• 23.11.2013 21:46

  • von Stefan Ziegler

Pirelli und der Regen: Die Strategie ist Glückssache...

Einen Rat für die Reifenstrategie beim letzten Formel-1-Saisonrennen kann Pirelli den Teams nicht geben, weil es in Brasilien zu viele Unwägbarkeiten gibt

(Motorsport-Total.com) - Wie viele Boxenstopps werden es denn dieses Mal? Das ist eine Frage, auf die Paul Hembery meist eine sehr fundierte Antwort liefern kann. Doch nach dem Qualifying zum Großen Preis von Brasilien kann auch der Motorsport-Direktor von Formel-1-Lieferant Pirelli nur mit den Schultern zucken. Zu wechselhaft ist das Wetter in Sao Paulo, als dass man eine zutreffende Prognose abgeben könnte.

Titel-Bild zur News: Heikki Kovalainen, Adrian Sutil, Nico Rosberg

Pirelli-Reifen mit Profil waren im Qualifying von Brasilien die einzige richtige Wahl Zoom

Genau wie in der Qualifikation. "Da mussten die Fahrer und ihre Teams mit einer ganzen Reihe an Unwägbarkeiten auskommen", erklärt Hembery. "Immerhin hatten sie aufgrund der ebenfalls auf nassem Asphalt ausgetragenen Trainings aber relevante Daten an der Hand. Der Schlüssel zu einer starken Leistung lag darin, die Reifen in das richtige Temperaturfenster zu bekommen", so der Brite.

Entscheidend sei auch das Timing der schnellen Runden gewesen sowie natürlich, zur richtigen Zeit mit den richtigen Reifen auf der Strecke zu sein. Und so sahen die drei einzelnen Abschnitte in der verregneten Qualifikation gleich drei unterschiedliche Spitzenreiter. In Q1 fuhr Lewis Hamilton (Mercedes) in 1:25.342 Minuten nach vorn, in Q2 erzielte Romain Grosjean (Lotus) in 1:26.161 Minuten die Bestzeit.

Rätselraten: Was macht das Wetter?

Den Schlusspunkt in Q3 setzte Sebastian Vettel (Red Bull) in 1:26.479 Minuten, also kurioserweise der langsamsten aller Qualifying-Bestzeiten an diesem Nachmittag. Was aber auf die wechselhaften Bedingungen in Interlagos zurückzuführen ist: Mal regnete es, mal nicht, dann wieder, noch stärker. Erschwerend hinzu kommt in Sao Paulo laut Hembery: "Die Strecke hier trocknet tendenziell rasch ab."


Fotostrecke: Formcheck: GP Brasilien

"Das bedeutet, es bestand im Qualifying die Möglichkeit, dass es am Ende einer Session wieder schneller gehen würde. Gleichzeitig mussten die Teams aber auch darauf gefasst sein, dass sich die Bedingungen noch einmal verschlechtern konnten", meint der Pirelli-Reifenchef. Immerhin: Dank ebenfalls verregneter Trainings am Freitag hatte sich die Formel 1 schon an die Regenreifen gewöhnt.

Was wiederum zum Problem werden könnte, sollte es am Sonntag trocken sein. Hembery erklärt: "Die Rennställe haben zwar schon Daten zum Wechsel-Zeitpunkt von Regenreifen auf Intermediates gesammelt. Sie verfügen bisher aber über keine Informationen darüber, wann von Intermediates auf Trockenreifen gewechselt werden kann. Das könnte aber im Rennen am Sonntag sehr wichtig werden."

Kein heißer Tipp für die Rennstrategie

"Es ist wahrscheinlich, dass es dann wechselhafte Bedingungen gibt", meint Hembery. Und was, wenn es komplett trocken bleibt? "Dann operieren die Teams mit geringen Daten. Bisher gab es schließlich kaum die Chance, mit Slicks zu fahren." Und weil die Qualifikation im Nassen gefahren wurde, hätten alle Beteiligten freie Reifenwahl - und durch die Bank bisher unbenutzte Reifensätze.

Wie gut sich die Pirelli-Pneus der Sorten Hard und Medium dann schlagen, kann niemand absehen. Die Formel-1-Reifenlieferanten erwarten für den Fall eines Trockenrennens "zwei bis drei" Stopps, also das inzwischen übliche Szenario, ohne Genaueres vorhersagen zu können. Ein Boxenstopp-Fenster für ein Rennen auf trockener Strecke? Fehlanzeige! Da ist am Sonntag also Intuition gefragt.

Und im Nassen? Wenigstens da könnten sich die Teams auf Erfahrungswerte stützen. "Dabei dürfte der Verschleiß von Intermediates und Regenreifen kein Problem darstellen", sagt Hembery. "Die Strategie an sich hängt aber natürlich vom Wetter ab. Und da ist im Augenblick alles weit offen. Wer die wechselhaften Bedingungen im Rennen am besten liest, hat gute Chancen, am Ende vorn zu sein."