• 20.11.2014 20:42

  • von Dieter Rencken, Mario Fritzsche & Dominik Sharaf

Williams: Trendwende geschafft

Claire Williams, Felipe Massa und Valtteri Bottas über die erfolgreiche Rückkehr des Williams-Teams in die Erfolgsspur und die nächsten Ziele

(Motorsport-Total.com) - Williams hat in der am Sonntag auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi zu Ende gehenden Formel-1-Saison 2014 eine beeindruckende Trendwende hingelegt. Zog das einstige Weltmeisterteam in der vergangenen Saison gerade einmal fünf mickrige WM-Punkte an Land, so steht man ein Rennen vor Schluss der Saison 2014 mit bereits 254 WM-Punkten vor Ferrari und McLaren.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa, Valtteri Bottas

Williams: Mit Massa, Bottas, Mercedes, Martini, Symonds und Co. zum Erfolg Zoom

"Jeder hat die Veränderung gesehen, die das Team durchgemacht hat. Vom neunten auf den dritten Platz innerhalb einer Saison, das ist eine beeindruckende Wende, auf die wir sehr stolz sind", sagt die stellvertretende Williams-Teamchefin Claire Williams und führt an: "Dahinter steckt harte Arbeit. Das Wichtigste für uns ist, dass es über die gesamte Saison gesehen ein nachhaltiger Erfolg war und nicht nur das Ergebnis von ein oder zwei glücklichen Rennen."

Valtteri Bottas und Felipe Massa sind bei den 18 bisherigen Saisonläufen bereits sieben Podestplätze gelungen. Claire Williams macht für die gelungene Rückkehr in die Erfolgsspur vier Faktoren aus. Erstens: "Der Mercedes-Antrieb war dieses Jahr der stärkste Antrieb." Zweitens: "Das neue Technikerteam, angeführt von Pat Symonds." Auf Geheiß des ehemaligen Renault-Technikchefs wurde unter anderem Rob Smedley von Ferrari zu Williams gelotst.


Fotos: Williams, Großer Preis von Abu Dhabi, Pre-Events


Drittens sind es nach Aussage der Tochter von Teamgründer Frank Williams die Fahrer: "Felipe als Neuzugang hat unsere Fahrerpaarung verstärkt. Valtteri hat in seinem erst zweiten Jahr fantastische Arbeit geleistet. Felipe hatte zwar manchmal Pech, aber er hat uns trotzdem in Österreich die Pole-Position und den einen oder anderen Podestplatz beschert."

Als vierten Aspekt für den Erfolg macht die stellvertretende Teamchefin die kommerzielle Seite aus. "Da haben wir über den Winter sehr gute Arbeit geleistet, obwohl das Jahr 2013 eine Katastrophe war", spricht sie die kurz vor Saisonbeginn festgezurrte Zusammenarbeit mit Martini als Titelsponsor an.

Was noch fehlt, ist ein Sieg

Was zum ganz großen Williams-Glück noch fehlt, ist ein Sieg. Gelingt dieser nicht am Sonntag in Abu Dhabi, dann soll es in der Saison 2015 endlich wieder soweit sein. Ungeachtet des im bisherigen Saisonverlauf verpassten Sprungs auf die oberste Stufe des Podests bewerten die beiden Williams-Piloten das vor dem Abschluss stehende Rennjahr überwiegend positiv, erkennen aber gleichzeitig noch Luft nach oben.

"In Österreich gab es ein paar Dinge, die wir hätten besser machen können." Valtteri Bottas

"In Österreich gab es ein paar Dinge, die wir hätten besser machen können", meint Bottas und erklärt: "Das kommt mir zuerst ins Gedächtnis, weil ich dort mein erstes Podium und für das Team ein gutes Ergebnis geholt habe. Hockenheim war auch ziemlich gut, dort bin ich Zweiter geworden und habe einen Mercedes geschlagen."

Wo gibt es noch Nachholbedarf? "Die Reifentemperatur zu kontrollieren wurde gerade in letzter Zeit immer wichtiger. Auf verschiedenen Strecken gibt es immer verschiedene Fenster, in denen die Reifen am besten funktionieren und es gibt bekanntlich verschiedene Mischungen. Das in den Griff zu bekommen ist immer wichtiger geworden und es wird auch in Zukunft so bleiben. Das Fenster, in dem der Reifen am besten funktioniert, ist recht eng. Wenn man da den richtigen Punkt erreicht, hat man einen großen Vorteil. Wir haben daran gearbeitet und werden auch dort immer besser", so der Finne.

Massas Saisonbilanz: Hätte, Wäre, Wenn...

Felipe Massa

Massa geht als WM-Achter ins Saisonfinale und trauert verpassten Chancen nach Zoom

Teamkollege Massa erlebte einen schwierigen Einstand im Team, kam aber mit fortwährender Saisondauer besser zurecht und war nach der Sommerpause häufig besser aufgestellt als Bottas. "Von der Geschwindigkeit her hat sich nichts geändert, aber die Beständigkeit im Rennen ist besser geworden", erklärt der Brasilianer und fügt an: "Es sind so viele Dinge in den Rennen passiert und nicht im Qualifying. Ich hatte vielleicht auch ein wenig mehr Glück, nachdem in der ersten Hälfte der Saison so viel passiert ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es so weiter gehen kann. Nicht nur für das letzte Rennen, sondern auch für eine viel bessere und beständigere Saison im kommenden Jahr."

Massas Saisonbilanz klingt daher nicht hundertprozentig zufrieden: "Es ist ein wenig frustrierend, wenn man sich anschaut, wie viele Punkte ich zurückliege und wie viele Punkte ich in all diesen Rennen verloren habe. Ich könnte um die Top 4 in der Weltmeisterschaft mitkämpfen. Es hätte ein großer Kampf zwischen Valtteri, Vettel, Alonso und mir werden können. In dieser Position bin ich aber nicht, weil ich so viele Punkte verloren habe. Wir müssen sicherstellen, dass so etwas nicht wieder vorkommt."

Bottas zeigt sich von den vom Teamkollegen geschilderten Eindrücken nicht überrascht: "Es gab viele Dinge, vor allem zu Beginn der Saison, an die man sich neu gewöhnen und in denen man besser werden musste. Es war ein sehr arbeitsreiches Jahr für die Ingenieure und das ganze Team, weil vieles neu war. Zum Ende der Saison ist es einfacher geworden, weil alles normaler wurde."

Bottas: "Endlich die richtigen Leute im Team"

Valtteri Bottas

Für Bottas liegt der Schlüssel zum Erfolg nicht nur im Material Zoom

Ein echtes Erfolgsgeheimnis kann der Finne kurz vor Ende seiner zweiten Saison als Williams-Stammfahrer indes nicht ausmachen. "Es gibt keine Geheimnisse, nur harte Arbeit, die richtigen Dinge tun und seine Energie in die richtigen Sachen stecken. Dadurch erreicht man eine bessere Performance und holt mehr aus dem Auto und dem Team heraus", ist Bottas überzeugt.

"Wir haben jetzt endlich die richtigen Leute im Team, die das alles organisieren können. Das ist es: gutes Teamwork und eine gute Organisation. Wir haben natürlich ein viel geringeres Budget, als die Teams vor und hinter uns. Es ist daher schön, dass wir da oben stehen. Für das kommende Jahr haben wir uns aber schon höhere Ziele gesetzt", sagt Bottas, weiß aber auch: "Im kommenden Jahr wird es auch wieder nicht einfach, weil da bestimmt auch noch neue Sachen hinzukommen werden. Es entwickelt sich alles stetig weiter und es wird nie einfacher."

Neue Ziele für die Saison 2015

Claire Williams

Claire Williams gibt die Marschrichtung vor: Klassenprimus Mercedes herausfordern Zoom

Claire Williams erkennt nicht nur in Bezug auf die Ergebnisse, sondern auch bezogen auf die Stimmung im Team eine Trendwende. "Am Saisonbeginn, als wir auf das Podium oder auf Platz vier oder fünf gefahren sind, da wurde Champagner gespritzt und wir haben uns auf die Schulter geklopft. Jetzt werden wir Vierter und Fünfter und es wird gesagt: 'Gute Arbeit Jungs, aber jetzt packen wir zusammen.' Sobald du nachhaltig erfolgreich bist, gewöhnen sich die Leute schnell an den Erfolg und wollen den nächsten Schritt machen."

So gibt die Tochter von Frank Williams schon einmal die Marschrichtung für 2015 vor: "Wir müssen sicherstellen, dass der Trend über den Winter anhält und wir den Rückstand auf Mercedes verringern können. Dann hoffen wir, dass unsere Konkurrenten den Rückstand nicht so schnell aufholen wie wir und wir es nächstes Jahr mit Mercedes aufnehmen werden." Dass man sich gegen Teams wie Ferrari, die deutlich mehr Geld zur Verfügung haben, behaupten konnte, dürfte sich für Williams im Hinblick auf die Sponsorensituation für 2015 nochmals positiv auswirken.