Saudi-Arabien: Welchen Konkurrent Red Bull im Rennen am meisten fürchtet
Wie stehen die einzelnen Chancen der Formel-1-Teams beim Rennen in Saudi-Arabien? Das sagen die Daten des Wochenendes in Dschidda
(Motorsport-Total.com) - Max Verstappen geht als absoluter Topfavorit in das zweite Rennen der Formel-1-Saison 2024, doch der Jeddah Corniche Circuit hat in der Vergangenheit gezeigt, dass spektakuläre Rennen in Saudi-Arabien im Bereich des Möglichen sind. Mit einer Safety-Car-Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent - bei zugegebenermaßen bisher nur drei Veranstaltungen -, sind zudem die Strategen gefragt, schnell auf Änderungen reagieren zu können.
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Ruhe vor dem Sturm in der Boxengasse in Saudi-Arabien Zoom
Verstappen hat nicht nur den Vorteil, von der Poleposition zu starten, sondern der Niederländer legte im zweiten Freien Training am Donnerstag auch den schnellsten Longrun aller Piloten hin und hatte dabei einen Vorsprung von durchschnittlich mehr als zweieinhalb Zehntel pro Runde auf seinen ersten Verfolger - George Russell im Mercedes.
Sein erster Konkurrent am Start wird jedoch Charles Leclerc von Platz zwei sein, den Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko auf der Rechnung hat: "Ich nehme immer noch Leclerc als unseren stärksten Gegner", so der Österreicher auf die Frage nach Verstappens größten Rivalen in Saudi-Arabien.
"Im Longrun war Russell auch ganz gut, aber der hat glaube ich einen Fehler gehabt, der startet weiter hinten. Überholen ist schwer, es ist eine Einstoppstrategie unter normalen Umständen, das heißt der Start ist ganz entscheidend, und dann mehr oder weniger nach Hause bringen."
Leclerc optimistisch: Kann Ferrari mit Verstappen kämpfen?
In den Longruns am Donnerstag war Mercedes (+0.26) zwar leicht schneller als Ferrari (+0.43), doch die Scuderia scheint wie schon in Bahrain am Trainingstag mit wenig Motorleistung unterwegs gewesen zu sein. Im Schnitt fehlten sieben km/h auf Red Bull und Mercedes auf der Geraden in Richtung der letzten Kurve, was für den Ferrari nicht typisch ist.
Dafür war das Reifenmanagement am SF-24 erneut sehr beeindruckend, obwohl der Verschleiß in Dschidda aufgrund des glatten Asphalts keine große Rolle spielen wird. Leclerc macht sich daher Hoffnungen auf eine Außenseiterchance gegen Red Bull: "Ich denke, dass das Auto in den Rennen besser läuft."
"Ich bin immer optimistisch, also werden wir unser Bestes geben. Aber wir wissen, dass sie normalerweise die Oberhand haben und im Rennen etwas mehr Tempo haben als im Qualifying. Und wenn man sich die Abstände [im Qualifying] ansieht, wird es schwierig, morgen an die Spitze zu kommen. Aber ich werde wie immer alles geben."
Keine Pace: Wird Alonso wieder durchgereicht?
Hinter den Top-3-Fahrern Verstappen, Leclerc und Sergio Perez dürfte es zu einem munteren Kampf zwischen Fernando Alonso, den McLarens und den beiden Mercedes' kommen. In den Longruns machte Mercedes dabei den besten Eindruck, Alonso im Aston Martin dafür einen ziemlich schwachen. Wie in Bahrain ist zu erwarten, dass der AMR24 die Pace der anderen Topteams nicht mitgehen kann.
"Ich meine, in Bahrain waren wir im Vergleich zur Longrun-Pace über eine Runde definitiv schneller", weiß auch Alonso. "Hier scheinen wir [am Donnerstag] auf neuen Reifen ebenfalls schneller gewesen zu sein als auf der Longrun-Pace. Es gibt also einen Trend."
"Es scheint, dass wir in diesem Jahr auf den Longruns mit der Rennpace zu kämpfen haben. Deshalb haben wir am Auto ein paar Änderungen am Set-up vorgenommen. Die Antwort darauf werden wir [Samstag] haben. Aber wir hoffen, dass wir ein stärkeres Rennen als in Bahrain haben werden."
Auffällig war bei Aston Martin am Donnerstag nicht nur eine schwache Longrun-Pace (+0,86), sondern auch ein sehr hoher und für Dschidda untypischer Reifenverschleiß. Um ganze 0,141 Sekunden pro Runde bauten die Reifen am AMR24 ab. Im Vergleich dazu: Ferrari hatte einen Reifenverschleiß von gerade einmal 0,020 Sekunden pro Runde.
Dahinter im Mittelfeld hat Yuki Tsunoda von Racing Bulls mit Startplatz neun auf dem Papier die besten Karten, doch in den Rennsimulationen am Donnerstag war Williams mit Alexander Albon die sechste Kraft im Feld. Klar ist jedenfalls: Wenn die Fahrer der Top-5-Teams nicht ausscheiden, werden Punkte für die kleineren Team sehr schwierig.
Reifenstrategie: Was am harten Reifen riskant ist
Was die Rennstrategie angeht, so dürften die meisten Fahrer wie bereits in den Vorjahren die Strategie Medium-Hard fahren wollen. Der weiche C4-Reifen performt in Dschidda historisch bedingt nicht gut, doch es ist zu erwarten, dass der ein oder andere auf dem Soft starten wird. Eine Zweistoppstrategie ist laut der Hochrechnung der Longrun-Daten um etwa zwölf Sekunden langsamer und wird damit nur bei günstigen Safety-Car-Phasen eine Rolle spielen.
Da der Reifenverschleiß so gering ist, was zu einer klaren Einstoppstrategie führt, besteht ein großes Risiko, auf den harten C2-Reifen zu starten. Ein frühes Safety-Car, so wie es in allen drei Rennen in Saudi-Arabien bisher der Fall war, würde die Hard-Starter dazu zwingen, einen langen zweiten Stint auf dem Medium zu fahren, während die Medium- und Soft-Starter problemlos auf den harten Reifen wechseln und durchfahren können.
Im Vorjahr hat es Lewis Hamilton geschafft, dieses Problem halbwegs zu umschiffen. Nach dem Start auf den harten Reifen konnte er 32 Runden auf dem Medium absolvieren, nachdem das Safety-Car in Runde 18 aktiviert wurde.
In Saudi-Arabien endlich ein Überholspektakel?
Trotz der hohen Geschwindigkeiten und gleich drei DRS-Zonen sind große Überholspektakel in Dschidda bisher ausgeblieben. Mit durchschnittlich 31,7 Überholmanövern pro Rennen liegt Saudi-Arabien am unteren Ende des Formel-1-Kalenders. Nur in Monaco, Imola, Australien, Großbritannien und Ungarn ist das Überholen statistisch schwerer.
Das Rennen in Saudi-Arabien kann man im Übrigen auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de mitverfolgen, wo Moderator Kevin Scheuren und Datenexperte Kevin Hermann zur Watchparty mit Formel-1-Fans einladen. TV-Bilder werden aus rechtlichen Gründen nicht gezeigt, dafür gibt es messerscharfe Analysen und Strategiehochrechnungen mit der Strategiesoftware OneTiming von PACETEQ sowie die Möglichkeit, Fragen im Livechat zu stellen.
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