Mike Krack: Sportkommissare behandeln Aston Martin besonders hart
Warum Aston-Martin-Teamchef Krack das Vorgehen der Formel-1-Sportkommissare kritisiert und weshalb Ralf Schumacher diese Kritik "nicht ernst nehmen" kann
(Motorsport-Total.com) - In der inoffiziellen "Sünderkartei" der Formel 1 ist Aston Martin ganz vorne mit dabei: Lance Stroll und Fernando Alonso liegen mit sieben beziehungsweise sechs Strafpunkten aus den zurückliegenden zwölf Monaten beide unter den "Top 5". Und das ist laut Aston-Martin-Teamchef Mike Krack keine Überraschung.
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Aston-Martin-Teamchef Mike Krack im Porträt 2024 Zoom
Nach dem China-Grand-Prix 2024 in Schanghai sagte Krack: "Die Sportkommissare waren in letzter Zeit hart zu Fernando und Lance, auch am vergangenen Wochenende." Denn am Samstag erhielt Alonso eine Strafe für eine Berührung mit einem Konkurrenten, am Sonntag gab es ebenfalls eine Kollisionsstrafe gegen Strollnach dem Unfall mit Daniel Ricciardo. Vor allem das bezeichnet Krack als "sehr hart".
Der Teamchef wirbt um Verständnis für seinen Fahrer: "Unterm Strich war es eine Kettenreaktion, die etwas weiter vorne angefangen hat." Und genau das wirft er den Sportkommissaren vor: fehlenden Weitblick.
Denn Krack sagt weiter: "Es wäre schön, wenn man sich das etwas mehr im Detail angesehen hätte. Wir wollten das so besprechen, aber man kam rasch mit dem Urteil um die Ecke, dass Lance die Schuld trägt."
Was Krack an dieser Stelle nicht sagt, aber womit ihn die Journalisten vor Ort in Schanghai konfrontieren: Der eigentliche Auslöser der Unfallszene zwischen Ricciardo und Stroll war vermutlich Strolls Teamkollege Alonso, der als erster Fahrer im Pulk einen Verbremser vor der Haarnadelkurve hinlegte und so den "Ziehharmonika-Effekt" auslöste.
Krack meint: "Das hat alle ein bisschen auf dem falschen Fuß erwischt, glaube ich. Und wir waren schon happy, in dieser Szene nicht beide Autos zu verlieren."
Schumacher: Krack sagt nur, was Stroll ihn sagen lässt
Formel-1-Experte Ralf Schumacher aber will diese Äußerungen so nicht stehen lassen. Im Gespräch mit Motorsport-Total.com kritisiert Schumacher vor allem, wie Krack immer wieder versucht, Strolls Fehler schönzureden. Auch in diesem Fall.
"Das kann man nicht wirklich ernst nehmen, weil das Team steht und fällt mit Lance Stroll", erklärt der frühere Formel-1-Fahrer. "Vater Lawrence gibt da vor, wie das gesagt wird. Ich glaube, wer Mike Krack bei uns im Interview sieht, der weiß ganz genau, in welcher Situation er ist, was das betrifft."
Dass Krack zu seinen Fahrern stehe, das sei "gar nicht mal so schlimm". Stroll sei auch "nicht der erste oder der letzte Fahrer, dem sowas passiert", sagt Schumacher.
"Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Ich selbst hätte mich im Grunde und Boden geschämt und hätte auch einen vom Team rübergeschickt zu Red Bull und auch zu Ricciardo, um dort noch während des Rennens um Entschuldigung zu bitten. Und da wundert mich so ein bisschen die Arroganz."
Aston Martin bleibt sich treu, glaubt Schumacher
Aber eine Haltungsänderung sei nicht in Sicht bei Aston Martin, meint Schumacher: "Solange der Vater oder der Sohn nicht entscheiden, dass es vorbei ist, wird das so bleiben. Weil klar: Es ist ja sein Team."
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Aston-Martin-Fahrer Lance Stroll ist in China mit Ricciardo kollidiert Zoom
Und Stroll disqualifiziere sich mit solchen Szenen nicht gänzlich. "Es gibt logischerweise bessere Fahrer als Lance Stroll. Einer sitzt direkt bei ihm im Team", sagt Schumacher. "Es gibt aber auch schlechtere Fahrer. Deshalb hat Stroll ja wirklich auch Highlights."
Krack: Wie man es macht, man macht es falsch
Der Restart im Grand Prix in Schanghai zählt nicht dazu. Und zumindest diese Kritik will Teamchef Krack gelten lassen. Er meint: "Natürlich kann man sagen, der Fahrer muss vorsichtiger sein. Andererseits: Wenn du beim Restart zu vorsichtig bist und mehr als eine Wagenlänge verlierst, dann sagt dir jeder, du hast gepennt!"
"Es kommen beim Restart halt manchmal erratische Szenen vor. So ist es dieses Jahr und so wird es auch in Zukunft wieder sein."
Schumacher zeigt Verständnis für Restart-Situation
Da geht Formel-1-Experte Schumacher mit: "Das ist natürlich die Krux beim Restart. Man will sich auch nicht blamieren und will nicht Boden verlieren. Dann ist der Fahrer oft wirklich darauf fokussiert, nicht den Anschluss zu verlieren. Und wenn er dann Gas gibt, und in dem Moment bremst er da vorne, ist es halt einfach zu spät. Ich sag's nochmal: Das finde ich gar nicht so schlimm."
Eine solche Situation sehe "natürlich tierisch peinlich aus", sagt Schumacher. "Aber man muss auch so offen und ehrlich damit umgehen. Dann kann man sagen, 'Mensch, ich Trottel, es tut mir leid'. Und wenn man nachher zu Riccardo hingeht, ihm die Hand schüttelt und sagt, 'sorry, dass ich dein Rennen versaut habe', dann ist es auch gut."
Teamchef Krack: Immer nur Aston Martin!
Krack überzeugt das nur bedingt. Er wähnt sich und sein Team weiter im Fadenkreuz der Sportkommissare - und gibt sich irritiert darüber, dass einerseits Action gefordert werde, andererseits aber Action zu Strafen führe.
O-Ton: "Wenn du dann wieder Stunden mit den Sportkommissaren verbringst, hast du den Eindruck, das ist nicht fair. Vielleicht sehen wir das in zwei Tagen anders. Aber dann gab es eben auch Szenen in Kurve 6, wo ein Auto das andere von der Strecke drückt, und es passiert nichts. Aber Fernando? Sofort zehn Sekunden!"
Überhaupt sei Alonso ein gutes Beispiel für fragwürdige Entscheidungen der Sportkommissare, sagt Krack und verweist auf die Szene mit Mercedes-Fahrer George Russell in Australien: "Da hat das Auto davor eine Strafe gekriegt, und es hatte nicht mal eine Berührung gegeben. Dieses Mal war es [bei Stroll] das hintere Auto."
"Oder Bahrain, erste Runde: Lance wurde umgedreht, aber der Verursacher wurde nicht belangt. Da entsteht leider der Eindruck, dass es hier nicht sehr konstant zugeht", sagt Aston-Martin-Teamchef Krack mit Blick auf die Strafpunkte-Tabelle. Er scherzt: "Wenn es so weitergeht, dürfte es schwierig werden, durch die Saison zu kommen!"
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