Williams: Head analysiert den Saisonstart
Patrick Head analysiert die ersten Rennen der Saison und geht dabei auf die verschiedenen Teams ein - Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer?
(Motorsport-Total.com) - Williams-Urgestein Patrick Head reflektiert über die ersten Grand Prix der Formel-1-Saison 2011 und versucht ein Kräfteverhältnis herauszulesen. Er macht sich dabei über alle Teams seine Gedanken und vergleicht die Eindrücke mit denen von den Testfahrten im Winter. Dabei geht er insbesondere auf seinen Rennstall Williams ein, wo er Chefingenieur ist.
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Patrick Head ist mit dem Saisonauftakt bei Williams nicht zufrieden
Erst beim Saisonauftakt in Melbourne war für jeden Rennstall nach Umsetzung der Regeln und Konstruktion des neuen Boliden ersichtlich, wo man im Vergleich zur Konkurrenz steht. "Während einer Saison kann man alle zwei Wochen zwischen den Teams Vergleiche anstellen, aber für vier Monate fehlt dieser Vergleichswert", beschreibt Head die Situation im Winter. "Jedes Team arbeitet so hart und effektiv wie nur möglich, um die neuen Regeln umzusetzen und bei jedem Teil an Performance zuzulegen. Aber in dieser Zeit hat man keine oder nur wenig Ahnung, wie man im Vergleich dasteht."
Head ist ebenfalls der Meinung, dass Red Bull den besten Job über den Winter gemacht hat. "Man hat beim Betrachten der gegnerischen Fahrzeuge und bei den Testfahrten im Februar einige Vorstellungen darüber, wo man im Vergleich zur Konkurrenz steht, aber die wahre Rangordnung stellt sich erst in den ersten Rennen dar", erkennt Head. "Man benötigt kein Wissen von Raketentechnologie um zu verstehen, dass Sebastian Vettel und der Red Bull RB7 überragend sind. Red Bull hat den Übergang von 2010 ins Jahr 2011 nahtlos geschafft und es wird interessant sein, wie groß der Abstand zwischen den Red Bull und den Verfolgern zu den Europa-Rennen ist."
"McLaren sind die ersten Verfolger - eine Überraschung nach den schlechten Testfahrten -, aber sie haben außergewöhnliche Kapazitäten, um auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Daher sollte man sie nie abschreiben. Enttäuschend war nach einer starken Vorbereitung Ferrari, die aber in Malaysia ein wenig näher an der Spitze waren. Das Auto ist zuverlässig und Fernando Alonso ist beeindruckend, jedoch habe ich mehr erwartet."
Sauber stärker als erwartet
Nicht nur die Top-Teams bewertet Head, sondern auch die direkten Konkurrenten des Williams-Teams, die um die Mittelfeldplätze kämpfen. "Sauber sah stark gerüstet aus, abgesehen von der Disqualifikation in Melbourne sollten sie eine starke Saison haben. Witali Petrow war in Australien herausragend. Er verbesserte sich über die Saison 2010 hindurch und hat sich nun beim Team verdient gemacht, obgleich seines spektakulären Fehlers in Malaysia."
"Perez hatte einen starken ersten Grand Prix und überraschte viele mit einer Ein-Stopp-Strategie. Mercedes konnte den starken Eindruck nicht bestätigen, den sie nach dem letzten Test hinterlassen hatten, aber ich denke, dass sie zurückkommen werden." Auch das eigene Williams-Team ist hinter Heads Erwartungen zurückgeblieben. "Was Williams betrifft, hatten wir uns mehr versprochen, als wir an Punkten eingefahren haben, was für die Leute, die stetig an den neuen Autos gearbeitet haben, schrecklich ist."
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Williams hatte bei den Testfahrten im Winter große Probleme mit KERS Zoom
Die Fahrer machten bei Williams ebenfalls nicht immer eine gute Figur. "Rubens machte einige Fehler in Melbourne, wobei ich sicher bin, dass er diese nicht wiederholt. Im Rennen erlitten wir einen technischen Defekt an der Antriebswelle, was vor der Saison noch nie aufgetreten war", betont der Brite. "In Malaysia war unsere Pace nicht gut und dann versagte eine Zündspule an Pastor Maldonados Motor, während Rubens eine ganze Runde mit einem Reifenschaden hinten links fahren musste. Dabei wurde zu viel Energie an das Differenzial abgegeben, das eine Hydraulikdichtung beschädigte. Das gesamte Hydrauliköl floss somit in das Getriebe."
Baustelle KERS bei Williams
Aber auch beim Testen lief es für den Hersteller aus Grove schon nicht nach Plan. "Einen Großteil der Testzeit mussten wir uns der Probleme unseres eigenen KER-Systems annehmen. Ich denke, wir waren das einzige Team, das ein eigens konstruiertes und zuverlässiges KERS hatte, wie man bei den Überholmanövern von Rubens in Melbourne sehen konnte", beschreibt Head die Vorteile des eigenen KER-Systems. "Wir wurden von den neuen Pirelli-Reifen positiv überrascht. Der Verschleiß ist zwar hoch, aber das Fallen der Rundenzeiten ist nicht so schlimm wie bei den Tests, speziell in Barcelona."
Beim Rennen in Malaysia wurden die Reifen jedoch auf eine neue Härteprobe gestellt. "Der heiße Asphalt und die schnellen Kurven war sehr fordernd für die Reifen in Malaysia, sodass einige Teams vier Stopps für frische Reifen machten", bewertet Head die kuriose Situation. "Es wird interessant zu sehen sein, welchen Stellenwert KERS während der Saison bei den Teams einnehmen wird, da es das Budget erheblich belastet. Als Ingenieur ist es eine hochinteressante Technik, die für den Straßenverkehr wichtig ist, aber ob sie ihre Berechtigung im Rennsport besitzt, ist fraglich."
Obwohl Head davon überzeugt ist, dass Williams auch ohne ihn bald wieder ein Top-Team werden kann, sieht er bei den aktuellen Problemen Handlungsbedarf. "Ohne überheblich zu sein, denke ich, dass wir bei Williams in jeder Abteilung gute Leute haben, sodass ich gezweifelt habe, dass ich etwas dazu beitragen könnte. Aber die Zuverlässigkeitsprobleme sind Dinge, die wir nicht haben sollten und ich vermute, dass ich dazu beitragen kann, den Ingenieuren und Technikern zu helfen, die Probleme in unserer Firma zu beseitigen. Aus diesem Grund werde ich dieses Jahr seltener an der Strecke sein, da ich stärker in die Entwicklung eingebunden werde."