Hill: Es war Ayrton Sennas Fehler
Ex-F1-Weltmeister und Senna-Teamkollege Damon Hill ist der Meinung, dass ein Fahrfehler Sennas Unfall verursacht hat
(Motorsport-Total.com) - Am 1. Mai jährt sich der tödliche Unfall von Ayrton Senna zum zehnten Mal. Anfang des Monats hatte das oberste Strafgericht Italiens "grünes Licht" für die Neuaufnahme des Prozesses gegen Teamchef Frank Williams, Technikchef Patrick Head und den früheren Chefkonstrukteur Adrian Newey gegeben, die nun wohl noch einmal vor Gericht ihre Unschuld an dem tödlichen Unfall des Formel-1-Piloten beteuern müssen.
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Ayrton Senna im Gespräch mit Jackie Stewart
Doch Ayrton Sennas damaliger Teamkollege Damon Hill glaubt nicht an die Theorie, dass die kurz zuvor modifizierte Lenksäule brach und den Unfall damit verursacht haben könnte: "Ich bin davon überzeugt, dass er einen Fehler gemacht hat, aber viele Leute werden nie daran glauben, dass ihm so etwas unterlaufen konnte", so Hill in der 'Times'. "Er wollte immer am Limit und darüber pushen. Lieber wäre er mit seinem Gegner gecrasht als sich geschlagen zu geben. Es war nicht der Fehler anderer, dass er Vollgas gab, wenn er hätte vom Gas gehen können."#w1#
Hill: Ohne den Senna-Tod wäre ich nicht Weltmeister geworden
"Bisher habe ich der Öffentlichkeit meine Version der Ereignisse des Wochenendes nie mitgeteilt. Ich war dort. Ich war persönlich involviert. Ich war zutiefst betroffen. Ich fuhr in jenem Rennen ein identisches Auto. Ich kann mich an alles nur zu gut erinnern." Vor Sennas Tod war Damon Hill die "Nummer-1-Nummer-2" wie er es ausdrückt. Nach dem tragischen Imola-Wochenende wurde der Brite zur Nummer 1 des Teams befördert: "Da hatte sich mein ganzer Lebensverlauf verändert. Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich niemals Weltmeister geworden wäre, wenn Ayrton in Imola nicht ums Leben gekommen wäre."
Barrichellos Unfall ließ die Fahrer in falscher Sicherheit wiegen
Noch zu gut kann sich Hill an das erste Qualifying erinnern, als Rubens Barrichello einen schweren Unfall hatte und um ein Haar in die Zuschauer geflogen wäre: "Wie der Zaun das Auto aufgehalten hat, es um seine eigene Achse drehte und wieder zurück auf die Strecke schleuderte, ist meiner Meinung nach das größte Technikwunder aller Zeiten. Dass Rubens unverletzt blieb, ein weiteres Wunder. Wir machten alle drei Kreuze und setzten das Qualifying fort, mit dem Glauben, dass unsere Autos so sicher wie Panzer sind und wir nur durchgeschüttelt aber unverletzt bleiben würden."
Die traurige Wahrheit
Doch bereits am nächsten Tag wurde die Formel 1 auf tragische Weise eines Besseren belehrt, als Roland Ratzenberger verunglückte. Damon Hill erinnert sich noch genau, wie "einer der nettesten Kerle der Formel 1" im Qualifying mit seinem unterlegenen Auto versuchte, das Beste zu erreichen, bis ihm der Frontflügel abbrach und der Österreicher chancenlos auf die Streckenbegrenzung zuraste: "Die Geschwindigkeit und der Winkel des Einschlags war schrecklich. Das Auto mag den Kräften vielleicht widerstanden haben, aber dem armen Roland gelang dies nicht."
Senna war aufgewühlt
Ayrton Senna sah sich den Unfallort persönlich an, obwohl ihm dies untersagt worden war: "Er kam zurück und sagte uns, dass Roland tot ist. Er war erschüttert und sauer. Es war typisch für Ayrton, dass er alles wissen wollte, dass er involviert sein wollte. Er hatte den Glauben, dass es sein Recht ist, sich die Sache vor Ort anzuschauen, zu sehen, was passiert war und was sie unternahmen. Aber man hatte sogar da das Gefühl, als wisse er, dass er möglicherweise sich selbst anschaut..."
Bedenken vor dem Einsatz des Safety Cars
Am Sonntag vor dem Rennen äußerte sich Ayrton Senna besorgt über einen möglichen Einsatz des untermotorisierten Safety Cars. Die Reifen würden aufgrund des zu niedrigen Tempos an Temperatur und damit an Reifendruck und Haftung verlieren: "Diese Befürchtungen waren prophetisch", glaubt Hill, dass sein Teamkollege eine Vorahnung hatte. Tatsächlich kam es nach einem Startunfall zu der befürchteten Safety-Car-Phase, in deren Anschluss Ayrton Senna die Kontrolle über sein Auto verlor.
"Wenn du ein Auto, das deines Teamkollegen, siehst, wie es durch das Gras rutscht und Schmutz und Erde aufwirbelt, dann hast du Zeit, dir kurz Gedanken zumachen. Man tendiert dazu, das Wort zu benutzen, das mit 'f' beginnt. Dann schickt man ein kurzes Stoßgebet los, in der Hoffnung, dass er in Ordnung ist und versucht, sich nicht zu sehr zu freuen, dass man einen Platz gutgemacht hat. Aber wenn sie die roten Flaggen rausbringen, dann befürchtet man das Schlimmste. Wir gingen vom Gas, aber dieses Mal kam kein Safety Car. Jetzt wussten wir, dass es schlimm aussieht."
Damon Hill glaubt an einen Fahrfehler
Zwei Bodenwellen im Scheitelpunkt der Tamburello-Kurve wurden Senna nach Hills Ansicht zum Verhängnis: "Ich hatte herausgefunden, dass man in der Mitte der Strecke fahren kann, um sie zu vermeiden, was allerdings ein paar Meter mehr bedeutete. Mit alten Reifen und viel Sprit an Bord tat ich genau das. Die On-Board-Kamera von Michael Schumachers Auto zeigt, dass Ayrton Sennas Auto zwei Mal über beide Unebenheiten rutscht, bei denen er keinen Versuch unternahm, sie auszulassen."
"Bei der zweiten Bodenwelle bekam das Auto plötzlich wieder Haftung, als er das Lenkrad in Korrekturposition hatte. Man kann aus den Bildern seiner Onboard-Kamera durch das Verschwinden eines gelben Knopfes auf dem Lenkrad aus dem Sichtfeld erkennen, dass er lenkte. Dies zeigt, dass das Auto auf seinen Input reagierte. Doch die Korrekturlenkung verpasste dem Auto einen heftigen Schlag, als die Aerodynamik wieder greift, die durch das Aufsetzen Haftung verloren hatte, sodass Ayrtons Kopf fast aus dem Auto katapultiert wurde. Meiner Meinung nach hatte Ayrton an diesem Punkt die Kontrolle verloren."
Senna war chancenlos
Bei den hohen Geschwindigkeiten habe der 34-Jährige nicht die Möglichkeit gehabt, das Auto wieder einzufangen und auf die richtige Bahn zu bekommen: "Er bremste stark ab, aber nichts hätte das Auto bei solch hohen Geschwindigkeiten an einem Abflug hindern können. Er wurde an seinem Kopf von einem Aufhängungsteil getroffen, das dich schon töten kann, wenn es einen mit 30 km/h im richtigen Winkel trifft."