Chase Carey erstmals Beobachter bei Strategiegruppe

Konstruktives Meeting in Genf: Die Strategiegruppe der Formel 1 hat unter anderem über einen permanenten Rennkommissare und lautere Motoren diskutiert

(Motorsport-Total.com) - In Genf hat gestern die Strategiegruppe der Formel 1 getagt, und zwar erstmals im Beisein von Chasey Carey, dem von Liberty Media eingesetzten neuen Vorsitzenden der Königsklasse. Carey war Beobachter des Meetings des Gremiums, dem neben Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt auch Mercedes, Red Bull, Ferrari, Williams, McLaren (permanente Mitglieder) und Force India (nicht permanentes Mitglied) angehören.

Titel-Bild zur News: Maurizio Arrivabene, Toto Wolff, Christian Horner

Die Strategiegruppe hatte am Mittwoch in Genf ein "konstruktives" Meeting Zoom

In dem Meeting, das von Teilnehmern als "konstruktiv" beschrieben wird, standen mehrere Themen auf der Tagesordnung. Ein Schlüsselpunkt war die Vereinfachung der Formel-1-Regeln, insbesondere in Bezug auf die zuletzt heiß diskutierten Strafen bei Rad-an-Rad-Kämpfen. Unter anderem soll der Vorschlag gekommen sein, zumindest einen permanenten Rennkommissar einzusetzen, um die Strafen konstanter und berechenbarer zu gestalten.

Derzeit sind pro Grand Prix vier wechselnde Rennkommissare nominiert. Drei davon setzt die FIA ein, mit zwei gelernten "Motorsport-Schiedsrichtern" und einem Experten-Kommissar, in der Regel ein ehemaliger Formel-1- oder Rennfahrer. Der vierte Rennkommissar wird vom nationalen Verband aus dem Austragungsland gestellt. Aktuell steht die Idee im Raum, zumindest einen "Chefkommissar" zu haben, der dem Gremium bei allen Saisonrennen angehört.

Fahrer wünschen sich mehr Kontinuität

Bei den Fahrern würde das gut ankommen. "Wir wünschen uns Kontinuität", sagt etwa Fernando Alonso. "Manchmal haben wir einen Fall, da wird einer für eine bestimmte Aktion nicht bestraft, und zwei Rennen später passiert etwas ähnliches, aber der Fahrer bekommt dafür eine Strafe. Das verwirrt uns dann, und dann bitten wir die FIA um Klarstellung." Ein permanenter Chefkommissar, der in alle Entscheidungen involviert ist, könnte hier für eine Verbesserung sorgen.


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Zumal für die Fans oft nicht mehr nachvollziehbar ist, warum Lewis Hamilton für das Abkürzen der ersten Schikane in Mexiko nicht bestraft wird, Max Verstappen aber schon. "Ich hatte am Sonntag vor Brasilien ein Abendessen im Familienkreis", sagt etwa Carlos Sainz. "Die können einfach manche Strafen nicht mehr verstehen, und ich kann ihnen auch nicht erklären, warum die eine Aktion bestraft wird und die andere nicht."

Österreich 2014: Formel 1 will lockerer werden

In Österreich 2014 hatte man sich informell darauf verständigt, generell beim Racing mehr Freiheiten zuzulassen und nicht für jedes noch so nichtige Vergehen eine Strafe auszusprechen. Von dieser Vereinbarung war zuletzt wenig zu spüren - sehr zum Unmut der Fahrer: "Man hat uns am Jahresanfang gesagt, dass man mehr Freiheiten gewähren würde. Irgendwie hat es genau ins Gegenteil umgeschlagen", seufzt Sainz.

"Es nervt ja auch uns Fahrer." Carlos Sainz

Aber egal ob nun hart geahndet wird oder mit mehr Außenmaß, wie das von vielen Entscheidern, allen voran Niki Lauda, schon lange gefordert wird: Am wichtigsten ist, Kontinuität in die Entscheidungen zu bringen. "Es nervt ja auch uns Fahrer", sagt Sainz. "Wenn im Rennen ein Streitpunkt ist, weißt du nicht, ob du zur Box kommen sollst, oder ob du lieber noch wartest, weil du vielleicht eine Strafe kriegst. Das kann nicht sein."

"Wir müssen die Regeln vereinfachen", findet Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene. "Wir müssen sicherstellen, dass nicht Regel A durch Regel B überlagert wird, und die dann wiederum durch Regel C, D, E, F und so weiter. Es gibt eine Regel A, Punkt. Und dann gehen wir zu Regel B. Ich sage das mit allergrößtem Respekt vor denjenigen, die die Regeln machen. Aber dieser Sport ist technologisch ohnehin schon so kompliziert, dass wir die sportlichen Regeln vereinfachen sollten."

Horner sauer: Fahrer brauchen Regelbuch im Cockpit

"Wir sind in vielerlei Hinsicht überreguliert", stimmt Red-Bull-Teamchef Christian Horner zu und ergänzt überspitzt: "Die Fahrer müssen sich heutzutage ja schon ein Regelbuch ins Auto mitnehmen und erst mal nachschlagen, ob sie sich überhaupt verteidigen oder ob sie überholen dürfen. Und da gibt es dann auch noch zu viel Subjektivität und Interpretationsspielraum bei den Strafen."

"Wir sind uns ja einig, dass wir kein gefährliches Fahren sehen wollen. Aber lasst die Fahrer doch fighten, am besten Rad an Rad! Jeder spricht über die letzten fünf, sechs Runden in Mexiko, denn sind wir uns mal ehrlich: Bis dahin war es ein stinklangweiliges Rennen. Aber der Schluss war fantastisch, und jetzt sitzen wir da und diskutieren stundenlang darüber. Das kann's ja wohl nicht sein", findet der 43-jährige Brite.

Horner fordert Kiesbetten statt Track-Limits-Diskussion

Und weiter: "Verhindern wir halt, dass ein Fahrer eine Kurve abkürzen kann und dadurch einen Vorteil hat. Packen wir da wieder Kiesbetten hin. Wenn die Autos schon neben der Strecke fahren, müssen sie dort halt eingebremst werden, dann entziehen wir den Kommissaren jeden Spielraum für Subjektivität. Wir brauchen eine geradlinige Lösung, für die Teams, für die Fahrer und vor allem für die Fans. Die Formel 1 muss leicht zu verstehen sein."

"Die Formel 1 muss leicht zu verstehen sein." Christian Horner

Beim Strategiegruppen-Meeting in Genf haben sich die Beteiligten darauf verständigt, derartige Themen über den Winter in aller Ruhe und Gelassenheit zu Ende durchzudenken und Maßnahmen für 2017 zu implementieren. Darüber hinaus kam noch das eine oder andere Thema zur Sprache. Zum Beispiel war der Cockpitschutz Halo wieder ein Thema, dessen Einführung frühestens 2018 erfolgen soll. Die Fahrer sollen in den Evaluierungsprozess weiterhin eingebunden werden.

Außerdem soll der Vorschlag, an der Lautstärke der Motoren zu arbeiten, aus Kostengründen abgelehnt worden sein - zumal die Motoren inzwischen ohnehin schon wesentlich lauter sind als bei ihrer Einführung im Jahr 2014. Von den großen Teams abgelehnt wurde auch ein Vorschlag von Force India, in der genau geregelten Aerodynamik-Entwicklung mehr CFD-Freiheiten zu gewähren und dafür die Windkanalzeit zu beschneiden.