Langeweile pur droht: Rosberg kritisiert Formel-1-Regeln 2017
Überholen würde unmöglich, befürchtet Rosberg - Alonso vermisst "klare Linie" und erkennt ein "faules System" - Fahrer sehen sich nur als Korrektiv
(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Pilot Nico Rosberg schmecken die geplanten Formel-1-Regeländerungen für die Saison 2017 nicht. Der Deutsche befürchtet weiter die große Langeweile auf der Strecke und vertritt nicht die Auffassung, dass schnellere Autos mit mehr Abtrieb auch mehr Spektakel bedeuten würden. Im Gegenteil: "Wir sollten versuchen, Überholen zu vereinfachen", moniert Rosberg. "Mehr Abtrieb ist aber dafür bekannt, das Hinterherfahren schwieriger zu machen. Das ist nicht unbedingt der richtige Weg."
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Macht sich seine Gedanken über die Zukunft der Formel 1: Nico Rosberg Zoom
Die kontraproduktiven Pläne der Verantwortlichen betrachtet er als Folge dessen, dass den Piloten zu wenig Gehör geschenkt würde: "Wir wollen stärker einbezogen werden und ein gewichtigeres Wort." Eine Auffassung, der sich Fahrerkollege Sebastian Vettel anschließt: "Nicht nur, dass man auf die Piloten hört, sondern auch auf Leute von außen - wie die Fans", ergänzt der Ferrari-Star und sieht darin ein langjähriges Versäumnis. Die Aktiven betrachtet Vettel jedoch nur als Korrektiv im Prozess.
Dass ein offener Brief der Fahrergewerkschaft GPDA keine konkreten Regelvorschläge umfasst, ist laut Vettel kein Zufall: "Wir Fahrer wollen Bestimmungen nicht machen. Wir sind da, um die Autos zu fahren", stellt er klar, aktuelle Entscheidungen aber trotzdem infrage. Auch Fernando Alonso kritisiert hilflos wirkende Versuche und die Ermangelung einer erkennbaren Leitlinie oder Strategie wider der Krise: "Wir sind in den vergangenen Jahren zu allen Seiten geschwankt ohne eine klare Richtung."
Der Zickzack-Kurs überrascht nicht: In Entscheidungsgremien der Königsklasse wirken zahlreiche Parteien mit. Die Teams machen das, was ihnen den größtmöglichen sportlichen Vorteil sichert und blockieren Reformen, die möglicherweise zu ihren Lasten gehen. Die FIA und Zampano Ecclestone haben ihre Macht eingebüßt und sich kaum noch in der Lage, Ideen durchzudrücken. "Bernie wollte immer den Sport schützen und die Show verbessern. Aber am System ist etwas faul!", unterstreicht Alonso.
Rosberg verfolgt mit der Kritik nach eigener Aussage das Ziel, zum Wohle des Sports zu handeln, der in Europa immer weniger Menschen auf die Tribünen und vor die TV-Bildschirme lockt: "Es geht nicht darum, Leute persönlich zu kritisieren", sagt er. "Wir wissen, dass es nicht perfekt ist, aber besser sein könnte." Um wirklich etwas zu bewegen, müsste jedoch (der wohl verkaufswillige) Formel-1-Mehrheitseigner CVC Capital Partners seine gewohnte Passivität aufgeben und sich einschalten.
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Sieht toll aus, könnte aber Schlaftablette sein: Studie eines 2017er Boliden Zoom
Das ist bisher nicht passiert: "Abwarten", sagt Rosberg über die weitere Entwicklung. "Es ist ein Prozess, bei dem wir uns mehr und mehr einbringen wollen." Bei den übrigen Verantwortlichen scheint die Botschaft angekommen zu sein, wie Jenson Button, einer der Unterzeichner des GPDA-Schreibens, anmerkt: "Wir erhielten Reaktionen von Jean (FIA-Präsident Todt; Anm. d. Red.) und Bernie, was positiv ist. Wichtig ist, dass alle darüber reden. Wir sagen, was andere Leute schon in der Vergangenheit gesagt haben, aber es hat jetzt mehr Gewicht, weil wir derzeit mit einer Stimme sprechen."
Den Weg an die Öffentlichkeit nennt der Ex-Weltmeister das richtige Mittel und distanziert sich ebenfalls von einem Diskurs um konkrete Regelvorschläge. Auch Valtteri Bottas gibt nur eine grobe Richtung vor: "Alles sollte einfach gehalten sein. Und zwar für Jedermann", erklärt der Finne und plädiert für weniger Experimente: "Es wurde viel probiert und verändert. Fußball ist geradlinig. Das Tor ist immer gleich - es ist in den letzten Minuten des Spiels nicht kleiner oder höher. Das gefällt den Leuten."