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Schwierige Entscheidung: Rechts- oder Linkslenker?
Beim Bau eines modernen LMP1-Autos ist die Frage nach der Sitzposition von entscheidender Bedeutung: Wo die Werksfahrer am besten sitzen
(Motorsport-Total.com) - Vor der Einführung des neuen LMP-Reglements 2014 wird in der Prototypenszene viel über die Antriebe der Zukunft, über neue Ideen für Energierückgewinnungs-Systeme und über aerodynamische Finessen diskutiert. Dabei spielen andere Faktoren ebenso eine wichtige Rolle. Dinge, die auf den ersten Blick als Kleinigkeit erscheinen mögen. Die Fachleute der Werksteams beschäftigen sich dennoch mit diesen Feinheiten - und nicht zu knapp. Am Beispiel der Sitzposition im LMP1-Auto wird dies deutlich.

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Alexander Wurz sitzt in seinem Toyota TS030 Hybrid auf der linken Seite Zoom
"Die Entscheidung über Rechts- oder Linkslenker hat länger gedauert als jene über die Zylinderzahl des Motors", erklärt Audi-LMP1-Leiter Chris Reinke. "Beim Motor gibt es eindeutige physikalische Gesetze, die deutliche Hinweise geben. Bei der Frage nach der Sitzposition gibt es sehr viele Faktoren, die man abwägen muss." Die Audi-Ingenieure haben die Möglichkeiten vor dem Bau des aktuellen R18 e-tron quattro allesamt durchgespielt. Es wurden technische Analysen angefertigt und das Feedback der Piloten erhört.
"Ein Faktor, den man beachten muss, ist, dass bei der Sitzposition auf der linken Seite der Pilot noch etwas mehr verdreht im Sitz sitzt. Links neben der Kupplung ist der Footrest, also die Abstellfläche für den linken Fuß. Wenn ich links sitze, müssen die Beine also über diese Fußablage hinaus nach rechts hinüber. Die Hüfte des Fahrers wird etwas mehr verdreht", nennt Reinke ein Entscheidungskriterium, das von den Fans nie wahrgenommen wird.
"Weitere Faktoren sind Packaging, Position von Hybridkomponenten oder die Prozeduren beim Fahrerwechsel. Wir haben uns unter anderem deswegen für den Sitz auf der rechten Seite entschieden, weil dann der erschöpfte Pilot nach seinen Stints direkt aus dem Auto in die Box gehen kann. Der muss nicht um das Auto herum, was potentiell in der Boxengasse gefährlich sein kann", so der Audi-LMP-Einsatzleiter. "Die meisten Kurse führen rechts herum, was für die Sitzposition auf der rechten Seite spricht. Aber die Sicht ist tatsächlich von links besser."
"Wen der Fahrer links sitzt, kann er in Rechtskurven besser zum Scheitelpunkt sehen. Die Sicht wird dann also besser", erklärt Toyota-LMP1-Projektleiter John Litjens. Die Sicht ist jedoch oft nur ein wenig entscheidendes Kriterium. Sie mag in gewissen Situationen zwar Performance-relevant sein, aber nur wenig. "Man schaut beispielsweise, für welches Rennen ein Auto ausgelegt ist. In unserem Fall ist das Le Mans. In Le Mans gibt es mehr Rechts- als Linkskurven, daher setzt man den Fahrer eigentlich rechts zum Kurveninneren", sagt Litjens.
Die vom Toyota-Ingenieur beschriebene Rechnung geht jedoch nur unter gewissen Voraussetzungen auf: nur dann, wenn der Fahrer im Cockpit mehr Gewicht auf die Waage bringt als die neben ihm platzierten Bauteile. "Bei den Hybridfahrzeugen platziert man den Speicher neben dem Fahrer. Dann hängt es davon ab, wie schwer das System ist", sagt Litjens. Bei Toyota scheint der Hybrid schwerer zu sein als die meisten Piloten, denn im TS030 Hybrid sitzen die Fahrer links.

