• 01.06.2011 16:42

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Nach Börsengang: Für Head ändert sich nichts

Das Williams-IPO hat Patrick Head mehr als 50 Millionen Euro eingebracht, trotzdem fährt er weiterhin mit Roller und Bahn in die Arbeit

(Motorsport-Total.com) - Rund 50 Millionen Euro hat Patrick Head im Zuge des Börsengangs Anfang März verdient, indem er sich von 21,2 Prozent der Anteile am von ihm mitgegründeten Rennstall trennte. Für den 64-Jährigen war das die Fortsetzung seines stufenweisen Rückzugs, der bereits 2004 mit dem Rücktritt als Technischer Direktor (Nachfolger: Sam Michael) begonnen hatte.

Titel-Bild zur News: Patrick Head

Patrick Head ist dieses Jahr nur noch selten an der Rennstrecke

"Ich bin fast 65 Jahre alt. Das schien mir ein guter Zeitpunkt zu sein, ein bisschen Wert aus meinen Aktien abzuschöpfen", erklärt Head. "Das war meine Motivation. Man weiß ja, dass es für einen Minderheitsteilhaber nicht einfach ist." Die Umstrukturierung von Williams bedeutet für ihn den Beginn einer neuen Ära: "Ich habe mit meinem Geld nichts Besonderes vor", sagt er zwar, "aber es ist eine Veränderung, das stimmt schon."

Head bleibt bescheiden

"Ich werde immer noch auf meinen Roller steigen, nach Paddington fahren und dort unglaublich früh in den Zug steigen. Es ist nicht so, dass ich nicht mehr drei Tage die Woche arbeiten werde, aber unweigerlich vergeht die Zeit", so Head. "Frank und ich haben früher gedacht, dass das für uns nicht gilt, aber dem entkommt niemand. Ich bin ein ziemlich fitter 64-Jähriger und ich gehe davon aus, dass ich mich noch ein paar Jahre lang einbringen kann."

Allerdings vermehrt in der Fabrik in Grove und abseits der Formel 1, dafür weniger an der Rennstrecke. 2011 plant er den Besuch von "sechs bis acht" Rennen, "aber ich mag es nicht, nur als Zuschauer bei einem Grand Prix zu sein. Solange ich etwas zu tun habe, komme ich gerne." Insgesamt werde er weniger hart arbeiten als in den vergangenen Jahren: "Ich werde in den Formel-1-Aktivitäten weniger, in den anderen Aktivitäten dafür mehr präsent sein."

¿pbvin|512|3738||0|1pb¿Für das Team sei seine reduzierte Vor-Ort-Präsenz kein Problem: "Normalerweise bin ich bei der Hälfte der Grands Prix - bei den ersten drei oder vier, denn da können unerwartete technische Probleme auftreten. Da kann ich mit meiner jahrelangen Erfahrung manchmal helfen. Am Saisonende ist es dann so, dass Frank nicht gerne zu den weit entfernten Grands Prix fliegt, also bin ich dort sozusagen sein Stellvertreter als Vor-Ort-Teamchef", erläutert Head.

Einen Zusammenhang zwischen seiner Hofübergabe an Michael in der Technikabteilung, der reduzierten Vor-Ort-Präsenz und den derzeit schlechten Williams-Ergebnissen sieht der Brite nicht: "Die Performance des Autos wird durch die Fabrik vorgegeben. Die Leute, die zu den Rennen fliegen, können nur entweder das Potenzial entfalten oder es vermurksen. Meine Arbeit spielt sich schon seit einiger Zeit hauptsächlich in der Fabrik ab."

Nur noch die Nummer drei

Head hält derzeit noch 5,8 Prozent Anteile an Williams und ist damit nach Frank Williams und Toto Wolff nur noch drittgrößter Einzelpersonen-Aktionär. Eigentlich war nicht geplant, im Zuge des Börsengangs so viele Aktien zu verkaufen, aber: "Als die ersten Zahlen da waren, ging ich auf eine sehr kleine Zahl runter. Ich habe gesagt: 'Wenn das das Angebot ist, dann verkaufe ich lieber die meisten Anteile.'"

Frank Williams und Patrick Head

Frank Williams und Patrick Head haben ihr Team 1977 gegründet Zoom

Im Nachhinein betrachtet - zumindest nach aktuellem Stand der Dinge - eine gute Entscheidung, denn jene 21,2 Prozent, für die er im März noch 53 Millionen Euro bekommen hat, wären laut Aktienkurs an der Börse Frankfurt inzwischen nur noch 38 Millionen Euro wert. "Ohne Christian Wolff", philosophiert Head vor sich hin, "wäre es nicht zum Börsengang gekommen. Er hatte das IPO von Anfang an vor. Frank und ich hätten das selbst nicht gemacht."

Übrigens: Während Head langsam damit beginnt, sein Leben ruhiger anzugehen, hält sein Langzeit-Partner Williams weiterhin eine Mehrheit am Team. "Ich habe die meiste Zeit meines Lebens in der Formel 1 verbracht, aber für Frank ist das sein Ein und Alles", so Head. "Er wird so lange weitermachen, wie er das Gefühl hat, bei Williams einen nützlichen Beitrag leisten zu können. Ich bin mir sicher, dass das noch einige Jahre der Fall sein wird."