• 08.05.2006 11:39

Todt: "Nur kleine Dinge entscheiden"

Der Ferrari-Rennleiter über den Triumph am Nürburgring, die Hauptgegner in der Weltmeisterschaft und die Beziehung zu seinem Sohn Nicolas

(Motorsport-Total.com) - Jean Todt stellte sich bei Rennen, in denen es für Ferrari nicht gut lief, immer schützend vor sein Team. Doch seine Entschätzung seit Saisonbeginn war es, dass Ferrari bei der Musik der Großen dabei ist - und er hatte wohl recht. Nach dem Rennen am Nürburgring erklärte er seine Eindrücke der ersten fünf Saisonrennen und sprach auch über die Beziehung zu seinem Sohn Nicolas, der das ART-Team in der GP2-Serie führt.

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Jean Todt zweifelte nie, dass Ferrari in dieser Saison an der Spitze bestehen kann

Frage: "Für die Todts war es hier am Nürburgring ein tolles Wochenende. Michael Schumacher gewann für Ferrari, und das ART-Team deines Sohnes Nicolas gewann beide Läufe der GP2-Serie."
Jean Todt: "Für Ferrari war es ein sehr gutes Wochenende, das ist, was zählt. Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Aber ich bin natürlich auch stolz auf meinen Sohn, denn er leistet gute Arbeit und trägt nicht nur meinen Namen."#w1#

Ferrari-Sieg in der Eifel war keine Überraschung

Frage: "Ihr habt nun das zweite Rennen in Folge gewonnen, steht nun wieder eine dominierende Phase bevor oder ist der Wettbewerb in der Formel 1 dafür zu ausgeglichen?"
Todt: "In gewisser Weise ist es gut für einen großen Wettbewerb. Für uns zählt aber, dass wir endlich wichtige Punkte einfahren und Rennen gewinnen können. Vielleicht gibt es in Zukunft einige Teams, die sich in unsere Richtung entwickeln werden. Aber es ist auch keine Überraschung, dass es derzeit mindestens drei sehr starke Teams in der Meisterschaft gibt."

"Es scheint, als verstünden sehr viele Leute dieses Geschäft nicht sehr gut." Jean Todt

Frage: "Könnte es aufgrund der Kräfteverteilung zwischen Michelin und Bridgestone im Laufe der Saison dazu kommen, dass sich beide Reifenhersteller immer wieder an der Spitze ablösen?"
Todt: "Was heute wahr ist, muss nicht unbedingt auch in fünf Grands Prix der Fall sein. Wir wissen, wie wichtig es ist, das Auto in der Saison weiterzuentwickeln. Es ist also sehr wichtig, für jeden Grand Prix eine wichtige Weiterentwicklung zu haben. Dabei wissen wir auch, wie wichtig die Reifen sind. Zwischen den Teams und den Reifenherstellern gibt es einen großen Wettbewerb. Ich weiß nicht, wie es aussehen wird, wenn es heißer ist oder bei anderen Situationen. Wir wissen nicht, was alles passieren kann."

Frage: "Welcher Sieg war schöner, der in Imola oder der am Nürburgring?"
Todt: "Beide waren sehr gut, aber vielleicht ist der nächste noch schöner."

Frage: "Es gab im Vorfeld ja Spekulationen, dass Ferrari in Imola ohnehin stark sein würde und dass ein Sieg am Nürburgring viel überraschender sei. War er das für euch?"
Todt: "An diesen Spekulationen beteilige ich mich nicht. Als ich an den vergangenen zehn Tagen einige Kommentare gelesen habe, musste ich schon schmunzeln. Es scheint, als verstünden sehr viele Leute dieses Geschäft nicht sehr gut. Ich wusste schon seit Saisonbeginn, dass wir ein starkes Auto haben."

Todt sieht drei starke Teams an der Spitze

"Nur kleine Dinge entscheiden, auf welcher Seite man steht." Jean Todt

Frage: "Seid ihr also mit dem festen Ziel hierher gekommen, siegen zu wollen?"
Todt: "Wir wollten konkurrenzfähig sein, ein Herausforderer. Aber wie können wir das wissen, es geht ja sehr eng zu. Nur kleine Dinge entscheiden, auf welcher Seite man steht. Ich wusste, dass wir Herausforderer sein könnten, so wie ich es schon von Saisonbeginn an wusste, dass wir eine gute Saison haben könnten. Aber wir haben vor allem im zweiten und dritten Grand Prix keine sonderlich gute Arbeit abgeliefert, dafür haben wir den Preis bezahlt. Aber es war in gewisser Weise unser Fehler, nicht der der anderen."

Frage: "Geht ihr also davon aus, dass ihr auf allen Streckentypen erfolgreich sein könnt?"
Todt: "Es gibt keinen Grund, warum wir nicht konkurrenzfähig sein sollten."

Frage: "Als du vorhin von drei starken Teams sprachst, hattest du da auch McLaren-Mercedes im Kopf? Glaubst du, dass sie in den Kampf an der Spitze eingreifen können?"
Todt: "Sie sind sehr stark. Wenn man sieht, dass Kimi Räikkönen seinen ersten Stopp in Runde 23 absolvierte, dann hatte er zehn bis 15 Kilogramm mehr Benzin an Bord als alle anderen an der Spitze. Er hat im Qualifying also eine sehr gute Zeit hingelegt. Das Rennen schloss er dann vier Sekunden hinter dem Sieger ab, das Rennen verlief also nicht nach ihrem Geschmack, aber das kann sich beim nächsten Mal ändern. Auch Honda ist sehr stark. Auch sie können sich stark weiterentwickeln und ein starker Herausforderer sein."

Frage: "Mit dem dritten Rang könnte auch bei Felipe Massa der Knoten geplatzt sein. Bist du mit seinen Leistungen zufrieden?"
Todt: "Er war auch in Bahrain sehr gut, er stand in der ersten Startreihe, hat dann aber einen kleinen Fehler gemacht, das Team dann einen großen. Er hat damit den vierten oder fünften Rang verpasst. Im zweiten Rennen startete er von ganz hinten und wurde Fünfter, es war ein sehr gutes Rennen, vielleicht sogar besser als das hier. Beim dritten Rennen haben wir - ich sagte es schon häufiger - einen Fehler bei der Reifenwahl gemacht. Er wurde von zwei anderen Autos zudem abgeschossen. Beim vierten Rennen verlor er eine Position beim Boxenstopp und wurde Vierter und hier kam er als Dritter ins Ziel. Ich denke also, dass er einen guten Job macht. Ich denke, dass ihm das helfen und ihm Selbstvertrauen geben wird."

Frage: "Kann man seine Pace schon mit der von Michael Schumacher oder Fernando Alonso vergleichen, oder wäre dieser Vergleich nicht fair?"
Todt: "Ich denke, dass es drei Fahrer in dieser Meisterschaft gibt, die ein bisschen besser sind als alle anderen. Ich denke, Felipe gehört hinter diesen drei Fahrern zu den besten."

Frage: "Wird ihn der erste Podestplatz vielleicht ein wenig ruhiger machen?"
Todt: "Ich habe das Gefühl, dass er schon stark und ruhig ist."

Nicolas Todt hat keine Verbindungen zu Ferrari

Frage: "Wird das heutige Ergebnis vielleicht auch Auswirkungen auf eure Fahrerwahl für das nächste Jahr haben?"
Todt: "Ich kommentiere nichts zu den Fahrern."

Frage: "Gibt es zu deinem Sohn auch eine sportliche Beziehung, gerade in Bezug auf die Fahrer? Im Vorjahr baute er immerhin Nico Rosberg auf, in diesem Jahr Lewis Hamilton."
Todt: "Der einzige Unterschied ist, dass er im Vorjahr nicht wusste, dass er einen Fahrer (Rosberg; Anm. d. Red.) für Williams aufbaute. Diesmal weiß er es (denn Hamilton ist mit McLaren bereits eng verbunden; Anm. d. Red.). Aber zu Ferrari hat er keine Beziehung, überhaupt nicht. Einen Sponsor hat er sich geholt, ich habe mit dem Sponsor nie gesprochen. Mein Sohn kann die Leute nicht davon abhalten, dass sie denken, ich stünde hinter ihm und helfe. Ich habe eine starke Beziehung zu ihm, ich habe nur einen Sohn."

"Für mich ist er der wichtigste Mensch in meinem Leben und ich mag seinen Erfolg. Er hat einen starken Charakter. Die meiste Zeit hört er ohnehin nicht auf meine Vorschläge. Aber auch ich kann die Leute nicht davon abhalten, dass sie denken, dass er womöglich sogar Telemetriedaten von Ferrari erhält. Aber das ist alles auch nicht so wichtig."

Folgen Sie uns!

Folge uns auf Instagram

Folge uns jetzt auf Instagram und erlebe die schönsten und emotionalsten Momente im Motorsport zusammen mit anderen Fans aus der ganzen Welt