• 19.09.2004 09:39

  • von Marco Helgert

Jaguar-Ausstieg: Eine Lehrstunde für die Formel 1?

Der Ford-Konzern zieht sich aus der Formel 1 zurück und hinterlässt nicht nur Ratlosigkeit sondern zuweilen auch etwas Zukunftsangst

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone erweckt dieser Tage den Eindruck, als ob ihm der Rückzug des Jaguar-Teams für 2005 in vielerlei Hinsicht egal wäre. Schon die Teilnahme in diesem Jahr empfand er als unnötig. "Meiner Meinung nach hätten sie dieses Jahr überhaupt nicht fahren sollen", erklärte der Engländer gegenüber 'Reuters'.

Titel-Bild zur News: "The Leaping Cat"

Angst in der Formel 1: Machte Jaguar nur den Anfang?

Dabei hat der Ford-Rückzug drei unterschiedliche Paten. Vorderhand spielen natürlich die Geschäftszahlen von Ford eine Rolle. Angesichts der knappen Kassen ist eine Formel-1-Teilnahme den vielen Angestellten, die in den Jaguar-Werken ihre Arbeit verlieren werden, und den Aktionären nur schwer zu vermitteln. Doch die Entscheidung pro oder contra "Königsklasse" dürfte in Detroit knapp ausgefallen sein.#w1#

Eine günstigere Formel 1, die es erlaubt, auch mit geringeren Mitteln eine Menge zu erreichen, hätte unter Umständen dafür sorgen können, dass Jaguar geblieben wäre. Auch eine andere Gelderverteilung hätte den Rückzug verhindern können. Doch beide Parteien, sowohl Ecclestone als auch die in der 'GPWC' zusammengefassten Hersteller, bewegten sich eher voneinander weg als aufeinander zu.

Dass alleine wäre vielleicht kein Grund, sich um die Formel 1 zu sorgen. Doch mit Ford geht nicht ein Hersteller, der das "Abenteuer Formel 1" aus dem Hemdsärmel schütteln wollte. Ford hat eine lange Tradition in der Formel 1, war in den letzten 40 Jahren fast immer in irgendeiner Weise dabei. Dass gerade das Unternehmen mit dem blauen Oval das Handtuch wirft, ist mehr als ein Warnschuss für die Formel 1.

"Ich denke, dass dies das Bewusstsein unter den derzeitigen Beteiligten steigern wird, dass eine Reform nötig ist. Wir müssen das schneller vorantreiben, als es bisher geschehen ist", erklärte Ford-Vizepräsident Richard Parry-Jones. "Wenn ein Unternehmen so lange mit der Formel 1 verbunden ist wie Ford, und dann entscheidet, dass es nicht mehr zur Geschäftsstrategie passt, dann werden einige auf Änderungen schielen, damit die kommerzielle Zukunft des Sports wieder abgesichert ist."

Keiner weiß heute, wie lange es sich die Vorstände von BMW, Honda, Renault oder Toyota ansehen werden, dass Millionenbeträge in die Formel 1 gepumpt werden, ohne dass ein Titel dabei herausspringt. Dabei kann man den Herstellern sicher keine Vorgaben machen, die Idee des gedeckelten Budgets, die Jaguar-Teamchef Tony Purnell vor einiger Zeit einwarf, ist kaum praktikabel.

Doch wenn sich eine große Investition in die aerodynamische Entwicklung statt mit einer Sekunde nur noch mit zwei oder drei Zehntelsekunden manifestieren würde, wäre schon viel erreicht. Dabei zeigt der Jaguar-Rückzug ein weiteres Dilemma der Formel 1. Um das Team zu halten, muss ein Käufer gefunden werden. Wäre der Rennstall noch in privater Hand, beispielsweise unter der Leitung von Jackie Stewart, dann würde nur ein Motor fehlen.

Drei Jahre noch muss die Formel 1 durchhalten, dann läuft das Concorde-Agreement aus. Damit würde sich zumindest die Chance ergeben, eine Art Neuanfang von oben herab anzustreben. Doch in drei Jahren kann viel passieren, und sehr viele Teams, die auf immer verschwinden, kann sich die Formel 1 nicht mehr leisten.