• 09.05.2011 14:59

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Leute mit Biz: Medion-Vorstand Christian Eigen

Mit welcher Philosophie Medion den Traditionsunternehmen Marktanteile wegnehmen will und welche Rolle Adrian Sutil und die Formel 1 dabei spielen

(Motorsport-Total.com) - "Die Formel 1 ist alle zwei Wochen für zwei Stunden Sport, aber dazwischen knallhartes Business", hat der große Frank Williams einmal gesagt. Für 'Motorsport-Total.com' Grund genug, eine Artikelserie ins Leben zu rufen, die sich mit dem Businessaspekt des Motorsports beschäftigt. In unregelmäßigen Abständen stellen wir eine Persönlichkeit vor, die sich im Motorsportbusiness durchgesetzt hat und mit Biss an ihre Sache herangeht - "Leute mit Biz" eben. Heute in der 26. Edition: Christian Eigen, stellvertretender Vorsitzender der Medion AG.

Titel-Bild zur News: Christian Eigen

Christian Eigen hat sich zu einem großen Motorsportfan entwickelt

Das Essener Unternehmen hat teilweise seit Jahrzehnten etablierten Traditionsunternehmen in den vergangenen Jahren immer stärker die Stirn geboten. Besetzt wird der Elektronikmarkt, insbesondere in den Bereichen PC/Multimedia, Unterhaltungs- und Haushaltselektronik sowie Kommunikationstechnik. Sicher ist auch bei Ihnen zu Hause schon mal ein Aldi- oder (in Österreich) Hofer-Prospekt in den Postkasten geflattert, in dem preisgünstige Angebote aus diesen Bereichen beworben wurden.

Medions Geheimnis: Build to order

Medion betreibt seit über 20 Jahren ein Geschäftsmodell, welches durch seine Einfachheit bei Verbrauchern wie auch Investoren Anklang findet: Dem Kunden soll ein funktionales Produkt in guter Qualität mit bestechendem Design zu einem hervorragenden Preis/Leistungs-Verhältnis angeboten werden. Einer der Eckpfeiler der Unternehmensphilosophie ist das sogenannte Build-to-Order-Prinzip. Das bedeutet: Erst wenn von Handelspartnern genügend Bestellungen vorliegen, werden die Geräte in der benötigten Stückzahl produziert. Das spart Lagerkosten, die an den Endkunden weitergegeben werden.

Nachdem sich Medion zu Beginn vor allem auf den deutschen Markt konzentriert hatte und dort heute in einigen Produktsegmenten zweistellige Marktanteile erreicht, konnte in den vergangenen Jahren das Geschäftsmodell erfolgreich auf Auslandsmärkte übertragen werden. Hier lag der Schwerpunkt zunächst auf Westeuropa. Aber auch osteuropäische und asiatische Märkte sowie Nordamerika gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Adrian Sutil

Medion unterstützt Adrian Sutils Engagement bei Force India Zoom

Eigen, ein gelernter Bankkaufmann, hat die Marke 2003 in den Motorsport geführt, weil man diesen als perfekte globale Werbeplattform betrachtet. "Das Ziel ist, ein weltweites Markenbewusstsein zu erschaffen", erklärt er. "In Deutschland sind wir mit 20 Prozent Marktanteil Marktführer und wir haben auch in Österreich und in den Niederlanden signifikante Marktanteile. In Großbritannien, Frankreich und Spanien sind wir aber weniger stark. Man könnte auch Indien, Südafrika oder Australien als Beispiele nennen, wo auch einige unserer Partner präsent sind."

"Wenn man Menschen in diesen Ländern ein Logo zeigt, fragen sie sich, was das für eine Firma ist. Dann sehen sie die Werbung in der Zeitung oder im Fernsehen und dann sagen sie sich: 'Ah, diese Marke kenne ich ja schon aus der Formel 1!' Das wollen wir erreichen", sagt er über die Philosophie, die hinter dem Formel-1-Sponsoring steckt. "Und die Formel 1 schafft Vertrauen in eine Marke, denn sie genießt ein erstklassiges Image. Daher wird man von Anfang an als jemand wahrgenommen, der gute Performance und Qualität liefert."

Der 45-Jährige war "eigentlich eher ein Fußballfan", ist aber durch Adrian Sutils Manager und Sponsoringexperte Manfred Zimmermann auf den Motorsport aufmerksam geworden. Auch wenn er inzwischen leidenschaftlicher Formel-1-Fan ist und es sich nicht nehmen lässt, Medion-Schützling Sutil beim einen oder anderen Grand Prix höchstpersönlich im Fahrerlager die Daumen zu drücken, war die Entscheidung, mit Medion in den Motorsport zu gehen, letztendlich keine emotionale.

Nicht mehr an Sutil gebunden

"Es war eine Geschäftsentscheidung", erinnert er sich. "Natürlich bin ich mit Manfred Zimmermann befreundet, der mich in den Motorsport gebracht und mich Adrian vorgestellt hat. Da entstand die Idee, in der Formel 1 ein eigenes Testimonial zu erschaffen, indem wir jemanden unterstützen und von der Formel 3 aus in die Formel 1 bringen. Mittlerweile ist Adrian in der Formel 1 angekommen und braucht unsere Unterstützung nicht mehr. So können wir jedes Jahr unabhängig entscheiden ob wir mit unserem Sponsoring erfolgreich sind und wir weitermachen."

Einen eigenen Fahrer aufzubauen, anstatt bei einem großen Namen einzusteigen, hatte verschiedene Anreize. Ob es die billigere Variante war, "weiß ich nicht", gesteht Eigen, "aber zumindest wird man in den Medien mehr als Herausforderer der Großen wahrgenommen. Aber es wäre natürlich der einfachere Weg gewesen, einen Alonso oder Schumacher als Testimonial zu verpflichten." Laut Branchenmonitor 'Formula Money' lässt sich Medion das Engagement bei Force India jährlich rund zwei Millionen Euro kosten. Offiziell bestätigt ist diese Zahl aber nicht.

Dabei ist es im heutigen Marktumfeld keine selbstverständliche Entscheidung mehr, als Sponsor in die Formel 1 einzusteigen. Zahlreiche Firmen haben die Königsklasse im Zuge der Wirtschaftskrise verlassen - was jedoch dazu führte, dass die Budgets (und damit auch viele Sponsorenverträge) gesundgeschrumpft wurden. Fest steht laut Studie des IFM (Institut für Managementlehre) Köln: "Der Gegenwert ist mehr als doppelt so hoch wie das, was wir ausgeben", rechnet Eigen vor.

¿pbvin|512|3312|sutil|0|1pb¿"Wenn du dich mit Marktforschung auseinandersetzt, dann empfiehlt es sich derzeit eigentlich eher, in Werbekampagnen im Internet zu investieren als in ein Formel-1-Sponsoring", spricht er die aktuelle Marktsituation an. "Es ist also ein generelles Problem, das in jeder Sportart existiert, nicht nur in der Formel 1. Ich halte die Formel 1 aber für eine fantastische Plattform, um international präsent zu sein - vielleicht sogar für die beste." Das gelte insbesondere für Banken, Versicherungen, globale Konzerne oder auch Firmen wie Medion, die sich international einen Namen machen wollen. Sponsoren aus der Alkohol- und Tabakbranche, die die Teams jahrelang erhalten haben, gibt es nicht mehr.

Unabhängig davon hat sich an einer Faustregel in den vergangenen Jahrzehnten nichts geändert: "Für jedes Angebot, das sich an Männer richtet, ist die Formel 1 interessant", weiß Eigen. Außerdem profitieren Firmen wie Medion davon, dass europäische Traditionsrennen von Bernie Ecclestone zum Teil gestrichen und stattdessen neue Länder erobert werden: "Es ist richtig, dass die Formel 1 Rennen in aufstrebende Märkte verlegt. Das ist ein großer Wert für Sponsoren." Gerade für Medion sei zum Beispiel die Grand-Prix-Premiere in Indien im Oktober Gold wert.

Einschaltquoten generieren am meisten Wert

"Die Formel 1 ist jetzt seit 30 oder 40 Jahren erfolgreich. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie auch in Zukunft erfolgreich sein wird, vor allem auch in Ländern wie Indien oder China", so Eigen. Dabei sei es auch sekundär, wenn - wie etwa kürzlich in Schanghai und Istanbul - viele Tribünen leer bleiben und gar nicht erst aufgesperrt werden: "Für uns ist wichtiger, dass es in so vielen Ländern wie möglich TV-Übertragungen gibt. Wir messen unser Engagement an den Einschaltquoten in den wichtigsten Märkten."

Ganz ideal wäre natürlich, wenn alle TV-Zuschauer Medion-Geräte zu Hause stehen hätten - aber bis dahin ist der Weg noch weit. Eigen versteht jedoch, dass sich viele Familien die Kosten für einen Grand-Prix-Besuch einfach nicht mehr leisten können: "Die Ticketpreise halten die Menschen davon ab, zu den Rennen zu kommen. Wer kann schon 400 Euro plus Hotel und Anreise für ein einziges Wochenende ausgeben? Das können sich nicht viele Menschen leisten."

Christian Eigen, Manfred Zimmermann und Alex Leibinger

Team Sutil: Christian Eigen, Manfred Zimmermann und Physio Alex Leibinger Zoom

Umso wichtiger, dass dann wenigstens die Qualität der TV-Übertragungen stimmt, zum Beispiel durch HD-Standard. Dieser wird 2011 erstmals angeboten, nachdem sich Ecclestone lange dagegen gewehrt hat. Eigen ist froh, dass endlich umgestellt wurde: "Der Verkauf unserer HD-Set-Top-Boxen explodiert. Es ist einfach fantastisch! Und sobald zehn bis 15 Prozent HD haben, wird es noch einmal zulegen, weil es jeder bei seinem Nachbarn sieht und sich auch HD-Geräte holt."

Bis die Formel 1 auch in 3D übertragen wird, werden hingegen wohl noch ein paar Jahre vergehen. Wieder ist Ecclestone die Bremse im System - weil er auf einem Auge fast blind ist und er daher sowieso nicht dreidimensional sehen kann, wie manche bösartig unken. Aber auch Eigen, der branchenbedingt eigentlich ein Riesenfan sein müsste, glaubt nicht zu 100 Prozent an 3D: "Zumindest nicht, solange man 3D-Brillen dafür braucht."

Wenn einmal ein neues Produkt eingeführt wird, hat man freilich in der Formel 1 ein wunderbares Umfeld, um Großkunden zu begeistern. So geschehen zum Beispiel vergangenes Jahr in Silverstone, als die Produkte für das Weihnachtsgeschäft erstmals gezeigt wurden. Eigen: "Das Tolle ist, dass du die Gäste in die Box einladen kannst und sie das Auto einmal aus der Nähe sehen. Das ist für jeden ein aufregendes Erlebnis. Wenn den Leuten erklärt wird, dass ein Formel-1-Lenkrad mit all seiner Software mehrere 100.000 Dollar kostet und sie dieses Lenkrad auch noch in die Hand nehmen dürfen, genießen sie das."

Das Spiel mit den Emotionen

Die Formel 1 spielt also gezielt mit Emotionen. Williams-Teilhaber Toto Wolff hat das einmal treffend erklärt: "Selbst bei hartgesottenen Investoren kommt das Kind im Mann hoch, wenn sie zur Formel 1 eingeladen werden. Jemand, der mir am Vortag im Büro gegenübergesessen ist, den harten Macher gespielt hat und weltweit 20.000 Mitarbeiter kontrolliert, ist wie ein kleines Kind und freut sich tierisch, dass ein Formel-1-Auto vor ihm aus der Garage fährt und Rubens Barrichello mit ihm eine Cola trinkt." Danach schließen sich dann auch Millionenverträge leichter ab.

"Die Formel 1 ist Showbusiness", betont Eigen. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sehen alle zwei Wochen, wie 24 Rennfahrer aus aller Herren Länder darum kämpfen, gut 300 Kilometer möglichst schnell zu bewältigen. Aber gerade an Rennwochenenden wie in Monte Carlo ist der Sport fast schon Nebensache. Nur: In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Skandale - von "Spygate" über "Crashgate" bis hin zu "Liegate".


Fotos: Adrian Sutil, Großer Preis der Türkei


Doch das Image der Formel 1 hat darunter erstaunlich wenig gelitten, sodass sich auch die Sponsoren kaum Sorgen machen: "Rockstars nehmen Drogen und die Formel 1 hat eben ihre eigenen Skandale. Solange die Täter bestraft werden und der Sport seine Glaubwürdigkeit nicht verliert, ist es kein Problem", findet Eigen. "Wir brauchen solche Störgeräusche vielleicht sogar, aber die Glaubwürdigkeit darf niemals verloren gehen. Ein Zustand wie im Wrestling, wo alles gestellt ist, wäre eine Katastrophe."

Mit sportlichen Höchstleistungen statt mit großer Show sollen Adrian Sutil und Force India der Marke Medion in dieser Saison zu noch mehr globaler Präsenz verhelfen. Denn eine Faustregel gilt in der Formel 1 immer noch, und das nicht nur für Automobilhersteller: Win on Sunday, sell on Monday...

Christian Eigen im Kreuzverhör:

Geburtsdatum: 16. Februar 1966

Geburtsort: Essen

Wohnhaft in: Essen

Familienstand: Vergeben

Erstes Fahrzeug: Mazda 323

Aktuelles Fahrzeug: Bürostuhl mit Rollen

Erlernter Beruf: Bankkaufmann

Im Motorsport involviert seit: 2003

Größter beruflicher Erfolg: Jeden Morgen mit Freude zur Arbeit zu gehen

Größtes Ziel: Gesund und fröhlich zu bleiben

Lieblingsfahrer und -team in der Formel 1: Adrian Sutil und Force India

Online oder Print? Online und Print

Business- oder Economy-Class? Hauptsache preiswert und bequem

Boulevard oder Feuilleton? Sport- und Wirtschaftsteil

Festgeld oder Optionsschein? Gesunder Risikomix

T-Shirt oder Sakko? Dem Anlass angemessen

Opernball oder Oktoberfest? Je nach Jahreszeit

Arbeit oder Hobby? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Lebensmotto oder -philosophie: Den Mutigen gehört die Zukunft, den Unmutigen bleibt der Rest

Lieblingslektüre: Alles Informative und Aktuelle

Person, die ich am meisten bewundere: Meinen Vater

Person, mit der ich mal auf ein Bier gehen möchte: Papst Benedikt XVI.

Geld bedeutet für mich... Freiheit

Motorsport fasziniert mich, weil... Technik und Leistung am Limit sind