Claire Dubbelman: Die erste Frau mit einer FIA-Renndirektor-Superlizenz
Claire Dubbelman ist die erste Frau, die die FIA-Renndirektor-Superlinzenz inne hat - Die Niederländerin hat eine große Leidenschaft für den Motorsport
(Motorsport-Total.com) - Claire Dubbelman hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich in der Formel-1-Rennleitung hochgearbeitet. Im Winter dieses Jahres verkündete sie, dass sie als erste Niederländerin, erste Frau und jüngste Person überhaupt die Renndirektor-Superlizenz des Automobil-Weltverbandes (FIA) erhalten hat.

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Claire Dubbelman besitzt seit 2024 die FIA-Renndirektor-Superlizenz Zoom
Dubbelmans Leidenschaft für den Motorsport begann bereits im Kindesalter - durch ihren Vater Huub, der fast zwei Jahrzehnte als Automobiljournalist tätig war und später unter anderem als PR-Manager für Mercedes-Benz in den Niederlanden arbeitete.
"Seit ich etwa vier oder fünf war, hat mein Vater mich - auf meinen Wunsch hin - morgens geweckt, um Formel 1 zu schauen. Selbst für das Saisonauftaktrennen in Australien sind wir früh aufgestanden, um gemeinsam zu schauen", sagt sie.
"Mit etwa neun war ich das erste Mal mit meinem Vater beim Masters of Formula 3 in Zandvoort - damals ein Pflichttermin im Kalender", erinnert sie sich. "Danach sind wir regelmäßig zu Rennen in Zandvoort gefahren, etwa zu den Oster- und Pfingstveranstaltungen. Ein Tag an der Rennstrecke war unser perfekter gemeinsamer Ausflug."
Ein solides Fundament
Nach dem Abitur absolvierte Dubbelman ein Studium in Internationaler Kommunikation, das sie mit 21 abschloss. "Ich dachte mir: Wenn ich bis 65 oder gar 67 arbeiten muss, dann will ich etwas tun, das ich wirklich liebe", sagt sie. "Sonst halte ich das nicht durch. So bin ich in die Automobilbranche gekommen."
Sie arbeitete sieben Monate lang im Marketing bei Carver, einem Hersteller von dreirädrigen Fahrzeugen, bevor sie eine Stelle im Formelsport annahm. "Ich begann bei einer Agentur, die Renault Sport in der nordeuropäischen Formel Renault vertrat. Das war mein Einstieg in den Motorsport."
Diese Station legte den Grundstein für ihre weitere Laufbahn. "Ein großer Vorteil war, dass ich dort alles mögliche machen musste. Wir haben die gesamte Formel Renault mit nur drei Personen organisiert. Ich sagte damals immer: Ich mache alles, was keinen Schraubenzieher braucht!"

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Sie übernahm Aufgaben wie Pokale organisieren, Pressemitteilungen schreiben, Starterlisten erstellen, Reglemente pflegen und Hotels buchen. "Und ich saß neben dem Renndirektor, weil ich über Funk alle Entscheidungen an die Teams übermittelte. So kam ich das erste Mal direkt mit der Rennleitung und dem Sportlichen Reglement in Berührung - und das hat mich am meisten fasziniert."
Arbeit für die FIA
Ihr erstes FIA-Engagement war ein Freelance-Job: 2012 und 2013 war sie FIA-Mediendelegierte in der Formel-3-Euroserie, die später zur FIA-Formel-3-Europameisterschaft wurde. "So bin ich auf den Radar für eine Festanstellung gekommen", erinnert sie sich.
2017 folgte die Festanstellung als Championship-Manager bei der FIA, wo sie die Nachwuchsserien Formel 2 und Formel 3 betreute. Ab der zweiten Saisonhälfte 2022 arbeitete sie als Race-Control-Operator in der Formel 1 und sorgte dafür, dass die Entscheidungen des Renndirektors über das FIA-System umgesetzt wurden. 2023 war sie in dieser Rolle für die komplette Saison im Einsatz, bevor sie 2024 zur stellvertretenden Renndirektorin befördert wurde.
"Das heißt, ich bin einen Platz nach links gerückt", erklärt sie mit einem Lächeln. "Wo ich vorher die Software bedient habe, übernehme ich jetzt deutlich mehr Verantwortung. Ich bin jetzt zum Beispiel diejenige, die das Safety-Car auf die Strecke schickt oder die medizinischen Dienste anweist."
Zusätzlich ist Dubbelman Sporting-Manager bei der FIA. "Ich unterstütze den FIA-Sporting-Director bei diversen Aufgaben. Zum Beispiel leite ich die Superlizenz-Arbeitsgruppe und bin in die Sitzungen des Sporting-Advisory-Committee involviert, das sich um die Pflege und Weiterentwicklung des sportlichen Reglements kümmert. Kurz gesagt: Alles, was auf regulatorischer Seite notwendig ist, damit die Meisterschaft läuft."
FIA-Renndirektor-Superlizenz
Seit 2024 besitzt Claire Dubbelman die FIA-Renndirektor-Superlizenz, die sie dazu berechtigt, die Rolle des Renndirektors bei einem Grand Prix zu übernehmen. "Seit diesem Jahr verlangt die FIA, dass alle, die Entscheidungen treffen, die den Rennverlauf beeinflussen, eine solche Lizenz besitzen. Früher war das für Stellvertreter nicht zwingend notwendig, aber ich habe jetzt eine."
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Eine Prüfung gibt es dafür nicht, erklärt sie. "Die Lizenz ist eine Bestätigung, dass ich die nötige Qualifikation habe, um diese Rolle auszuführen", führt sie aus.
Sie ist damit die erste Niederländerin, die erste Frau und mit 38 Jahren auch die jüngste Person, die jemals diese Lizenz erhalten hat. Besonders die Tatsache, dass sie die erste Frau ist, bedeute ihr viel. "Dass so wenige Frauen für eine solche Position zur Verfügung stehen, zeigt, wie schwer es ist, wie viel man dafür aufgeben muss und wie viel Durchhaltevermögen notwendig ist. Ich bin stolz, das erreicht zu haben", freut sie sich.
Mehr Frauen am Tisch?
Ende 2023 sagte Dubbelman, sie sei oft die einzige Frau am Tisch. Hat sich das in der Formel 1 mittlerweile geändert? "Ja, aber nur langsam. Beim Fahrerbriefing zum Beispiel, wo FIA, FOM, Teammanager, Sportdirektoren und Fahrer zusammenkommen, bin ich immer noch meistens die einzige Frau im Raum", sagt sie.
"Es ist nicht unbedingt schwierig, aber es ist konfrontierend - und manchmal tut es weh. Es zeigt, dass es trotz aller Fortschritte noch ein langer Weg ist", meint Dubbelman.
Innerhalb der FIA erkennt sie aber eine positive Entwicklung. "Wir sehen mehr Frauen in wichtigen Funktionen. Früher waren es vor allem administrative Rollen, heute gibt es Frauen im technischen Bereich, in der Leitung von Abläufen, als Starterin, als Leiterin der Siegerehrung - also auch in sehr sichtbaren Positionen. Das macht mich stolz."
Auch in der Rennleitung ist Dubbelman mittlerweile nicht mehr allein. "Für ein Formel-1-Rennwochenende braucht es vier Schlüsselrollen: den Sporting-Director Tim Malyon, den Renndirektor Rui Marques, mich als Stellvertreterin und einen Race-Control-Operator. Letztere Position teilen sich zwei Personen im Wechsel, und eine davon ist eine Frau."
Erste weibliche Renndirektorin?
Dubbelman hat bereits angedeutet, dass sie sich eines Tages vorstellen kann, Renndirektorin zu werden - aber nur zu ihren Bedingungen. Ist dieses Gefühl heute stärker als früher? "Ja. Wir arbeiten heute viel mehr im Team als früher. Jahrzehntelang hat eine Person alle Entscheidungen getroffen. Unter Michael Masi und Niels Wittich wurde das langsam aufgebrochen. Mit Rui haben wir einen weiteren Schritt gemacht", freut sie sich.
"Ich habe immer gesagt: Weniger Fokus auf eine Einzelperson, mehr auf Teamarbeit", stellt die Niederländerin klar. "Das würde die Rolle für mich angenehmer und natürlicher machen. Insofern bin ich heute offener für den Gedanken, irgendwann einmal Renndirektorin zu werden."

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"Ich habe aber noch einiges zu lernen", stellt sie klar. "Und ich möchte mir die Zeit nehmen, mich weiterzuentwickeln und das Vertrauen meines Umfelds zu verdienen. In der Formel 1 geht es nicht nur darum, ob man eine Frau ist, sondern ob man die richtige Person ist. Ich will beweisen, dass ich es bin, bevor ich gefragt werde."
Ein Bereich, in dem sie sich weiterentwickeln will, ist die Streckenabnahme. "Das steht dieses Jahr auf meiner Liste", erzählt sie. "Ich möchte ein tieferes Verständnis für die Details gewinnen. Zum Beispiel: Wann muss ein Fangzaun ersetzt werden und wann kann er repariert werden? Wann ist ein TecPro-Element so beschädigt, dass man es tauschen muss, und wann reicht Klebeband?"
"Das sind Feinheiten, die über Safety-Car oder Rennunterbrechung entscheiden können", so Dubbelman weiter. "Und wenn ich irgendwann volles Vertrauen in mein Wissen in diesem Bereich habe, werde ich auch das Selbstvertrauen haben, die Nummer Eins zu sein."
Dubbelman betont, dass sie auch viele Jahre als Stellvertreterin glücklich wäre. "Aber in der Formel 1 gibt es keine Garantien", sagt sie mit Blick auf eine mögliche frühzeitige Beförderung, falls die Position kurzfristig neu besetzt werden müsste. "Ich kann sagen, was ich mir wünsche, aber das heißt nicht, dass man darauf hört."
Dennoch: "Früher war meine größte Angst, ins kalte Wasser geworfen zu werden. Heute gibt mir die Teamstruktur viel mehr Sicherheit. Aber ich glaube, ein letzter Schritt fehlt noch, bevor ich wirklich bereit bin."


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