• 24.12.2010 12:10

  • von Stefan Ziegler

Rückblick 2010: Die Privatierwertung

Sergio Hernández musste sich 2010 gleich gegen fünf schnelle Gegner zur Wehr setzen: Teil 4 des Rückblicks beschäftigt sich mit der Privatierwertung

(Motorsport-Total.com) - 22 Sprintrennen auf vier Kontinenten, 20 Stammfahrer in zehn Teams, vier Titelanwärter auf drei Marken und ein großer Sieger: Die WTCC-Saison 2010 begeisterte von März bis November mit spannenden WM-Läufen und vielen spektakulären Duellen. 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf ein Rennjahr, das Yvan Muller und Chevrolet als Titelträger sah. Heute: Die Privatierwertung.

Titel-Bild zur News: Stefano D

Auf der Jagd nach dem Privatiertitel: Die Konkurrenz war 2010 größer denn je...

Die Saison 2010 wird als eine der spannendsten und zugleich härtesten in die noch junge Geschichte der Independents' Trophy im Rahmen der WTCC eingehen. Nicht weniger als neun Klassensieger brachte das abgelaufene Rennjahr hervor, vier Piloten gewannen gleich mehrfach. Am meisten Erfolge verbuchte Kristian Poulsen (Poulsen), der 2010 sogar eine Viererserie an den Tag legte.

Dass die Piloten der SEAT León TDI Fahrzeuge nicht in der Privatierwertung an den Start gehen durften, war dem Wettbewerb auf der Strecke sicher zuträglich. So konnten sich die zahlreichen Privatfahrer - im Saisonverlauf waren insgesamt 28 Piloten mit von der Partie - nämlich technisch auf Augenhöhe mit ihren Konkurrenten messen. Und dabei gab es viele interessante Zweikämpfe.

Siegte Sergio Hernández (Proteam) zum Auftakt in Curitiba noch zweimal, so ging der Klassensieg in den darauf folgenden Rennen stets an einen anderen Fahrer: Franz Engstler (Engstler), Mehdi Bennani (Wiechers), Harry Vaulkhard (Bamboo), Stefano D'Aste (Proteam) und Poulsen trugen sich in die Siegerlisten ein, ehe Hernández wieder einen Doppelschlag für sich verbuchen konnte.

In Darryl O'Young stand allerdings bereits der nächste Klassensieger parat, ehe auch Colin Turkington (WSR) nach kurzer Anlaufphase - der Nordire stieg erst in Portugal zu - erstmals ganz nach vorne fuhr. Die zweite Saisonhälfte stand dann ganz im Zeichen von Poulsen und O'Young, welche acht von zehn Läufen als Sieger beendeten, wobei Poulsen mit sechs Erfolgen den Löwenanteil stemmte.

Sergio Hernández (Proteam)

Sergio Hernandez

Sergio Hernández fährt vorneweg: Der Spanier wiederholte seinen Trophy-Sieg Zoom

Hernández kehrte erst beim letzten Rennen des Jahres in die Erfolgsspur und auf das oberste Treppchen zurück - und beschloss die Saison 2010 mit 156 Punkten als Titelgewinner - zum zweiten Mal nach 2008. "Einerseits bin ich damit zufrieden, andererseits bin ich es nicht", sagt der Spanier gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Wir hätten eigentlich erwartet, mehr Rennen zu gewinnen."

"Als ich vor zwei Jahren den Titel holte, fuhr ich elf Mal zum Klassensieg, wenn ich mich nicht irre. Ich gewann quasi an jedem Wochenende ein Rennen. 2010 war das ganz anders", meint Hernández und fügt hinzu: "Ich denke, es war die bisher beste Saison in der Privatierwertung. Wir legten eine gute Konstanz an den Tag und unterm Strich ist es eben genau das, worauf es letztendlich ankommt."

Franz Engstler (Engstler)

Franz Engstler

Franz Engstler und Kurt Treml durften in Marrakesch einen Klassensieg bejubeln Zoom

Eine eben solche Konstanz ließ Engstler speziell zu Beginn der Europasaison vermissen, doch zum Jahresende machte der einzige Deutsche im Starterfeld der WTCC deutlich an Boden gut. Dank zwei zweiten Plätzen in Macao reichte es für Engstler mit 127 Zählern noch zum zweiten Rang in der Gesamtwertung der Privatiers - und das nach einem überaus problembehafteten Rennjahr.

Speziell der Monza-Event im Mai hatte den 49-Jährigen weit zurückgeworfen: Ein technisches Problem im ersten Rennen machte die Anstrengungen eines ganzen Wochenendes zunichte, einige unverschuldete Kollisionen taten im weiteren Verlauf dieser Saison ihr Übriges. Routine und Erfahrung machten sich zum Schluss aber bezahlt und Engstler erzielte einen versöhnlichen Jahresabschluss.

Kristian Poulsen (Poulsen)

Kristian Poulsen

Mit viel Einsatz und einer konstanten Leistung fuhr Kristian Poulsen nach vorne Zoom

Poulsen wird sich vielleicht insgeheim etwas grämen, nicht schon in Curitiba und Marrakesch dabei gewesen zu sein. Der dänische Rennfahrer und sein Team stiegen erst zum Europaauftakt in Monza zu und verpassten damit einige Gelegenheiten, wichtige Punkte zu holen - und diese fehlten in der Endabrechnung: Poulsen erreichte mit 117 Zählern den dritten Platz hinter Hernández und Engstler.

Der 31-Jährige profitierte allerdings zuweilen von der Gewichtseinstufung seines BMW 320si nach alter Ausbaustufe, wonach Poulsen leichter unterwegs war als die direkte Konkurrenz. Dennoch erbrachte der Privatier eine beeindruckende Leistung, holte er doch ab Brünn stets WM-Punkte - beim Deutschland-Event in Oschersleben brachte es Poulsen sogar auf eine zweistellige Zählerausbeute.

Darryl O'Young (Bamboo)

Darryl O'Young

Darryl O'Young konnte in Macao nicht auf die Mithilfe von Fortuna zählen... Zoom

Für O'Young nahm die Saison hingegen ein unbefriedigendes Ende. Der chinesische Rennfahrer war mit Titelchancen nach Macao gereist, musste seine Hoffnungen aber nach zwei Unfällen in zwei Läufen endgültig begraben. Der Chevrolet-Pilot hat aber mehr als nur eine Kostprobe seines Könnens abgegeben, schließlich legte O'Young im Verlauf dieser Saison eine starke Entwicklung an den Tag.

Von seinem ersten Renneinsatz in einem Tourenwagen beim Jahresauftakt bis hin zu seinen Siegen in Portugal, Tschechien und Japan fuhr der 30-Jährige meist kontrolliert schnell und zuverlässig - nur in Großbritannien und Macao lief es nicht für die Bamboo-Mannschaft. 104 Punkte und der vierte Platz in der Privatierwertung sind angesichts des WTCC-Debüts 2010 aber trotzdem aller Ehren wert.

Mehdi Bennani (Wiechers)

Mehdi Bennani

Mehdi Bennani verschenkte hin und wieder einen Punkt im WTCC-Kiesbett Zoom

Auch die Leistung von Bennani kann sich sehen lassen. Gemeinsam mit dem Wiechers-Team absolvierte der marokkanische Rennfahrer 2010 seine erste komplette Saison in der WTCC. Dass die Geschwindigkeit da war, um Erfolge zu erzielen, stellte der 27-Jährige immer wieder unter Beweis - nur mangelte es Bennani des Öfteren an der nötigen Konstanz und mitunter auch an Sicherheit.

Bei 91 Zählern konnte der Afrikaner zwar nie ernsthaft in den Titelkampf eingreifen, hatte aber bis zuletzt intakte Chancen auf eine Top-3-Platzierung. Und das aus seiner Sicht wichtigste Rennen des Jahres endete ebenfalls überaus erfolgreich: Bennani holte ausgerechnet bei seinem Heimevent in Marrakesch seinen einzigen Klassensieg 2010. Entsprechend groß war die Freude bei den Fans.

Stefano D'Aste (Proteam)

Stefano D'Aste

Immer für eine (meist positive) Überraschung gut: Stefano D'Aste Zoom

Bei D'Aste war indes die Luft raus - zumindest im letzten Viertel der Saison. Ein unglücklicher Crash mit Teamkollege Hernández läutete in Valencia ein, was schließlich in der Nicht-Teilnahme in Macao mündete: D'Aste brach seine WTCC-Saison vorzeitig ab und verschenkte so eine bessere Platzierung in der Gesamtwertung der Privatiers. Unterm Strich holte der Italiener 88 Punkte und Rang sechs.

Zunächst hatte es allerdings so ausgesehen, als würde er sich gemeinsam mit Hernández einen engen Kampf um den Titel liefern, doch bei "nur" einem Saisonsieg und dem Pech in der so wichtigen Schlussphase des Jahres war nicht mehr drin für den Ex-Champion. D'Aste frönte statt dem Roulette in Macao viel lieber der Monza-Rallye, war 2010 aber trotz allem eine Bereicherung für die WTCC.

Colin Turkington (WSR)

Colin Turkington

Colin Turkington mischte die Privatiers auf - und war bald selbst keiner mehr... Zoom

Die Rolle des tragischen Helden übernahm in diesem Jahr aber eher Turkington, der als amtierender BTCC-Titelträger lange kein Cockpit gefunden hatte. Schon bei seinem zweiten WTCC-Auftritt 2010 in Brands Hatch fuhr der 28-Jährige aber auf das Podium, was er in Brünn wiederholte - dann allerdings bereits nicht mehr als Privatfahrer, denn die Verantwortlichen entzogen ihm diesen Fahrerstatus.

Turkington erlitt damit ein Schicksal, das Tom Coronel zur Genüge kennt: Als offensichtlicher Privatier durfte Turkington fortan nur noch um WM-Punkte kämpfen. Auch der Nordire machte sich den Vorteil des "alten" BMW 320si zunutze und sorgte ein ums andere Mal für Furore. In der Nacht zum Rennsonntag von Tschechien war aber Schluss - mit 73 Zählern belegte Turkington den siebten Platz.

...und viele weitere Privatfahrer

Stellvertretend für die vielen weiteren Privatfahrer der WTCC seien noch die Geschichten von Harry Vaulkhard (Bamboo) und Yukinori Taniguchi (Bamboo) erzählt: Ersterer musste aus Budgetgründen nach der Sommerpause aufhören, Letzterer übernahm daraufhin sein Chevrolet-Cockpit. Beide holten jeweils einen Sieg und zeigten Leistungen, die einen kompletten Saisoneinsatz verdient hätten...¿pbvin|0|3365|wtcc|0|1pb¿

Der WTCC-Saisonrückblick 2010:

01. Das erste Saisondrittel
02. Das zweite Saisondrittel
03. Das dritte Saisondrittel
04. Heute: Die Privatierwertung
05. Die Rookiewertung
06. Fakten und Zahlen zur Saison
07. Team Wiechers
08. Team Engstler
09. BMW
10. SEAT
11. Chevrolet
12. Yvan Muller

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