Ronald ten Kate: Honda hat das WSBK-Projekt "vollkommen unterschätzt"
Seit 2020 hat Honda ein eigenes WSBK-Werksteam, doch die bisherigen Erfolge sind überschaubar - Exklusiv: Ronald ten Kate kommentiert den HRC-Einsatz
(Motorsport-Total.com) - Ten Kate und Honda bildeten in der Superbike-WM über viele Jahre eine starke Verbindung. Die niederländische Mannschaft rund um Ronald und Gerrit ten Kate verhalf Honda zu vielen Siegen und 2007 sogar zum WM-Titel.
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Sechs Jahre ohne Sieg: Das WSBK-Projekt von Honda blieb hinter den Erwartungen zurück Zoom
Ende 2018 stoppte Honda überraschend die Zusammenarbeit und baute ein eigenes Werksteam auf. Ten Kate verbündete sich daraufhin mit Yamaha und gewann in der Supersport-WM zwei WM-Titel.
Seit dem Wechsel zum HRC-Werksteam konnte Honda die Erwartungen nie erfüllen. In der Saison 2019 versuchte man mit einer Verbindung aus Althea und Moriwaki und der in die Jahre gekommenen Fireblade, den Anschluss herzustellen. Doch das Jahr verlief enttäuschend.
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WSBK 2019: Honda verbündete sich mit Althea und Moriwaki Zoom
"Das war ein ziemliches Chaos. Damals erreichten sie nichts", blickt Ronald ten Kate im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Total.com auf das Honda-Projekt in der WSBK-Saison 2019 zurück. "Im ersten Jahr konnte man kaum von einem Werksteam sprechen, als sie sich mit Althea und Moriwaki verbündeten."
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Ronald ten Kate führte Honda zu einigen Erfolgen Zoom
Es war Hondas Versuch, den Abwärtstrend zu stoppen, der in den beiden Jahren zuvor einsetzte, als Ten Kate immer stärker mit der Konkurrenzfähigkeit der Honda Fireblade zu kämpfen hatte. Gegen die deutlich radikaleren Superbikes von Ducati, Yamaha und Kawasaki war man ins Hintertreffen geraten.
Erfolgreiche Ära: Honda lieferte das Budget, Ten Kate das Know-how
"Wir waren damals kein richtiges Werksteam", erinnert sich Ten Kate an die Zeit mit Honda. "Wir erhielten nicht viel technische Unterstützung. Doch ein Großteil des Budgets kam von Honda oder von Sponsoren, die uns Honda vermittelt hat. Es war also für uns viel einfacher, ein Budget aufzutreiben."
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Jonathan Rea bescherte Ten-Kate-Honda insgesamt 15 WSBK-Siege Zoom
"Um heutzutage sehr erfolgreich zu sein benötigt man beides: die finanzielle Unterstützung, aber auch die technische Unterstützung vom Werk", vergleicht Ten Kate, der mit seinem Team gern in die Superbike-WM zurückkehren würde, doch die finanziellen Hürden sind zu groß. Deshalb sieht man das Traditionsteam nur noch in der Supersport-WM.
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WSBK 2017: Ten Kate wurde durch den Verlust von Nicky Hayden zurückgeworfen Zoom
"Früher reichte es aus, finanziell unterstützt zu werden und Zugang zu einigen Teilen zu erhalten. Wir entwickelten damals eigene Lösungen. Es war also kein HRC-Bike. Es waren Motorräder, die wir geschaffen und gebaut haben", erinnert sich Ten Kate stolz an die Honda-Ära. Damals schärfte der niederländische Tuner die Honda-Superbikes nach und brachte sie auf das Niveau der Konkurrenz.
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WSBK 2019: Ten Kate kehrte zurück, doch die Sponsoren blieben aus Zoom
Doch derartige Projekte sind mittlerweile kaum noch vorstellbar. Heutzutage benötigt man auch in der Superbike-WM eine sehr gute Verbindung zum Hersteller, um erfolgreich zu sein. "Ich würde behaupten, dass die Vorgehensweise von früher mittlerweile beinahe unmöglich ist. Aber in der Welt ist nichts unmöglich. Es ist aber definitiv deutlich schwieriger als damals", ist sich Ten Kate bewusst.
Honda in der WSBK: Gutes Serienbike, aber zu träge Entwicklung?
Seit der WSBK-Saison 2020 betreibt Honda ein eigenes Werksteam ohne fremde Unterstützung. "Es ist kein richtiges Werksteam. Es ist lediglich ein Werksteam. Denn wenn es ein richtiges Werksteam wäre, dann würden sie gewinnen", kommentiert Ten Kate.
Im Vergleich zur Ten-Kate-Ära liefert Honda mittlerweile ein sehr leistungsstarkes Serien-Superbike, das eine gute Basis für die WSBK sein sollte. "Als ich das neue Modell das erste Mal auf der EICMA sah, dachte ich mir, dass es eine richtige Waffe sein könnte. Doch davon sah man bisher nicht viel", so Ten Kate.
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Honda Fireblade RR-R (2020): Die Erwartungen waren hoch, doch die Ergebnisse blieben aus Zoom
"Als sie die Entscheidung trafen, die Zusammenarbeit mit uns plötzlich zu beenden, unterschätzten sie das Niveau der Meisterschaft", ist Ten Kate überzeugt. "Wir holten damals fünfte, sechste oder siebte Plätze und schafften es gelegentlich aufs Podium. Sie haben vollkommen unterschätzt, was hier nötig ist."
In den zurückliegenden Jahren landete Honda auf dem letzten Platz der Herstellerwertung. Hat man mit Iker Lecuona und Xavi Vierge auf die falschen Fahrer gesetzt? "Ich würde nicht behaupten, dass die Fahrer das Problem sind. Beide sind gut genug, um mit dem richtigen Motorrad ums Podium zu kämpfen. Das ist also nicht das Problem", ist Ten Kate überzeugt.
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Ronald ten Kate denkt nicht, dass es an Iker Lecuona und Xavi Vierge liegt Zoom
Viel mehr erkennt der Niederländer, dass die Verantwortlichen bei HRC zu unflexibel agieren und sich bei der Entwicklung des Motorrads zu viel Zeit lassen. "Wie bei den anderen japanischen Herstellern könnte es daran liegen, dass sie zu träge sind, neue Teile oder Technologien zu bringen", vermutet Ten Kate.
"Sie lagen teilweise weit zurück, aber gleichzeitig sah man auch nicht, dass ständig neue Teile getestet wurden", bemerkt Ten Kate, der in diesem Atemzug darauf hinweist, dass er die Situation nicht mehr genau beurteilen kann, da er nicht mehr in das Projekt involviert ist.
"Ich habe in meinem Leben gelernt, dass es sehr schwierig ist, Dinge zu verstehen, wenn man nicht vollkommen involviert ist. Klar ist aber auch, dass sie den Wettbewerb hier vollkommen unterschätzt haben. Zudem haben sie unterschätzt, was wir beigesteuert haben bei der Entwicklung der Motorräder", rechnet Ten Kate mit Honda ab.
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