Bezzecchi erklärt im Detail: Warum er sich in der Saison 2024 so schwertut

VR46-Ducati-Pilot Marco Bezzecchi schildert, was ihm im MotoGP-Jahr 2024 am meisten zu schaffen macht und was er sich für die zweite Saisonhälfte vornimmt

(Motorsport-Total.com) - Kurz vor Halbzeit der MotoGP-Saison 2024 rangiert Marco Bezzecchi außerhalb der Top 10 der Gesamtwertung. Auf das Podest hat er es in den neun bisherigen Grands Prix dieser Saison nur einziges Mal geschafft, nämlich in Jerez, wo er Dritter wurde.

Titel-Bild zur News: Marco Bezzecchi

Mit der Ducati GP23 tut sich Marco Bezzecchi schwer, aber nicht nur damit Zoom

Nach seiner starken Saison 2023 mit drei Grand-Prix-Siegen, insgesamt sieben Podestplätzen an den Sonntagen, sowie einem Sprint-Sieg und insgesamt sechs Top-3-Platzierungen an den Samstagen hatte sich Bezzecchi die Saison 2024 anders vorgestellt als sie bislang für ihn verlaufen ist.

Zum Vergleich: Fabio Di Giannantonio, der im Winter neu ins VR46-Team gekommen ist, hat es an den bisherigen neun Rennwochenenden 2024 zwar noch nicht in die Top 3 geschafft. Dank konstanter Ergebnisse aber hat "Diggia" fast 40 WM-Punkte mehr gesammelt als "Bez" und liegt aktuell auf dem achten Platz der Gesamtwertung.

Dass Bezzecchi in diesem Jahr einen schweren Stand haben würde, das wurde ihm direkt bei den ersten Testfahrten im Frühjahr klar. "Gleich bei den Wintertestfahrten spürte ich, dass die Kombination aus dem neuen Motorrad und den neuen Reifen nicht so gut zu meinem Fahrstil passt. Insbesondere die neuen Reifen erlauben es mir nicht so gut, meine Stärken auszuspielen", sagt Bezzecchi im Gespräch mit Motorsport-Total.com.

Marco Bezzecchi

Verglichen mit 2023 scheibt Bezzecchi in diesem Jahr viel öfter Frust Zoom

Der WM-Dritte der MotoGP-Saison 2023 ist nicht der einzige, der Schwierigkeiten hatte und hat, sich auf die 2024er-Reifenkonstruktion anzupassen. Die diesjährige Spezifikation der Michelin-Reifen lässt zwar auf nahezu allen Strecken bessere Rundenzeiten zu als 2023, weil sie mehr Grip bietet. Dem Fahrstil von Piloten wie Bezzecchi aber, die das Motorrad am Kurveneingang gerne ein bisschen über das Hinterrad rutschen lassen, kommt das überhaupt nicht entgegen.

Hinzu kommt für "Bez" noch, dass ihm die Ducati GP23, die er in diesem Jahr fährt, nicht so gut liegt wie die GP22, die in der Saison 2023 pilotierte. Im Detail beschreibt der VR46-Pilot seine Probleme so: "Verglichen mit meinem Motorrad aus dem vorigen Jahr hat dieses Motorrad mehr Grip, speziell in Schräglage und beim Aufdrehen des Gasgriffs."

"Diese Charakteristik", so Bezzecchi, "ist mir direkt beim Valencia-Test [im November 2023] aufgefallen, als ich dieses Bike zum ersten Mal ausprobiert habe. Mit den damaligen Reifen habe ich den Test trotzdem als Dritter beendet. Ja, es gab einen Unterschied, aber der war nicht allzu groß".

"Als es dann nach Sepang ging", denkt Bezzecchi an den ersten Test der Ducati GP23 mit den 2024er-Reifen zurück, "spürte ich sofort, dass der Grip mit den neuen Reifen einfach zu extrem war. Fortan hatte ich beim Bremsen, am Scheitelpunkt der Kurven und beim Beschleunigen immer das Problem, dass das Bike über das Vorderrad schiebt. Damit fingen meine Probleme an. Ich begann den Vorderreifen zu zerstören".

Marco Bezzecchi

Bezzecchis Problem 2024: Untersteuern in nahezu allen Phasen einer Kurve Zoom

Dass er es Ende April in Jerez zum bislang einzigen Mal in dieser Saison auf das Podium geschafft hat, das führt Bezzecchi rückblickend auf besondere Umstände zurück. Eine Trendwende zum Positiven war das Spanien-Wochenende für ihn nicht, wie er heute weiß.

"Der Asphalt", sagt Bezzecchi über den Circuito de Jerez in Südspanien, "hat dort viel weniger Grip. Das kam mir sofort entgegen, um mein Gefühl aus dem vergangenen Jahr wiederzufinden. Deshalb kam ich in Jerez so gut zurecht. Auf anderen Strecken hingegen, wie etwa Montmelo (Barcelona; Anm. d. Red.), wo der Asphalt ebenfalls wenig Grip bietet, war das Gefühl nicht so gut. Und auf wieder anderen Strecken fühlte es sich ohnehin nicht so gut an".

Um die Probleme zu lösen, wird auf seiner Seite der VR46-Box "nichts unversucht gelassen", wie Bezzecchi versichert. "Matteo und das Team probieren alles, um das Motorrad bestmöglich an meine Bedürfnisse anzupassen", spricht er auf seine Crew rund um Crewchief Matteo Flamigni an. Gleichzeitig weiß er, dass er selber den größten Beitrag leisten kann.

"Der Einfluss, den ich als Fahrer [auf die Performance] habe ist wahrscheinlich größer als der Einfluss des Motorrads. Deshalb schaue ich mir die Daten an und versuche herauszulesen, wie und wo ich mich verbessern kann. Das Beste ist es einfach, wenn ich versuche, mich so gut es geht an die Charakteristik dieses Motorrads anzupassen", sagt Bezzecchi.

Marco Bezzecchi, Matteo Flamigni

Bezzecchi mit Crewchief Matteo Flamigni in der Box des VR46-Teams Zoom

In schwierigen Phasen, wie er sie aktuell gerade durchmacht, kann der 25-jährige Italiener auf den Rückhalt seines persönlichen Umfelds zählen: "Meine Familie, meine Freunde, mein Team, die Akademie und mein Hund, sie sind alle in Italien. So habe ich, wann immer ich zu Hause bin, die Möglichkeit, sie zu treffen. Meine Freunde sind fantastisch. Ich habe viele gute Freunde, die mich gern haben, ganz egal wie ich auf der Strecke abschneide. Ob ich Letzter oder Erster bin, das kümmert sie nicht."

Und was nimmt sich Bezzecchi nach dem schwierigen ersten Teil der Saison für die zweite Saisonhälfte vor? Die beginnt offiziell am 17./18. August mit dem Österreich-Wochenende in Spielberg, weil es das elfte von 20 Rennwochenenden im MotoGP-Kalender 2024 ist. Zwei Wochen zuvor gibt es noch den Großbritannien-Grand-Prix in Silverstone, der im Anschluss an die nun eingeläutete Sommerpause ganz offiziell die erste Saisonhälfte beschließt.

"Jetzt, da wir uns so schwertun, müssen wir versuchen, Schritt für Schritt voranzukommen", sagt Bezzecchi. "Mein Ziel für die zweite Saisonhälfte ist es, konstante Ergebnisse einzufahren und damit insgesamt eine Verbesserung zu erzielen. Ich denke da zunächst an Top-10- und später Top-5-Ergebnisse. Und hoffentlich kann ich vor Ende des Jahres noch um das Podium kämpfen, so wie ich das im vergangenen Jahr konnte."

"Das ist das Hauptziel und dieses sollten wir immer vor Augen haben, um nicht die Motivation zu verlieren. Ich persönlich tue genau das", versichert Bezzecchi, dass er die Hoffnung auf weitere Podestplätze vor seinem feststehenden Wechsel zu Aprilia nicht aufgibt.

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