiken, die den starken Einstand des Mercedes-Rookies belegten, vor allem der Name eines Mannes ganz oben in den verschiedensten Bestenlisten auf: Jacques Villeneuve.

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Gut zu sehen: Hills schmutziger Heckflügel durch den Ölverlust von Villeneuve Zoom
Pole, schnellste Runde und um ein Haar sogar der Sieg: Mit seinem sensationellen Formel-1-Debüt 1996 beim Großen Preis von Australien, thront Villeneuve bis heute immer noch weit über allen anderen Rookies der Neuzeit.
Doch wie lief das damals wirklich ab im Albert Park - und warum konnte der Kanadier, der am Ende seiner Premierensaison auch gleich Vizeweltmeister wurde, auf Anhieb so brutal performen? Darüber gibt Villeneuve nun im Gespräch mit Canal+ Aufschluss:
Villeneuve über Melbourne '96: "Das war mein Vorteil"
"Das Auto war konkurrenzfähig, ganz klar. Neben mir fuhr Damon Hill, der extrem schnell war und das Auto bestens kannte", verrät der heute 54-Jährige, dass aber auch er selbst schon mit reichlich Kilometern in die Königsklasse kam: "Was mir im Vergleich zu heutigen Rookies half, war das intensive Testprogramm. Ab Januar waren wir in Estoril in Portugal, fünf Tage die Woche. Da habe ich schon ordentlich Fahrpraxis gesammelt."

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Villeneuve hätte fast sein Debüt gewonnen, doch Hill erhielt von Williams den Vorzug Zoom
Beim Auftakt spielte Villeneuve dann zusätzlich in die Karten, dass das Rennen innerhalb Australiens von Adelaide nach Melbourne umgezogen war, es sich also für ausnahmslos alle Piloten um eine neue Strecke handelte: "Damon hatte dort keine Erfahrungswerte - und das war mein Vorteil", sagt Villeneuve, der als amtierender Meister der IndyCar-Serie zudem über mehr Expertise auf Stadtkursen verfügte.
Im Qualifying nahm der Rookie seinem Teamkollegen so gleich mal 0,138 Sekunden ab - und stellte den Williams sensationell auf Pole: Ab da war allen im Fahrerlager klar, dass Villeneuve nicht nur den großen Namen seines legendären Vaters Gilles mit in die Formel 1 gebracht hatte, sondern auch einen enormen Grundspeed.
Geduldiger Rookie: "Wusste, dass 1997 mein Jahr wird"
Im Rennen bestätigte der Kanadier den starken Eindruck, führte 53 der 58 Runden an - dann musste er die Führung jedoch an seinen Teamkollegen abgeben, weil Villeneuves FW18 Öl verlor und das Team einen sich anbahnenden Motorschaden befürchtete. "Natürlich hat Melbourne mich ein bisschen geärgert, denn ich hatte das Rennen in der Tasche", ist sich Villeneuve auch heute noch sicher, dass er den Sieg ins Ziel gebracht hätte.

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Schon bei Villeneuves vierten F1-Start am Nürburgring klappte es dann mit dem Sieg Zoom
"In den Kurven hatte ich ein Ölleck, die rote Warnlampe für den Öldruck ging an, deshalb sagte mir das Team, ich solle langsam machen und Damon vorbeilassen, weil sonst mein Motor hochgehen würde", erklärt Villeneuve: "Mir haben erst kürzlich einige Ingenieure verraten, dass der Motor wohl auch gehalten hätte, wenn ich nicht vom Gas gegangen wäre - dass es aber vielleicht besser für das Teamklima war, dieses Risiko nicht einzugehen."
Was es dem Kanadier jedoch schon damals leichter machte, mit dem verlorenen Sieg umzugehen: "Ich wusste, dass 1997 mein Jahr wird. 1996 war Damons - und ich hatte auch noch viel von ihm zu lernen", sagt Villeneuve, wenngleich er zu bedenken gibt: "Wäre es 1997 passiert, oder auch gegen einen anderen Teamkollegen, hätte es mir vielleicht was ausgemacht - aber nicht gegen Damon. Er war schon dort, hatte extrem viel Erfahrung - und ich noch viel zu lernen."


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