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Chaos-Tage bei Mercedes: Riskieren die Silberpfeile die WM?
Kostet das eskalierende Stallduell bei Mercedes den Silberpfeil-Piloten am Ende den WM-Titel? Gut möglich meinen Eric Boullier und David Coulthard
(Motorsport-Total.com) - Kollision auf der Rennstrecke, Fahrer, die sich gegenseitig widersprechen und eine Teamführung, die ihren Piloten öffentlich an den Pranger stellt: Nach der Kollision zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton beim Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps brennt bei Mercedes der Baum. Und dieser Brand könnte im weiteren Saisonverlauf weiter schwelen und immer wieder aufflammen, meint McLaren-Rennleiter Eric Boullier.
© xpbimages.com
Fordert der "Krieg der Sterne" in dieser Saison noch weitere Opfer? Zoom
"Dieses Risiko besteht. Sollte die Beziehung der Fahrer untereinander sowie zwischen den Fahrern und dem Team ernsthaft beeinträchtigt sein, wird das in einem großen, großen Chaos enden", so Boullier gegenüber 'Autosport'. Auch Ex-Formel-1-Pilot David Coulthard glaubt nicht daran, dass der Zwischenfall von Spa der letzte in dieser Saison sein könnte. "Nico und Lewis könnten wieder miteinander kollidieren, und das könnte große Auswirkungen auf die Meisterschaft haben", schreibt der Brite in seiner Kolumne in der britischen Tageszeitung 'Daily Telegraph'.
Dann könnte unter Umständen Daniel Ricciardo der lachende Dritte sein und den Mercedes-Piloten den schon sicher geglaubten Fahrertitel entreißen. Noch hat der Australier zwar 64 Punkte Rückstand auf Rosberg, doch schon bei nur einem Ausfall des Deutschen könnte der Red-Bull-Pilot den Rückstand auf unter 50 Punkte reduzieren. Und so viele erhält bekanntlich der Rennsieger des Saisonfinales in Abu Dhabi. Mark Webber kann sich durchaus vorstellen, dass Ricciardo noch nach dem Titel greifen kann, wenn "die Lage bei Mercedes regelrecht implodiert", so Webber bei 'ServusTV'.
Experten unterstellen Rosberg keine Absicht
Einigkeit besteht bei den meisten Beobachtern darüber, dass Rosberg den Unfall nicht absichtlich herbeigeführt hat. Für Boullier war die Kollision ein "Rennunfall", und auch Coulthard meint: "Man kann niemandem absichtlich einen Plattfuss verpassen." Schon praktisch sei es unmöglich, absichtlich mit dem Frontflügel den Reifen eines vorausfahrenden Autos aufzuschlitzen. "Ich habe im Laufe meiner Karriere bestimmt zehn Frontflügel verloren, weil man sie aus dem Cockpit heraus nicht sieht."
Nico Rosberg nach der Kollision in Spa
Der Mercedes-Pilot schildert den Vorfall im Grand Prix von Belgien und die Besprechung danach aus seiner Sicht Weitere Formel-1-Videos
Diese Einschätzung bestätigt auch TV-Experte Martin Brundle. Dazu sei der Bereich, in dem der Reifen für Berührung anfällig ist, viel zu klein. "Ich habe mit Pirelli gesprochen, und sie haben mir Folgendes erklärt: Trifft man mit der Endplatte des Frontflügels bei einem rotierenden Reifen einen kleinen Bereich zwischen der Auflagefläche und der Reifenwand, verursacht das in 90 Prozent aller Fälle einen Plattfuß. Die Auflagefläche selbst, sowie die Seitenwand sind dafür deutlich weniger anfällig", so der Brite bei 'Sky Sports F1'.
Doch nicht nur das Verhalten der Fahrer, sondern auch das der Teamleitung nach dem Rennen gab Anlass zur Diskussion. Niki Lauda, Aufsichtsratschef des Formel-1-Teams, hatte Rosberg ebenso wie Motorsportchef Toto Wolff unmittelbar nach dem Rennen öffentlich kritisiert. Für McLaren-Rennleiter Boullier eindeutig der falsche Weg. "Die Fahrer zu beschuldigen ist ein Vorgehen, das ich nicht empfehlen würde", sagt er. "Es ist besser, so etwas abseits der Rennstrecke zu klären."
"Krieg der Sterne" gut für die Formel 1
Brundle meint, dass es so etwas zu Zeiten des früheren Mercedes-Teamchefs Ross Brawn nicht gegeben hätte. "Er hätte anders als Niki Lauda die Fahrer nicht unmittelbar nach dem Überqueren der Ziellinie beschuldigt, sondern hätte sich erst alle Fakten angesehen und dann gehandelt."
Coulthard hingegen lobt Wolff und Lauda für ihre offenen Worte. "Das ist erstklassige Unterhaltung! Ich würde das Team eher dafür loben, dass sie diesen PR-Müll sein lassen, den wir seit Jahren gewohnt sind." Und Webber erkennt bei dem eskalierenden "Krieg der Sterne" einen klaren Gewinner: Die Fans. "Wenn zwei Fahrer so kämpfen, interessiert das die Leute. Das ist gut für die Formel 1", meint der Australier.