Wie ungeliebte Triple-Header zum festen Bestandteil des F1-Kalenders wurden
Nach einem Triple-Header reist die Formel 1 nach Miami, zu einem mittlerweile ungewöhnlichen Einzelrennen - Doch wie kam es eigentlich dazu?
(Motorsport-Total.com) - Der bevorstehende Grand Prix von Miami wird das erste Formel-1-Rennen seit dem Kanada-Grand-Prix am 9. Juni 2024 sein, das nicht Teil eines Double- oder Triple-Headers ist - eine Folge der schrittweisen Kalenderausweitung.

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Vor allem für die Formel-1-Crews bedeuten Triple-Header eine hohe Belastung Zoom
In den 80er- und 90er-Jahren fanden im Schnitt 16 Rennen pro Saison statt, inzwischen sind es 24 - das Ergebnis eines allmählichen Wachstums über die vergangenen zwei Jahrzehnte.
Bis 2003 wurden Grands Prix im Zwei-Wochen-Rhythmus ausgetragen, Double-Header - also Back-to-Back-Rennen - waren eine absolute Ausnahme. Erst in den folgenden Jahren wurden aufeinanderfolgende Rennen zunehmend zur Regel.
2018 markierte in dieser Hinsicht einen Meilenstein: Zum ersten Mal gab es einen Triple-Header mit Le Castellet, dem Red Bull Ring und Silverstone an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden. Dieser Kalender war der erste, der unter den neuen Eigentümern Liberty Media konzipiert und im Juni 2017 bekannt gegeben wurde.
Damals wurde der Triple-Header mit großer Sorge betrachtet. "Ein Formel-1-Auto hat eine Lebensdauer für jedes einzelne Bauteil, und einige dieser Teile schaffen keine drei Grands Prix in Folge", sagte der damalige Toro-Rosso-Teammanager Graham Watson gegenüber Motorsport.com, einer Schwesterseite von Motorsport-Total.com.
Belastung für F1-Mitarbeiter steigt stetig
Die Hauptsorge galt jedoch den menschlichen Ressourcen. "Mental und physisch ist das extrem anstrengend - mehr, als man denkt", betonte Watson. Ähnlich äußerten sich auch viele andere Teamverantwortliche. Die Fahrer selbst hatten damit kein großes Problem - einige genossen es sogar -, waren sich aber bewusst, wie belastend die Situation für das Team war, insbesondere für die Mechaniker.
"Für uns Fahrer geht's, aber für den Rest der Crew ist es unglaublich - was diese Leute leisten, die Mechaniker, das Catering, ist Wahnsinn", betonte Sergio Perez (Force India).
Der Triple-Header verlief ohne nennenswerte Vorfälle. Die Sieger: Lewis Hamilton in Frankreich, Max Verstappen in Österreich, Sebastian Vettel in Großbritannien.
"Für uns Fahrer ist das wahrscheinlich nicht so schlimm", sagte Nico Hülkenberg (Renault). "Aber viele Teammitglieder sind total fertig. Für uns ist es bequemer - wir arbeiten nicht jeden Tag wie viele aus dem Team. Für die sind das drei Wochen ohne Pause."
Im Paddock von Silverstone war man sich einig: Auf Triple-Header sollte künftig möglichst verzichtet werden. "Soweit ich weiß, wird es im nächsten Jahr wahrscheinlich keinen Triple-Header mehr geben", sagte McLaren-CEO Zak Brown. "Ich glaube, die meisten Teams - wenn nicht sogar alle - würden das nicht bevorzugen."
"Die Formel 1 ist ziemlich gut darin, logistische und technische Herausforderungen zu meistern - das ist unsere Stärke. Aber das hat seinen Preis, finanziell und menschlich", gab Haas-Teamchef Günther Steiner zu bedenken. "Wir können alles machen - vier oder fünf Rennen hintereinander - aber wollen wir das wirklich? Lohnt es sich?"
"Das Wichtigste sind die Menschen", ergänzte Claire Williams. "Sie leisten Unglaubliches. Wenn sie nicht nach Hause können, ist das hart - für sie und ihre Familien. Vielleicht haben wir gelernt, dass das für alle Beteiligten ziemlich hart ist."
Die Einsicht währte nur kurz, dann kam Corona
Der Kalender 2019 mit 21 Rennen enthielt deshalb lediglich fünf Double-Header. Der damalige Formel-1-Sportdirektor Steve Nielsen betonte, dass die Aufnahme eines Triple-Headers in den Kalender "nichts ist, was wir auf die leichte Schulter nehmen" und auf dem Kernkontinent der Weltmeisterschaft keine Option sei.
"In Europa haben wir große Hospitality-Einheiten", erklärte Nielsen. "Die sind einzigartig, aber der Auf- und Abbau ist extrem zeit- und personalintensiv. Wenn wir also so etwas wie einen Triple-Header machen würden, dann eher bei Überseerennen."
Der ursprüngliche 2020er-Kalender enthielt 22 Grands Prix - Rekord - darunter sieben Doppel-Header. Nur acht Rennen waren Einzelveranstaltungen. Doch die Corona-Pandemie stellte alles auf den Kopf und verzögerte den Saisonstart bis Juli.
Am Ende bestand die Saison 2020 aus 17 Rennen in gut fünf Monaten - mit drei Triple-Headern, Einzelrennen in Sotschi und am Nürburgring, einem Double-Header, einem Einzelrennen in der Türkei und einem abschließenden Triple-Header.
"In diesem Jahr müssen wir das einfach durchziehen - das sind besondere Umstände", sagte Andreas Seidl, damals McLaren-Teamchef. "Aber das darf nicht der neue Standard werden."
Doch genau das passierte: 2021 gab es zwei Triple-Header, 2022 einen, 2023 wieder einen, und die Saison 2024 mit ihren rekordverdächtigen 24 Rennen enthielt gleich drei Triple-Header - mit teils extremen Reisestrapazen: Spanien - Österreich - Großbritannien, USA - Mexiko - Brasilien, Las Vegas - Katar - Abu Dhabi.
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2025 sieht ähnlich aus: Nach Japan - Bahrain - Saudi-Arabien folgen mit Italien - Monaco - Spanien sowie erneut Las Vegas - Katar - Abu Dhabi zwei weitere Triple-Header.
Wie konnte das passieren, wo man sich im Fahrerlager doch lange gegen solche Belastungen gesträubt hatte? Die Situation erinnert an die Diskussionen um die Anzahl der Rennen. 2017 sagte Fernando Alonso, er würde aufhören, wenn es jemals 25 Rennen gäbe. Lewis Hamilton meinte 2018: "Wenn es 25 Rennen gibt, bin ich ganz sicher nicht mehr dabei." Diese Haltung war in den 2010ern weit verbreitet.
Heute stehen wir bei 24 - und beide fahren immer noch. Die Wahrheit ist: Menschen gewöhnen sich an alles - solange es schrittweise passiert. Vor 20 Jahren galten 20 Rennen als das absolute Maximum. Doch das "Overton-Fenster", also der Rahmen dessen, was als akzeptabel angesehen wird, verschiebt sich immer weiter.
Das bedeutet nicht, dass Triple-Header gut sind - aber auch nicht, dass sie grundsätzlich schlecht sind. Doch solange es keine lauten Proteste gibt und die Formel 1 finanziell davon profitiert, bleiben Triple-Header ein fester Bestandteil des Kalenders.


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