Norris kritisiert sein "unnötiges" Risiko: "Habe das Ding in die Wand gesetzt"

Lando Norris' Dschidda-Qualifying endet in Kurve fünf in der Wand: Danach schimpft der Brite über seinen "unnötigen" Fehler und geht gewohnt hart mit sich ins Gericht

(Motorsport-Total.com) - Extrem bitteres Qualifying für Lando Norris in Saudi-Arabien: Eigentlich wollte der Brite nach seinem verpatzten Wochenende in Bahrain am Samstag zurückschlagen, stattdessen landet Norris zu Beginn von Q3 unsanft in der Mauer!

Titel-Bild zur News: Bedient: Lando Norris nach seinem folgenschweren Abflug im Qualifying

Bedient: Lando Norris nach seinem folgenschweren Abflug im Qualifying Zoom

Am Funk schimpft der McLaren-Pilot direkt nach dem Abflug in Kurve fünf über sich selbst: "Ich bin ein verfickter Idiot", erreicht Norris' in den letzten Tagen viel diskutierte Selbstkritik am Samstag ein ganz neues Level.

Auf die Frage, ob er an dieser harten Einschätzung auch in der Nachbetrachtung noch festhält, erklärt Norris, als er - nach dem obligatorischen Check im Medical-Center - rund eine Stunde später im Interview-Pen erscheint: "Ich weiß nicht, was habe ich gesagt?" An seine Worte erinnert, entgegnet er unverblümt: "Klingt plausibel. Also ja, ich stimme dem zu."

Norris: "Habe mich enttäuscht und das Team ebenso"

Für Norris gibt es keine Entschuldigung: "Ich sollte um die Pole kämpfen - und gerade auf der ersten schnellen Runde darf man keine unnötigen Risiken eingehen, so wie ich es offenbar getan habe", nimmt er die Schuld für den Crash auf sich: "Ich habe das Ding in die Wand gesetzt, ganz einfach. Ich bin nicht stolz darauf, ich bin nicht glücklich darüber. Ich habe mich selbst enttäuscht und das Team ebenso. Jetzt wartet eine Menge Arbeit auf die Jungs, um alles wieder zu reparieren."

Lando Norris kommt im Dschidda-Quali nicht über den zehnten Rang hinaus

Lando Norris kommt im Dschidda-Quali nicht über den zehnten Rang hinaus Zoom

In Bezug auf den Abflug erklärt er: "Ich weiß nicht genau, was passiert ist, denn ich hatte noch keine Zeit, es zu analysieren. Es war wohl einfach ein Fehler. Bis zu dem Moment lief alles gut, ich war zufrieden, das Auto war stark", so Norris, der anfügt: "Aber so ist das Leben, sowas passiert - wenn auch selten."

Ändern könne er das Missgeschick aber nicht mehr, ist sich auch Norris darüber im Klaren, dass er seinen Fokus jetzt schnell wieder auf das Rennen richten muss: "So ist es eben. Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe", erklärt er mit Blick auf seine harte Selbstkritik, "aber gleichzeitig schaue ich auch nach vorne und will morgen Wiedergutmachung leisten".

Norris: "Keine Garantie, dass ich die Pole geholt hätte"

Zuerst einmal aber "werde ich zu meinen Ingenieuren gehen, mich entschuldigen - und dann wir werden sehen, wie wir morgen angehen", erklärt Norris bei Sky, wenngleich er einräumt sich über das Rennen "noch keine Gedanken gemacht" zu haben: "Ich bin einfach enttäuscht, dass ich heute überhaupt in dieser Situation bin."


Dass der Unfall am Samstag seine Ausgangposition dramatisch verschlechtert hat, dessen ist sich Norris aber bewusst - zumal er zu bedenken gibt, dass vor allem das Erstarken von Pole-Mann Max Verstappen McLaren das Leben ohnehin erschwert hat: "Es gibt natürlich keine Garantie, dass ich die Pole geholt hätte, Max war stark unterwegs. Red Bull war das ganze Qualifying über schnell, das hat niemanden überrascht", sagt der WM-Leader.

"Aber es wäre einfach schön gewesen, in diesem Kampf dabei zu sein", schließlich habe er sich bis zu dem verhängnisvollen Moment im Auto wohlgefühlt. Norris beteuert dann auch: "Unser Auto ist stark - aber eben nicht so gut, wie wir es uns wünschen würden: Wir stehen schließlich nicht auf Pole, Max ist vorne, George ist nur wenige Zehntel dahinter. Es läuft momentan nicht reibungslos."

Schumacher über Norris: "Darf nicht passieren"

Die Folge davon: "Morgen steht uns deshalb eine große Aufgabe bevor." Die durch seine schlechte Startposition jetzt noch mal "deutlich schwieriger" geworden ist, wie Norris selbst am besten weiß: "Man muss versuchen, das Positive zu sehen und hoffen, dass wir morgen ein gutes Rennen haben. Aber einfach wird es sicher nicht, denn Überholen ist hier unglaublich schwierig."

Im Scheinwerferlicht: Klar ist, der Druck auf Norris wird damit nicht kleiner ...

Im Scheinwerferlicht: Klar ist, der Druck auf Norris wird damit nicht kleiner ... Zoom

Auch von den Experten im Fahrerlager kassiert Norris nach seinem Abflug im Qualifying natürlich Kritik: "Das darf nicht passieren, er fährt um die WM", urteilt Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher, während Experten-Kollege Timo Glock bei Sky nochmal an die vielen Diskussionen der letzten Tage über Norris' Psyche erinnert:

"Dann nochmal on top so ein Crash heute, mit dem Momentum, das er eigentlich hatte, wo jeder gemerkt hat, er ist da, er fühlt sich wohl im Auto, hat Schritte über das ganze Wochenende gemacht, hat sich gesteigert - und dann kommt so ein Abflug: Der tut weh", urteilt Glock.

Glock über Fehler: "Das kostet dich am Ende die WM"

"Und noch mal: Dann weißt du, dein Teamkollege steht Gewehr bei Fuß, ist da und ergreift die Möglichkeit", erklärt der Deutsche: Zwar habe Piastri "nicht die Pole geholt - obwohl er es hätte tun können. Aber am Ende steht er trotzdem in der ersten Startreihe." Norris hingegen "hat wieder einen weiten Weg, sich da durchzuarbeiten", erinnert Glock an die Aufholjagd, die zuletzt auch schon nach Startplatz sechs in Bahrain nötig war.

"Das darf ihm nicht passieren in den entscheidenden Momenten", stimmt auch Glock in die Schumacher-Kritik ein, zumal er zu bedenken gibt, dass Vergleichbares beim Briten "schon sehr oft in der Vergangenheit" vorgekommen sei: "Genau dann in Q3, wenn es darauf ankam, ein kleiner Fehler von Lando Norris - und das kostet dich am Ende die WM."

Wie schon in Bahrain: Norris muss der Spitze am Sonntag erneut hinterherjagen

Wie schon in Bahrain: Norris muss der Spitze am Sonntag erneut hinterherjagen Zoom

Mit Ratschlägen will sich der Experte aber dennoch zurückhalten, schließlich gehe jeder Fahrer anders mit Rückschlägen um: "Das Wichtigste ist, dass du dich nicht runterziehen lässt von diesen Fragen, die ja immer am Ende wieder die gleichen sein werden. Das tut schon weh, aber er ist jetzt erfahren genug, um zu wissen, was er tun muss, um da rauszukommen."

Glock wünscht dem Unglücksraben des Tages jedenfalls: "Vielleicht [kann er] nach dem Tripleheader jetzt auch mal so ein bisschen versuchen durchzuatmen nach dem Wochenende, um einen klaren Kopf zu bekommen und dann wieder neu anzugreifen." Am besten aber natürlich schon am Sonntag, wenn Norris einmal mehr Schadensbegrenzung betreiben muss...