Mexiko-Sieger di Grassi jubelt: "Beste Runden meiner Karriere"

Lucas di Grassi holt sich mit einem frühen Autowechsel den Sieg im Mexiko ePrix - Er schließt in der Meisterschaft auf Sebastien Buemi auf - Daniel Abt kann punkten

(Motorsport-Total.com) - Der vierte Lauf der Formel-E-Saison 2016/17 war an Spannung kaum zu überbieten. Denn das chaotische Rennen in Mexiko-Stadt wurde von vielen Fahrfehlern, technischen Defekten und Rangeleien geprägt. Lag Rennsieger Lucas di Grassi in der Startphase noch an letzter Position, konnte sich der Abt-Pilot mit einer taktischen Meisterleistung zurück ins Spitzenfeld und schlussendlich zum Sieg kämpfen. Auch Teamkollege Daniel Abt erlebte auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez einen aufreibenden Samstag. (Zum Ergebnis des Mexiko ePrix!)

Titel-Bild zur News: Lucas di Grassi

Lucas di Grassi jubelt in Mexiko und freut sich über seinen fünften Formel-E-Triumph Zoom

"Heute haben alle gesehen, was die Formel E ausmacht: Man darf niemals aufgeben, egal wie aussichtslos die Situation auch scheint", strahlt Rennsieger di Grassi nach seinem Husarenritt. Er war im Qualifying wie auch Rivale Sebastien Buemi schon in der ersten Gruppe gescheitert und musste von der aussichtslosen 15. Startposition ins Rennen gehen. Gleich in der Startphase beschädigte er sich den Heckflügel seines Boliden bei einer Berührung mit Stefan Sarrazin so schwer, dass er diesen an der Box tauschen musste.

So kam es, dass di Grassi bereits in der dritten Runde an der letzten Stelle des Feldes zu finden war. Doch die Abt-Mannschaft bediente sich eines strategischen Schachzuges, der sich im Nachhinein als goldrichtig herausstellen sollte. Der 32-Jährige kämpfte sich bis Runde 17 auf die zehnte Position nach vor, als man ihn frühzeitig an die Box zum obligatorischen Autowechsel holte. Er fiel zwar zwischenzeitlich wieder auf den letzten Platz zurück, holte aber Position um Position auf, als alle Kontrahenten in den Runde 25 und 26 ihre Boliden tauschten. Innerhalb von nur fünf Runden spülte es di Grassi an die Spitze, wo er sich festsetzen konnte.

Er hatte in der ersten Phase nach seinem Autowechsel so viel Energie sparen können, dass ihm nur fünf Prozent auf die später gewechselten Piloten fehlte. Ins Ziel schaffte er es mit einer Energiereserve von zwei Prozent. "Vor allem die Runden nach dem Stopp waren die vielleicht besten meiner Karriere: Ich musste mit meiner Energie haushalten und durfte keinen einzigen Fehler machen", schildert der Triumphator. "Mein Dank geht an die Mannschaft in der Box, die mutig genug war, diese gewagte Strategie zu riskieren."

Zusätzlich bekam er außerdem Schützenhilfe von Jerome D'Ambrosio, der ebenfalls einen frühen Wechsel vornahm und in der Schlussphase auf dem zweiten Platz alle hinter ihm fahrenden Autos aufhielt. Di Grassi büßte zwar viel Vorsprung ein, konnte so aber auch nach der dritten Safety-Car-Phase die Führung behalten.


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"Als das Safety-Car zum dritten Mal herauskam und ich meinen Vorsprung einbüßte, war ich kurz frustriert. Unter normalen Umständen hätten wir da das Rennen verloren", gibt er ehrlicherweise zu und fügt an: "Was mir sicher geholfen hat, waren die Kämpfe hinter mir. Und dass D'Ambrosio die Verfolger beschäftigt hat. Am Ende hat das den Ausschlag gegeben, aber ohne die dritte Safety-Car-Phase hätten wir diese Unterstützung nicht gebraucht." Denn ohne die Gelbphase hätte di Grassi einen Vorsprung von fast 40 Sekunden ins Ziel gebracht.

Nach Disqualifikation: Abt betreibt erfolgreich Schadensbegrenzung

Auch in der anderen Hälfte der Abt-Garage spielte sich ein emotionales Wechselbad der Gefühle ab. Daniel Abt holte sich im Superpole-Shootout eigentlich die Pole-Position vor Oliver Turvey, doch dem Deutschen wurde seine zweiten Karriere-Pole aberkannt. Sein Bolide hatte einen zu niedrigen Reifendruck bei der technischen Abnahme. Damit musste Abt nur von Platz 18 ins Rennen gehen. "Von dieser schlechten Ausgangsposition waren Punkte unser Ziel", erzählt der Deutsche nach dem Rennen.

Und sein Ziel konnte er mit einer unspektakulären Fahrt erreichen. Abt profitierte von Ausfällen und Fahrfehlern der Konkurrenz und holte bis zu seinem Autowechsel in Runde 25 bereits sieben Plätze auf. Danach fiel er wieder auf den 15. Rang zurück. Erst in Runde 43 (von 45) machte er einen großen Sprung in die Top 10, in der chaotischen Schlussphase holte er weitere Plätze auf und sicherte sich somit den siebten Rang.


Formel E in Mexiko

"Wir haben unser Ziel erreicht und damit Schadensbegrenzung betrieben. Aber natürlich ärgert es mich schon ein wenig, denn man hat an Lucas gesehen, was mit ein bisschen mehr Glück möglich gewesen wäre", blickt Abt mit einem weinenden Auge auf das Endergebnis. Im Ziel fehlten ihm fast zwölf Sekunden auf seinen Teamkollegen.

Di Grassi nur noch fünf Punkte hinter Buemi

Der 24-Jährige nimmt mit dem siebten Platz sechs weitere Punkte mit für die Meisterschaft, dort liegt er nun auf der siebten Position mit insgesamt 20 Punkten. Lucas di Grassi konnte einen großen Schritt Richtung Meisterschaftsführung in Mexiko machen, nachdem Buemi nur einen Punkt (schnellste Rennrunde) einfahren konnte. Die beiden Piloten trennen nun nur noch fünf Zähler an der Spitze (76:71).

Beim nächsten Event in Monaco am 13. Mai genießt di Grassi fast einen Heimvorteil: "Ja, die Ziellinie ist hundert Meter von meiner Haustür entfernt", lacht er. "Wir werden wieder kämpfen und schauen, was wir tun können. In Sachen reiner Speed ist uns Renault vielleicht einen Schritt voraus, aber wir sind wieder in einer besseren Situation. Wir werden noch härter arbeiten und versuchen, wenig oder keine Fehler zu machen", blickt er auf den fünften Meisterschaftslauf voraus.