Hamilton über den Start: "Höre, wie mein Puls in den Keller geht"
McLaren-Pilot Lewis Hamilton gibt Einblicke in die Startprozedur der Formel 1 und beschreibt seine Gefühlswelt, bevor die Ampeln erlöschen
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton gehört zu jenen Formel-1-Fahrern, deren Name fällt, wenn über spektakuläre Überholmanöver gesprochen wird. Auch in Zeiten von KERS und verstellbaren Heckflügeln ist es aber immer noch der Start, der einen enormen Einfluss auf das gesamte Rennwochenende hat. Der Weltmeister von 2008 erklärt, worauf ein Formel-1-Pilot vor einem Rennen achten muss und wieso man den Weg in die erste Kurve selten planen kann.

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Für Lewis Hamilton und die anderen Piloten geht es auf den ersten Metern sehr eng zu
"Der Start ist immer ein ganz besonderer Teil des Rennens. Die Abfolge vor einem Start ist aber fast immer gleich: Man fährt meistens direkt in die Startaufstellung, manchmal biegt man aber auch noch einmal in die Box ab", sagt der 26-jährige Engländer. Bereits in der Outlap ist es von entscheidender Bedeutung, sich schnell an den vollgetankten Boliden zu gewöhnen.
Startprozedur in der Einrollrunde
"In dieser Runde musst du ein Gefühl für die Fahrzeugbalance bekommen, da du im Gegensatz zum Qualifying mit einem schweren Auto unterwegs bist. Man kann nie genau wissen, wie sich das Auto verhält. In der Runde muss man auch herausfinden, wie sehr man im Rennen auf die Reifen achten muss."
Vor dem Start begibt sich das gesamte Fahrerfeld auf die Einführungsrunde. Bereits hier treffen die Fahrer wichtige Vorkehrungen, um wenig später möglichst gut ins Rennen zu starten: "Auf den letzten 150 Metern bekomme ich einige Anweisungen vom Team. Ich ändere die Motoreinstellung, gehe in den Startmodus, beschleunige vier- bis sechsmal zügig (um die Reifentemperatur hoch zu halten; Anm. d. Red.) und achte auf die Bremstemperatur", erklärt Hamilton die übliche Prozedur während der Einrollrunde.
"Man hört nur noch den eigenen Motor"
Am Startplatz angekommen wird es für die Fahrer ernst. Nun ist höchste Konzentration gefragt, denn die folgenden Sekunden sind wegweisend für das gesamte Rennen: "Ich sitze im Auto und höre, wie mein Puls in den Keller geht. Es wird ganz ruhig und die letzten Autos fahren auf ihren Startplatz", beschreibt Hamilton die Ruhe vor dem Sturm. "Man hört nur noch den eigenen Motor und nun entscheidet sich, wie der Start wird."
Jetzt hängt alles davon ab, ob der Reifen genug Grip hat, um die Leistung des Autos auf den Asphalt zu bringen. Startet man von der schmutzigen Seite oder hat man mit durchdrehenden Rädern zu kämpfen, gerät der Fahrer schnell unter Druck und muss das Beste aus Situation machen. "Verliert man hier überraschenderweise Positionen, ist er sehr schwierig, sich zu verteidigen, denn alle um dich herum werden richtig schnell", erklärt Hamilton.
"In diesem Moment musst du sehr vorsichtig sein, wie weit du nach links oder rechts lenkst, um dich zu verteidigen. Ob man nun Plätze gewinnt oder verliert, hängt von der gewählten Linie ab. Wenn du einen guten Start erwischst und nach vorne kommst, ist es viel einfacher, deine Position zu behaupten."
"Kein Start gleicht dem anderen"
Dann kommt die Stelle, wo die Piloten noch einmal Plätze gutmachen oder verlieren können: die erste Kurve nach der Start-Ziel-Gerade. Der Fahrer kann seine Linie nicht im Vorfeld planen, denn auf dem Weg bis zum ersten Bremspunkt entwickelt sich bei jedem Grand Prix ein anderes Szenario.
"Vor dem Einbiegen in die erste Kurve kann man nie sagen, ob man die Innen- oder Außenseite nimmt. Wenn du dort ankommst, sind die anderen Autos immer an einer anderen Stelle", sagt der McLaren-Pilot über den Teil des Rennens, der nie vorherzusehen ist. "Es ist jedes Mal eine neue Situation, denn kein Start gleicht dem anderen. Jeder Start bei meinen bisherigen Rennen war anders."

