• 24.09.2007 10:47

  • von Britta Weddige

Wieviel Skandal verträgt die DTM noch?

Nach dem Lausitzring und Zandvoort erlebte die DTM in Barcelona einen noch größeren Eklat, nun stellt sich die Frage, wie groß der Schaden ist

(Motorsport-Total.com) - Die DTM scheint in dieser Saison von einer - selbstgemachten - Krise in die nächste zu schlittern. Das Chaosrennen am Eurospeedway Lausitz hatte schon für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Danach reagierte der DMSB und besetzte unter anderem die Rennleitung neu. Alles war wieder gut, größtenteils jedenfalls.

Titel-Bild zur News: Norbert Haug, Wolfgang Ullrich

Norbert Haug und Wolfgang Ullrich nach dem Rennen in Barcelona

Dann kam Zandvoort: Dort erlebten wir eine mit Pfiffen der Fans quittierte Stallregie und den Ausbruch eines offenen Streits darüber, welche Manöver fair sind und welche nicht. In den Wochen danach ließen weder Audi noch Mercedes eine Möglichkeit aus, gegen den Mitbewerber verbale Attacken loszulassen. Am Nürburgring rauften sich die Streithähne dann wieder zusammen und lieferten den Fans tatsächlich ein spannendes Rennen ohne störende Zwischentöne.#w1#

Wer nun aber dachte, die Beteiligten der DTM hätten ihre Lektionen aus dem Lausitzring und aus Zandvoort gelernt, der hat sich getäuscht. Dass es noch viel dicker kommen kann, bewiesen Mercedes und Audi in Barcelona - hier haben sie die Öffentlichkeit und vor allem die Fans endgültig vor den Kopf gestoßen und kollektive Fassungslosigkeit ausgelöst.

Für die einen ist Mercedes der Böse, für die anderen Audi

Natürlich sind die Meinungen zum Rennen gestern geteilt. Für die einen waren die Manöver der Mercedes-Piloten unsportliche Versuche, die Titelaspiranten der Konkurrenz aus dem Rennen zu schießen - Attacken weit außerhalb der Fairness. Für die anderen war die Entscheidung von Audi, neun Runden vor Schluss alle Autos in die Box zu holen, vergleichbar mit der Trotzreaktion eines beleidigten Kindergartenkindes. Nach dem Motto: "Ich schmolle jetzt und will nicht mehr mitspielen".

Aber eine Meinung war übereinstimmend überall zu hören und zu lesen: Das Geschehen in Barcelona war zuviel des Guten. Die Fans möchten spannenden Rennsport sehen, Action auf der Strecke, Duelle - eigentlich das, was die DTM selbst ihren Zuschauern ja immer großspurig verspricht. Was die Fans nicht wollen, sind die Streitereien und Eitelkeiten zweier Autohersteller, die immer seltsamere Blüten treiben.

Harte Worte ausgerechnet beim TV-Partner

Nach Barcelona wurden die Fragen nach der Zukunft der DTM laut gestellt. Die Fans sprachen davon, "die Serie habe sich an diesem Tag beerdigt". Auch die internationalen Medien sprachen von einer "Farce". Ausgerechnet auf der Internetseite des TV-Partners der DTM - der 'ARD' - wird kommentiert: "Spätestens seit dem vermeintlichen Autorennen in Barcelona ist klar: Das aktuelle Modell des Deutschen Tourenwagen Masters mit lediglich zwei Marken ist gescheitert."

"Die Saison 2007 taugt allenfalls dazu, die DTM in ihrer jetzigen Form als Auslaufmodell zu entlarven", heißt es in dem 'ARD'-Kommentar weiter. "Zu wünschen ist, dass die ITR das letzte Saisonrennen in Hockenheim mit Würde absolviert. Danach muss schon für 2008 eine Form gefunden werden, in der das Deutsche Tourenwagen Masters wieder als sportlich ernstzunehmende Veranstaltung ausgetragen wird."

"Gibt es 2008 noch eine DTM?"

Der Schaden nach Barcelona scheint groß zu sein. Das zeigen nicht nur diese deutlichen Aussagen des TV-Partners. Haben die DTM-Beteiligten erkannt, in welche brisante Lage sie allmählich kommen? In der Pressekonferenz nach dem Rennen stellte ein Kollege die drastische Frage: "Gibt es 2008 noch eine DTM?".

Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich verstand das offenbar als Frage nach einem möglichen Audi-Ausstieg und antwortete: "Wir sprechen über das Rennen heute, das nicht so war, wie wir es uns vorgestellt haben. Aber das hat mit 2008 nichts zu tun. Wir sollten nur Rennen wie diese vermeiden."

Die Antwort von Mercedes Sportchef Norbert Haug: "Ich denke, wir sollten jetzt vorsichtig sein und die Situation nicht überbewerten. Jede Frage ist erlaubt, aber wir sollten jetzt nicht spekulieren. Es ist wichtig, dass wir jetzt Schritt für Schritt gehen und in Ruhe miteinander sprechen."

Das sollte man tun, denn noch ein Rennen wie Barcelona kann sich die selbsternannte "populärste europäische Tourenwagenserie" wohl nicht mehr leisten. Auch wenn Audi-Sportchef Ullrich davon überzeugt ist, dass das Image bei den Fans keinen Schaden genommen hat: "Die Fans haben ja auch gesehen, was passiert ist", antwortete er auf die Frage eines spanischen Kollegen. Der wollte wissen, ob Audi nicht fürchtet, mit dem vorzeitigen Rennausstieg die Fans verprellt zu haben. "Ich denke, es war einfach eine Entscheidung, die wir fällen mussten. Das war nichts gegen die Zuschauer, sie hatten ihre Unterhaltung. Am Ende müssen wir Entscheidungen treffen, mit denen wir auf das reagieren, was wir sehen."