Waßer-Jubiläum: "Alles in allem mein absoluter Traumjob"
'RTL'-Kommentator Heiko Waßer blickt in einem Interview auf bewegte 20 Jahre in der Formel 1 zurück - Seine größte Panne war dabei "ein großes Missverständnis"
(Motorsport-Total.com) - Eine der Stimmen der Formel 1 feiert beim heutigen Grand Prix von Spanien sein 20-jähriges Dienstjubiläum: 'RTL'- Kommentator Heiko Waßer. Der damals 35-Jährige gebürtige Gladbecker feierte seine Premiere am 9. Mai 1993 ebenfalls in Barcelona. In einem Interview erzählt der heute 55-Jährige unter anderem, mit wem aus dem Fahrerfeld er ein besonderes Verhältnis pflegt, wer seine eigentlich "bessere Hälfte" ist und wo er sich nach seinem "alles in allem absoluten" Traumjob in 20 Jahren sieht.

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Seit Spanien 1998 ein Gespann: Jubilar Heiko Waßer und Christian Danner
Frage: "Herr Waßer, können Sie sich noch an Ihr erstes Rennen erinnern?"
Heiko Waßer: "Ja, da kam am Montagabend ein Anruf vom damaligen 'RTL'-Sportchef Burkhard Weber, dass ich am nächsten Sonntag mit kommentieren sollte. Viel mehr Zeit, mit mir zu reden, hatte er nicht, somit hat er mich mit diesem Anruf erst einmal alleine gelassen. Da war ich natürlich aufgeregt und habe mich dementsprechend akribisch vorbereitet, habe versucht, tausend Sachen zu lesen. Ich habe mir damals auch die ersten zwei, drei Sätze zurechtgelegt, weil ich mich nicht sofort am Anfang verheddern wollte."
Frage: "Wissen Sie noch, wer damals gewonnen hat?"
Waßer: "Ja, Alain Prost vor Ayrton Senna. Michael Schumacher wurde Dritter."
Frage: "Zu wem haben Sie über all die Jahre ein besonderes Verhältnis entwickelt?"
Heiko: "Ich habe Michael Schuhmacher fast von Anfang an begleiten dürfen: Er hat 1991 angefangen und ich kam 1992 dazu, und als ich dann ab 1993 kommentiert habe, habe ich alle seine Weltmeisterschaften miterleben dürften. Klar hatten wir einen engen Draht."
"Wir waren durch die Einladungen bei Ferrari jahrelang - bestimmt zehn, zwölf Mal - immer zusammen in Italien zum Skilaufen, wir haben zusammen Charity-Fußballspiele bestritten, die ich ja auch für ihn organisiert habe, wir haben zusammen gefeiert, einmal hat er mich auch zur Saisoneröffnung im Hotel mit einem Schubs in den Pool begrüßt."
Große Veränderungen beim Sport und beim Kommentieren
Frage: "Wie gut verstehen Sie sich außerhalb der Kommentatorenkabine mit Christian Danner?"
Waßer: "Ich bezeichne Christian oft als meine 'bessere Hälfte?, weil ich mit ihm extrem viel Zeit verbringe, weil wir in der Kabine nebeneinander sitzen und uns auch jobtechnisch sehr gut ergänzen. Witzigerweise verstehen wir uns auch hervorragend, obwohl wir komplett unterschiedlich sind: Er hasst Klimaanlagen, will immer nur draußen sitzen, er ist Vegetarier, er geht ins Bett, sobald es dunkel wird."
"Ich bin sicherlich kein Partylöwe vor dem Herrn, aber ich bin schon jemand, der abends gerne noch mal weggeht; ich habe absolut nichts gegen Klimaanlagen, weil ich ungerne verschwitzt durch die Welt renne und ich esse auch gerne mal ein Stück Fleisch - soll heißen: Christian und ich sind eigentlich völlig konträre Typen, verstehen uns aber trotzdem sehr gut."
Frage: "Wie sehr hat sich in den vergangenen 20 Jahren die Formel 1 verändert?"
Waßer: "Der Sport und damit auch das Kommentieren sind viel komplizierter geworden, allein schon durch die immer neuen Regeln und Reifenmischungen. Und auch die Ansprüche der Zuschauer sind sehr gestiegen. Als wir angefangen haben, war Formel 1 ja noch nicht diese unglaublich beliebte Sportart."
"Mittlerweile sind wir bei einem Status angekommen wie beim Fußball, wo auch jeder Deutsche meint, er ist der Bundestrainer und weiß besser Bescheid als wir Kommentatoren und es wahrscheinlich auch besser sieht, weil er einen größeren Fernseher zu Hause hat. Außerdem sind es mittlerweile viel mehr Rennen und viel weitere Flüge."
Frage: "Auf wie viele Flugmeilen kommen Sie denn so insgesamt?"
Waßer: "Ich habe noch nie nachgerechnet. Ich weiß noch nicht einmal die genaue Zahl der Rennen, die ich mittlerweile kommentiert habe. Ich schätze, so etwa 330 bis 340. Die eine oder andere Erdumrundung wird bestimmt schon dabei gewesen sein. Wenn ich die Zeit zusammenrechne, die ich in Lounges und in Flugzeugen verbracht habe, sind das um die zwei Jahre."
Kommentator für Waßer ein Traumjob
Frage: "Macht einen das nicht auch ein bisschen müde? Oder sind Sie auch nach 20 Jahren noch mit der gleichen Begeisterung dabei?"
Waßer: "Man muss sich schon manchmal zwingen, das noch gut zu finden. Beim ersten Rennen in dieser Saison hat es mich gleich richtig erwischt: Schneechaos in Frankfurt, stundenlanges Warten, dadurch Verpassen der Anschlussmaschine in Singapur und am Ende war ich 42 Stunden unterwegs von meinem Haus bis zum Hotel in Melbourne."
"Das ist nicht unbedingt eine Traumreise, aber wenn man dann zum ersten Mal wieder ins Fahrerlager kommt und die Autos sieht, dann freut man sich eben doch. Und wenn man sich mal aufregt über schlechte Verbindungen oder schlechte Hotels, ist das natürlich Klagen auf hohem Niveau. Alles in allem ist das mein absoluter Traumjob."
Frage: "Haben Sie schon einmal ein Rennen verpasst?"
Waßer: "Eines, weil ich krank war. Da musste ich kurzfristig ins Krankenhaus und wurde operiert. Deshalb habe ich die Weltmeisterschaft von Mika Häkkinen in Japan in den 1990er-Jahren (Grand Prix von Suzuka 1998; Anm. d. Red.) verpasst."
Frage: "Wo sehen Sie sich in zwanzig Jahren?"
Waßer: "Hoffentlich noch gesund und munter und hoffentlich mit dem Gewicht, das ich mir in den letzten Jahren mit viel Sport erkämpft habe - zwischendurch hatte die Formel 1 mir 20 Kilogramm draufgepackt - aber ob ich in 20 Jahren noch bei der Formel 1 bin, weiß ich nicht. Als Kommentator kann man auf jeden Fall älter werden als als Boxenreporter. Ein Kollege in England hat's vorgemacht: Der war mit über 80 noch in der Sprecherkabine. Allerdings weiß ich nicht, ob ich das will und vor allen Dingen weiß ich nicht, ob die Zuschauer das wollen."

