Christian Horner: Red Bulls größtes Problem aktuell die Korrelation
Laut Teamchef Christian Horner spuckt der Red-Bull-Windkanal erneut falsche Daten aus - Warum er für das neue Reglement ab 2026 aber (noch) unbesorgt ist
(Motorsport-Total.com) - Ein frustrierter Max Verstappen verabschiedete sich im Rahmen des Bahrain-Grand-Prix am vergangenen Wochenende laut eigener Aussage erst einmal aus dem Titelrennen der Formel 1. Unter den aktuellen Umständen könne er in diesem Jahr nicht um die WM kämpfen, stellte der Niederländer klar.

© LAT Images
Max Verstappen kam in Bahrain nicht über den sechsten Platz hinaus Zoom
Zwar hatte er nur eine Woche zuvor in Suzuka noch ein Rennen gewonnen, doch auf Papier war sein sechster Platz in Bahrain das schlechteste Ergebnis der bisherigen Saison und sogar eines der schlechtesten Resultate in den vergangenen Jahren.
Sieht man nämlich einmal von seinem Ausfall im vergangenen Jahr in Melbourne ab, kam der Niederländer zuletzt 2022 in Singapur als Siebter weiter hinten ins Ziel als am vergangenen Sonntag in Bahrain - mit dem Unterschied, dass Singapur damals nur ein Ausrutscher war.
Denn damals gewann Verstappen acht von neun Rennen in Folge, nur eben in Singapur nicht. 2025 war dagegen der Sieg in Suzuka der Ausreißer, während Leistungen wie in Bahrain jetzt eher die Normalität werden könnten, wenn Red Bull nicht bald Fortschritte gelingen.
Verstappen spürt kein "Vertrauen" ins Auto
Konkret geht es darum, dass Verstappen sich im RB21 einfach nicht wohlfühlt. Nach dem Rennen am Sonntag nannte er "Reifenmanagement und Balance" als die beiden größten Probleme. Teamchef Christian Horner präzisiert: "Es ist die Einlenkphase bis zum Kurvenscheitel, die wir in den Griff bekommen müssen."
Man müsse Verstappen wieder "das nötige Vertrauen, den Grip und die Fähigkeit geben, mit mehr Geschwindigkeit in die Kurven zu gehen. Im Grunde ist das ein aerodynamisches Problem, das wir lösen müssen, um ihm diesen Grip zu geben", erklärt Horner, der verrät, dass auch Verstappens neuer Teamkollege Yuki Tsunoda ein ähnliches Feedback gebe.
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Doch warum konnte Verstappen mit einem Auto, das offenbar keine gute Balance hat, in Japan noch gewinnen? "Ich denke, letztlich kann man es ein Stück weit durch das Se-tup kaschieren", erklärt Horner und betont: "Das ist uns letztes Wochenende in Suzuka auch gelungen."
"Aber ich glaube, dieses Rennen [in Bahrain] hat einige Schwachstellen sehr deutlich offengelegt", so Horner. Diese müsse man nun "so schnell wie möglich in den Griff bekommen", erklärt der Teamchef, der betont, dass man zu "100 Prozent" wisse, was die Probleme seien.
So gebe es immer wieder "große Veränderungen" bei der Balance, und man müsse den RB21 einfach "ruhiger" machen. Horner betont: "Es geht jetzt darum, die Lösungen umzusetzen, was natürlich etwas mehr Zeit braucht." Allerdings hört man solche Aussagen von den Bullen jetzt schon seit Monaten.
Lösungen funktionieren nur in der Theorie
Denn bereits im Verlauf der Saison 2024 fiel Red Bull in der Hackordnung zurück, auch wenn Horner betont, dass die Probleme, die der RB21 habe, andere als im Vorjahr seien. "Ich denke, die Charakteristik ist vielleicht ähnlich. Aber das Bremsproblem zum Beispiel hatten wir letztes Jahr definitiv nicht", so Horner.
Denn neben einer schlechten Balance klagte Verstappen in Bahrain nach dem Qualifying zusätzlich auch noch über Bremsschwierigkeiten. Man müsse all die Probleme "schnell lösen", so Horner, der auch betont, dass man grundsätzlich wisse, was bei Red Bull aktuell schieflaufe.
"Ich denke, die Probleme sind verstanden. Das Problem liegt darin, dass die Lösungen, die wir mit unseren Werkzeugen sehen, momentan nicht mit dem übereinstimmen, was wir tatsächlich auf der Strecke beobachten. Und genau dem müssen wir auf den Grund gehen", so Horner.
Oder vereinfacht gesagt: Der Windkanal spuckt Red Bull falsche Daten aus. "Warum können wir mit unseren Werkzeugen nicht das erkennen, was wir auf der Strecke sehen? Wenn es zu einer solchen Diskrepanz kommt, muss man das natürlich sorgfältig auseinandernehmen", betont Horner.
Und während die Probleme des Autos laut dem Teamchef zwar andere als 2024 sind, ist zumindest die Ursache "ähnlich", so Horner, der erinnert: "Der Windkanal hat uns [2024] in eine Richtung geführt, die nicht mit dem übereinstimmt, was wir auf der Strecke sehen." Das wiederholt sich 2025.
Falsche Daten aus Windkanal führen zu "Durcheinander"
"Dann landet man in einem Durcheinander zwischen dem, was die Werkzeuge einem sagen, und dem, was die Daten von der Strecke zeigen. Jetzt, da wir mehr Streckendaten sammeln, sind es natürlich diese realen Daten, die die Lösungen vorgeben", erklärt der Teamchef.
Aktuell sei es mit den falschen Daten aus dem Windkanal so, "als würde man versuchen, die Uhrzeit mit zwei verschiedenen Uhren zu bestimmen", zieht Horner einen Vergleich. Das wirft natürlich zwangsläufig die Frage auf, ob Red Bull auch 2026 ein großes Problem bekommen könnte?
Denn wenn der Windkanal falsche Daten ausspuckt, könnte das im Hinblick auf das komplett neue Reglement im kommenden Jahr fatal sein. Doch zumindest in dieser Hinsicht gibt Horner vorsichtige Entwarnung und erklärt, dass die Entwicklung für 2026 nicht beeinträchtigt sein sollte.
"Ich denke, das Problem, das wir [aktuell] haben, ist, dass wir uns am Ende eines Reglementszyklus befinden, wo die Fortschritte nur noch sehr marginal sind", so Horner, der erklärt, dass sich "einige der Schwächen in unserem aktuellen Windkanal" erst in diesem Bereich zeigen.
"Wenn es nicht um die letzten paar Punkten an Abtrieb geht, wenn man signifikante Schritte macht, dann sind der Windkanal und die Werkzeuge, die wir haben, wie es zuvor schon bewiesen wurde, mehr als fähig, diese großen, inkrementellen Fortschritte zu erzielen", stellt Horner klar.
Warum Horner 2026 keine Probleme erwartet
In der Tat baute Red Bull zu Beginn des aktuellen Regelzyklus in den Jahren 2022 und 2023 ein gutes Auto, das die Formel 1 phasenweise sogar dominierte. 2023 stellte man mit 21 Siegen in 22 Saisonrennen noch einen neuen Rekord auf. Der Einbruch kam erst 2024, also im dritten Jahr der neuen Regeln.
Horner sieht das als Beleg dafür, dass der aktuelle Windkanal der Bullen durchaus noch gut genug ist, um aus dem Stand ein schnelles Auto zu bauen. Auf den letzten Metern der Entwicklung scheint der Anlage, die inzwischen fast 70 Jahre alt ist, allerdings die Puste auszugehen.
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Während Teams wie McLaren auf einen brandneuen Windkanal zurückgreifen können, müssen die Bullen noch immer mit ihrer im Jahr 1946 gebauten Anlage auskommen. Red Bulls Technikchef Pierre Wache erklärte in der Vergangenheit bereits, dass diese "einige Einschränkungen" habe.
Zwar arbeitet man aktuell bereits an einem neuen Windkanal, dessen Bau sogar "dem Zeitplan voraus" sei, so Horner. Trotzdem werde es noch "ungefähr 18 Monate" dauern, bis dieser fertig sei. Komplett einsatzbereit werde der neue Windkanal sogar erst 2027 sein.
Bis dahin muss Red Bull weiter mit der aktuellen Anlage arbeiten, doch Horner betont: "Wir haben ein starkes Technikteam, das in den letzten Jahren einige großartige Autos gebaut hat. Und ich bin zuversichtlich, dass sie der Sache auf den Grund gehen werden."
Horner schreibt WM-Titel 2025 noch nicht ab
Trotz der Schwierigkeiten will er daher den WM-Titel 2025, anders als Verstappen, auch noch nicht abschreiben. Über das frustrierende Bahrain-Rennen sagt er zwar: "Es war ein schlechtes Wochenende für das Team. Nichts ist für uns gelaufen, schon vom Start des Rennens an."
Er betont aber auch: "Es ist eine Meisterschaft über 24 Rennen. Wir liegen acht Punkte in der Fahrerwertung zurück, und wir wissen, dass wir sehr schnell Fortschritte machen müssen. Deshalb war es [am Sonntag] wichtig, so viele Punkte wie möglich in einem schwierigen Auto zu holen."
Gerade an solchen Wochenenden sei es wichtig, die maximal möglichen Punkte auch wirklich mitzunehmen, da diese sich im Verlauf des Jahres "summieren", so Horner, der betont: "Wenn du ein gut ausbalanciertes Auto hast, fügt sich alles viel leichter zusammen."
Ob man Verstappen ein solches in diesem Jahr noch einmal an die Hand geben kann, ist aktuell jedoch offen. Große Hoffnungen ruhen auf einem Update, das zum Europaauftakt in Imola ans Auto kommen soll. Sollte dieses jedoch floppen, würde Verstappen den Traum vom fünften Titel in Folge wohl endgültig abhaken.


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