MotoGP-Paddock inside: 1,5 Sekunden Rückstand, aber Bagnaia ist "happy"

Francesco Bagnaia ist am Austin-Freitag der langsamste Ducati-Fahrer und äußert sich trotzdem zufrieden - Die Analyse des Großteils verregneten Trainingstags

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Francesco Bagnaia

Trotz großem Zeitrückstand zeigt sich Bagnaia zufrieden Zoom

der fast komplett verregnete Trainingstag auf dem Circuit of The Americas lässt natürlich nicht so viele Rückschlüsse für das restliche Wochenende zu. Denn am Samstag und Sonntag wird es laut Wetterprognose trocken sein. Im Sprint am Samstagnachmittag sollen die Temperaturen über 25 Grad Celsius steigen.

Trotzdem hat am Freitag Marc Marquez seine Favoritenrolle untermauert. Der "King of CoTA" war auf komplett nasser Strecke schnell, aber auch auf abtrocknender, und zum Schluss auf fast komplett trockener Strecke. Über eine halbe Sekunde Vorsprung sind eine Machtdemonstration.

Dennoch hat der Highsider im Vormittagstraining gezeigt, wie schnell es passieren kann. Man möchte sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn er sich beim Aufprall auf den Asphalt an den Händen verletzt hätte. Was das bedeutet, hat Zaungast Jorge Martin schmerzlich erfahren müssen.

Hinter Marc Marquez reihten sich die weiteren Ducati-Fahrer von VR46 und Gresini ein. Bemerkenswert ist der fünfte Platz von Fermin Aldeguer. Ich bin gespannt, wie der Rookie am Samstag diese Q2-Position nutzen kann und ob er uns auch im Trockenen ein Highlight zeigt.

Mit Platz zehn hat sich Francesco Bagnaia nur knapp einen Q2-Platz gesichert. Er fährt nicht mit der GP24, sondern weiterhin mit dem gleichen Motorrad wie sein Teamkollege, aber kleine Details beim Set-up sollen dennoch anders sein.

Bagnaia hatte schlussendlich eineinhalb Sekunden Rückstand auf Marc Marquez. Als sie am Nachmittag einmal gemeinsam auf der Strecke waren, hat man meiner Einschätzung nach im direkten Vergleich an der Körpersprache gesehen, dass sich Bagnaia weiterhin nicht wohlfühlt.

Umso mehr haben mich seine Aussagen nach dem Training überrascht: "Ich bin zum ersten Mal an einem Freitag zufrieden mit meinem Gefühl auf dem Motorrad. Im Nassen war ich sehr zufrieden. Normalerweise brauche ich mehr Zeit, um bei nassen Bedingungen konkurrenzfähig zu sein."

Marc Marquez, Francesco Bagnaia

Die beiden Ducati-Teamkollegen trafen einmal auf der Strecke aufeinander Zoom

"Aber heute Morgen hatte ich von der ersten Runde an ein gutes Gefühl. Also bin ich zufrieden", gibt Bagnaia zu Protokoll, und weiter: "Am Nachmittag war die gesamte Session gut. Dann habe ich zum Schluss die Entscheidung getroffen, mit dem weichen Vorderreifen zu fahren."

"Wir wissen, dass das nicht mein Reifen ist. Ich habe immer große Mühe, ihn zum Arbeiten zu bringen. Die anderen Ducati-Fahrer kommen besser damit zurecht. Ich weiß, dass es einer meiner Schwachpunkte ist, mit dem weichen Vorderreifen zu fahren."

"Aber abgesehen davon bin ich zufrieden. Das Gefühl beim Bremsen, das Gefühl beim Einlenken war besser - und genau das haben wir gesucht." Bagnaia ist also sehr zuversichtlich. Ich bin neugierig, was er uns am trockenen Samstag wirklich zeigen wird.

Marc Marquez hat KTM auf der Rechnung

Die große Frage ist nach diesem nassen Freitag, wer der erste Verfolger von Ducati ist. Wie eingangs erwähnt, ist das Kräfteverhältnis dahinter recht schwierig einzuschätzen. Denn wir haben keine Longruns mit Slicks gesehen.

"Ja, morgen werden wir die Realität besser sehen", meint Marc Marquez diesbezüglich. "Ich glaube, dass vielleicht Acosta und Vinales nah dran sein können, weil es hier viele Stop-and-Go-Kurven gibt - und dort ist KTM stark, besonders beim Beschleunigen aus dem ersten Gang."

Maverick Vinales

Maverick Vinales spürt vor allem in der Bremsphase Fortschritte mit der KTM Zoom

Auch bei harten Bremspunkten ist die RC16 normalerweise sehr gut. Im Qualifying-Versuch belegten Pedro Acosta und Maverick Vinales die Plätze sieben und acht. Vor allem Vinales hat überrascht. Aber das zeigt auch, wie gut dem Vorjahressieger diese Strecke liegt.

Als Vinales mit der Einschätzung von Marc Marquez konfrontiert wird, kann er darüber nur lachen: "Ich glaube nicht, dass er Gegner haben wird. Er wird sehr schnell sein. Leider bin ich noch nicht bei meinem Maximum." Trotzdem lief es für Vinales besser.

Der Spanier erkennt in seiner Bremsphase Fortschritte, die sich auch auf den Rest der Kurve gut auswirken. Herausforderungen sieht er noch beim Kurvenspeed. Ein Punkt, den sich Acosta bei Vinales abschauen will, denn seine Stärke ist die Bremse, aber nicht so sehr der Kurvenspeed.

Jack Miller bei wechselhaften Bedingungen wie immer stark

Bei Halbzeit des Nachmittagstrainings rückten Jack Miller und Luca Marini als Erste mit Slicks aus. Für Marini war es zu früh, er kehrte an die Box zurück. Miller zog durch und hatte genau den Übergangspunkt von Regenreifen zu Slicks richtig erkannt.

Miller ist bei solchen Bedingungen nicht nur mutig. Sein Geheimnis liegt auch darin, dass er sofort, wenn er die Boxengasse verlässt, genug Energie und somit Temperatur in die Reifen bekommt. Diese Stärke hat auch Bagnaia in den gemeinsamen Pramac-Jahren bewundert.

Jack Miller

Bei Mischbedingungen spielte Jack Miller einmal mehr seine Klasse aus Zoom

Das kann Miller und er traut es sich auch. Respekt! Auch Yamaha-Markenkollege Fabio Quartararo sagt ganz klar: "Er ist sehr aggressiv, aber gleichzeitig auch sanft. Besonders bei Mischbedingungen muss ich mich als Fahrer verbessern. Am nassen Vormittag hat er mich wirklich beeindruckt."

Miller hat es als einziger Yamaha-Fahrer in die Top 10 geschafft. Die Rennpace ist so wie an den ersten beiden Wochenenden ein großes Fragezeichen. Ich habe meine Zweifel, dass Miller im Rennen aus eigener Kraft um die ersten Verfolgerplätze hinter Ducati mitmischen kann.

Honda-Fahrer sehen Fortschritte bestätigt

Positive Signale hat man am Freitag wieder aus dem Honda-Lager vernommen. Mit Joan Mir auf Platz neun ist zwar nur ein Honda-Fahrer in den Top 10. Aber Johann Zarco ist in seiner fliegenden Runde auf einem nassen Fleck in Kurve 14 ausgerutscht und gestürzt.

Insgesamt heißt es von Mir, Zarco und Luca Marini, dass sich das gute Gefühl von den ersten Rennstrecken auch hier in Austin bestätigt hat. Denn auch im Regen war die RC213V viel besser fahrbar als im Vorjahr. Das untermauert die Fortschritte.

Joan Mir

Joan Mir spürt die Fortschritte von Honda auch in Austin bestätigt Zoom

"Ich bin zufrieden", unterstreicht Mir. "Das bedeutet, dass das Vertrauen, das ich derzeit in das Motorrad habe, ein gutes ist. Denn sonst ist man unter solchen Bedingungen nicht schnell." Zarco ist ebenfalls zuversichtlich, dass er in Q1 einen der ersten beiden Plätze schaffen wird.

Verkorkster Trainingstag bei Aprilia: Was beim Motor los war

Speziell Marco Bezzecchi erlebte ein Vormittagstraining zum Vergessen. Mehrmals gab es Probleme mit einer Aprilia. Dann ist er mit dem zweiten Bike auch noch in Kurve 5 per Highsider abgeflogen. Abgesehen von Schulterschmerzen ist "Bezz" glimpflich davon gekommen.

Bezzecchis Startübungen im Nassen haben auch nicht geklappt. Aber auch bei Ai Ogura gab es am Vormittag technische Probleme. Es stellte sich heraus, dass Aprilia bei kühlen Temperaturen ein generelles Problem hat. Das wurde durch den Regen, als es gefühlt noch kühler war, verschlimmert.

Marco Bezzecchi

Marco Bezzecchi erlebte vor allem ein verkorkstes erstes Training Zoom

Bezzecchi erklärt: "Wir hatten ein Problem mit der Motortemperatur, der Motor war etwas zu kalt. Dann schaltete der Motor in den Schutzmodus, und es war schwierig, das wieder in den Griff zu bekommen." Deshalb stotterte er mehrmals langsam um den Kurs.

Der Nachmittag verlief für den Italiener dann etwas besser. Aber keine Aprilia schaffte es in die Top 10. Bezzecchi landete auf Platz 13 und Ogura auf Rang 14. Laut Bezzecchi hat er "überall" etwas Zeit verloren.

"Besonders im ersten Sektor habe ich zu kämpfen. Ich tue mir ein wenig in den Esses schwer, aber auch im letzten Teil der Strecke - von Kurve 13 bis zum Ende. Dort habe ich Schwierigkeiten." Es sieht ganz und gar nicht danach aus, dass Aprilia den Vorjahressieg wiederholen könnte.

Euer,


Gerald Dirnbeck