• 23.10.2006 12:15

Internationale Presse huldigt dem "roten Kaiser"

Die Zeitungen überschlagen sich am Montag mit Lobeshymnen auf Michael Schumacher, aber auch auf den alten und neuen Champion Fernando Alonso

(Motorsport-Total.com) - Abgesehen vom Pech in der Qualifikation und der Reifenpanne hatte Michael Schumacher in São Paulo einen würdigen Abschied - er fuhr ein extrem starkes Rennen, war auf seiner schnellsten Rennrunde um 0,715 Sekunden (!) schneller als der Zweitschnellste im Rennen, Teamkollege Felipe Massa.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher und sein Ferrari-Team

Michael Schumacher und sein Ferrari-Team: Mille Grazie!

Nach der grandiosen Aufholjagd Schumachers bei seinem letzten Auftritt hieß es beim spanischen TV-Sender 'Telecinco': "Wenn man dieses Rennen von Schumacher gesehen hat, fällt es schwer zu glauben, dass er nicht noch mehr für die Formel 1 tun konnte. War der Zeitpunkt für seinen Rücktritt wirklich schon gekommen, oder musste er aufhören?"

"Alonso ist Weltmeister, 'Schumi' eine Legende. Der Meister aller Zeiten verlässt die Formel 1 wie ein König", schrieb die 'Gazzetta dello Sport' am Montag. Schumacher habe ein Rennen "mit Herz, Klasse und Mut" gezeigt. Doch der Kollege fragt sich, warum ein solcher Fahrer zurücktreten muss: "Warum muss ein Mann von 37 Jahren in Pension gehen, der noch die Freude eines kleinen Jungen in sich hat? Das Ende seiner Karriere kann nur Bedauern auslösen. Für sein Rennen in Interlagos gibt es keine Worte."#w1#

Die letzte Lektion des Michael Schumacher

"Der Meister" sei "mit einer letzten Lektion" abgetreten: "Achtung, Respekt und Dankbarkeit sind in all den Jahren zur Liebe gereift, für den italienischen Deutschen. Mit Fangio und Senna gehört er zu den Mythen."

'La Repubblica' findet, dass sich der Ferrari-Pilot "wie ein König" verabschiedet hat: "Er hat auf der Piste Geschichte geschrieben. Schumi versuchte das Unmögliche. Der Roboter, der uns nicht gefiel, hat es geschafft, uns mitzureißen. Ferrari hofft, dass er als Manager zurückkehrt. Schumachers letztes Rennen ist eine Mischung aus Spannung, unglaublichen Leistungen und Pech. Schumachers Traum ist zu Ende, doch die Formel 1 geht weiter. Die Hoffnung ist Massa, der sich das perfekte Rennen geschenkt hat."

Schon jetzt "Sehnsucht"

"Unvergleichlicher Michael. Wir haben jetzt schon Sehnsucht", meint die 'Tuttosport'. "Mit Schumachers Abschied beginnt eine neue Epoche, und die Formel 1 wird ohne ihn nicht mehr dieselbe sein."

"Schumachers Meisterwerk wird unvergessen bleiben", ist sich der 'Corriere dello Sport' sicher: "Er ist ein Phänomen ohnegleichen, auch wenn Alonso den Titel holt. Trotzdem: Danke, 'Schumi'. Für Ferrari beginnt jetzt eine neue Epoche."

Ein "Märchen ohne ein Wunder"

Für die 'La Stampa' war Schumachers Rennen "ein Husarenritt", mit dem er allen die Schau gestohlen hat: "Der deutsche Star ist bereits zu einer Legende geworden. Schumacher verabschiedet sich von Ferrari, das immer noch der stärkste Rennstall ist, obwohl beiden WM-Titel verfehlt worden sind. Das Märchen ist ohne das Wunder zu Ende gegangen. Schumacher hat es zwar versucht, den achten Titel zu erobern, das Meisterwerk ist ihm aber nicht gelungen."

Ein Husarenritt, mit dem ein Kapitel Geschichte zu Ende geht

"Der Abschied tut weh, jetzt wissen wir, warum. Ein unglücklicher Abschied für 'Schumi'", so der 'Correre della Sera'. Andere Blätter bezeichnen den 37-Jährigen nun sogar als den "roten Kaiser", der in Interlagos mit "seinem letzten Meisterwerk" seine "schönste Niederlage" erlebt hat.

Auch in Großbritannien würdigt man den Rekordsieger - in typisch britischer Manier. Laut 'Daily Mirror' sei der Deutsche tatsächlich mit einem "großen Knall" gegangen - aber es war halt eben nur sein Reifen, der dafür gesorgt hat: "Der erfolgreichste Fahrer aller Zeiten hat sich aus der Formel 1 mit einem der besten Rennen seines Lebens verabschiedet. Es gab kein Wunder für den Mann, der auf Wasser fahren könnte. Aber Schumacher war nahe dran."

'Il Giornale' schreibt: "'Schumi', Abschied mit Stolz, doch Alonso erobert den WM-Titel. 'Schumi' beendet seine Karriere mit einer beispiellosen Leistung. Er beweist, dass er der größte Meister dieser Epoche ist, doch der achte Titel ist ihm nicht gewährt worden. Daran ist Ferrari schuld. Der Zustand des Rennstalls aus Maranello hat Schumi über alles bewogen, seinen Abschied aus der Formel 1 zu beschleunigen."

"Ein Champion zum Allerbesten"

In den Augen des 'Guardian' hat sich Schumacher "mit Stil" verabschiedet, sei der "unumstrittene Star" des Saisonfinales gewesen: "So unbedeutend dieser vierte Platz in der Renngeschichte auch sein mag: Er war so berauschend wie nur eine Hand voll der 91 Siege, mit denen Schumacher jetzt in Rente geht: ein Champion zum Allerbesten."

Die 'Sun' leidet mit dem Superstar, schließlich habe es das "achte Weltwunder" nicht gegeben, aber: "Die Art und Weise seines Abgangs hat gezeigt, warum er für so lange Zeit der Superstar des Rennsports war. Natürlich hat Schumacher seine Kritiker. Aber selbst diese dürfen nicht daran zweifeln, dass hier ein wahrer Champion gegangen ist."

"Zweifel an seinem Genie nicht erlaubt"

"Das Ende einer Ära", schrieb die 'Times' am "Tag danach" und feiert "eines der besten Rennen seines Lebens", während der 'Independent' noch einmal an die schwarzen Stunden des Rennfahrers erinnert, um dann aber wieder auf Schmusekurs zu gehen: "Er verabschiedete sich in Brasilien so, wie er 1991 in Belgien angefangen hatte: als Held." Auch die 'Daily Mail' findet: "Bei all seinen Fehlern sind Zweifel an seinem Genie nicht erlaubt."

In Spanien wird natürlich über den zweiten Titel für Fernando Alonso gejubelt, den 'El Pais' als "grandios" bezeichnete: "Der Spanier verteidigte seinen Titel, aber der Deutsche stand mit seiner Aufholjagd im Mittelpunkt des Interesses." 'El Periódico' glaubt, dass dieser zweite Triumph des Nationalhelden "erst der Anfang" ist. 'Sport' findet: "Alonso ist auf dem Weg, zu einer Legende zu werden. Der Spanier ist ein würdiger Nachfolger von Michael Schumacher."

"Alonso ist der neue Patron der Formel 1", meint 'ABC', und 'La Vanguardia' spricht vom "Mythos, der Schumacher entthronte". "Alonso tritt in die Geschichte der Formel 1 ein. Große Aufholjagd Schumachers bis auf den vierten Platz", so die 'AS'.

Alonso schickte Schumacher in Rente

"Alonso schickte den größten Fahrer aller Zeiten in Rente", so 'Marca'. "In São Paulo erreichte er etwas mehr als nur seinen zweiten Titel. Man wird sich an ihn erinnern als Nachfolger des besten Fahrers der Formel-1-Geschichte. Es gibt viele Parallelen zwischen Alonso und Schumacher in ihren Karrieren: Wie sie angefangen haben, dass sie die ersten beiden Titel unter Flavio Briatore gewonnen haben, dass sie danach das Team wechselten, dass der 22. Oktober das Datum ist, an dem beide ihren zweiten Titel gewannen. Der Unterschied ist nur: Alonsos Situation bei McLaren-Mercedes wird besser sein als Schumachers Situation nach seinem Wechsel zu Ferrari war."

"Super Champ. Alonso brillant zum zweiten WM-Titel", so 'El Mundo Deportivo'. "Auch die Konstrukteurs-WM gehört Renault. Interlagos bestätigt die Ära Alonso. Schumacher verabschiedet sich mit einem großartigen Rennen nach Problemen und Reifenpanne."

'Sport Barcelona' meint: "Alonso krönte in Interlagos die Saison. Schumacher verabschiedet sich mit großem Stil, nachdem er bis zum letzten Moment um seinen achten WM-Titel kämpfte. Es wird schwer sein, einen zweiten Schumacher zu finden."

"Der Kannibale der Rennstrecken"

In Frankreich darf man sich unterdessen über den Konstrukteurstitel für Renault freuen, auch wenn die Fahrer auch hier im Mittelpunkt stehen. "Michael Schumacher ist der Kannibale der Rennstrecken", schrieb die 'Libération' und findet, dass Fernando Alonso ein "würdiger Nachfolger" des Familienvaters ist. Der 'Figaro' feiert den Spanier als "neuen Meister der Rennstrecken" und lobt Schumachers letzten Auftritt: "Michael Schumacher verlässt die Formel-1 auf dem Höhepunkt seiner Kunst."