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Schwäche oder Stärke: So unterschiedlich ticken die McLaren-Piloten
Lando Norris hat seiner Frustration nach dem enttäuschenden Triple-Header offen Luft gemacht - Sein Teamkollege Oscar Piastri war hingegen sehr entspannt
(Motorsport-Total.com) - Pokerspieler würden Lando Norris' Gefühlsausbruch als "bröckelnd” bezeichnen. In einem Spiel mit Bluffs sind Emotionen ein Nachteil, da sie das Blatt verraten können. Doch ist es in der Formel 1 genauso? Wie sieht es mit der mentalen Stärke der McLaren-Piloten in der Saison 2025 aus? Immerhin agieren sie in einer Welt des Sports mit einer Fress-oder-stirb-Mentalität, in der es - das Wort ist hart - keinen Platz für "Snowflakes” gibt.

© LAT Images
Lando Norris und Oscar Piastri: So unterschiedlich sind die McLaren-Piloten Zoom
Es ist daher in Mode gekommen, über die Selbstkritik und Geißelung von Norris zu spotten. Kritiker glauben, dass der Brite bereits Ende der vergangenen Saison unter dem Druck zusammengebrochen ist. Sie interpretieren sein düsteres Auftreten, seine unverblümte Selbstkritik und seine unruhige Körpersprache nach den letzten Grands Prix als Kapitulation in der Weltmeisterschaft.
"Ich habe mir das Leben selbst schwer gemacht”, sagte Norris nach dem Rennen in Saudi-Arabien, bei dem er zum zweiten Mal in Folge einen Fehler gemacht hat, der ihn nun sogar die WM-Führung gekostet hat. Hinzu kommt seine Körpersprache: Seine Schultern hängen herunter und er wirkt, als hätte er keine Kraft mehr, zurückzuschlagen.
Piastri schon früh sehr reif
Während Norris in einer Welt, in der Unsicherheiten in der Regel verborgen bleiben, eine Ausnahmeerscheinung ist, nimmt sein Teamkollege am anderen Ende des Formel-1-Fahrer-Paradigmas Platz. Er wirkt so entspannt und ruhig, dass man immer wieder gerne seinen Puls checken möchte, um zu sehen, ob er überhaupt Emotionen spürt.
"Viele Menschen vergessen schnell, dass er vergangenes Jahr erst seine zweite und jetzt seine dritte Saison fährt”, sagt Formel-1-Weltmeister Max Verstappen über Piastri. "Er ist sehr solide und hat einen sehr ruhigen Ansatz. Das gefällt mir. Das sehen wir auch auf der Strecke. Er liefert ab, was er abliefern muss, und macht kaum Fehler. Das ist, was du im Titelkampf brauchst."
Ist Piastri jetzt WM-Favorit, Hans-Joachim Stuck?
"Strietzel" Stuck ist immer für einen flotten Spruch gut: Oscar Piastri, McLarens Bahrain-Sieger 2025, sei "eine coole Sau", sagt er. Weitere Formel-1-Videos
Dabei vernachlässigen wir jedoch, dass Verstappen in diesem Fall womöglich auch psychologische Kriegstaktiken gegen Norris angewendet haben könnte. Piastri hat ein Pokerface, ein Konstrukt, das er sehr vorsichtig aufrechterhält. Er konzentriert sich voll darauf, sicherzustellen, seine eigenen Bestleistungen erbringen zu können.
Unterschiede zwischen den Piloten
Es gibt keinen Kontrast zwischen den beiden McLaren-Fahrern, was faszinierend ist. Das zeigen auch die Fragen der Journalisten, die sich auf das Thema stürzen. In Saudi-Arabien fragte ein deutscher Redakteur beispielsweise, ob Piastri jemals Emotionen im Cockpit gezeigt habe. "Das gab es schon einige Male in meiner Karriere”, antwortete der McLaren-Fahrer.
Piastri hat sich mental jedoch klar aufgestellt: "Wenn es negative Emotionen sind, haben sie auch negativen Einfluss. Deshalb versuche ich - und das ist ganz natürlich bei mir - ruhig zu bleiben. Ich versuche, mich zu entspannen, aber ich muss bewusst daran arbeiten, damit mir das gelingt. Es gibt aber auch positive Emotionen. Nach China hätte eine Kamera eingefangen, wie verdammt aufgeregt ich war."
Piastri meint, unter seinem Helm gehe viel mehr vor, als die Öffentlichkeit sehe, dennoch versuche er, seinen Ansatz, ruhig zu bleiben, zu verfolgen. Norris und Piastri gehen also völlig unterschiedlich mit Erfolgen und Misserfolgen um. Macht es einen Fahrer aber wirklich stärker oder schwächer?
Die harten Kerle der Königsklasse
In der Formel 1 spielen die Fahrer oft den harten Kerl. Piastri wird von Mark Webber gemanagt. Webber musste neben dem Rennsport Pizzen ausliefern oder Holz zerkleinern, als er in den späten 1990er-Jahren kaum noch Geld für den Rennsport hatte. Webber war in seiner aktiven Zeit jemand, der sich in die Köpfe seiner Gegner schlich. Als er mit Nico Rosberg bei Williams fuhr, prägte er "Britney”, den abfälligen Spitznamen des Deutschen.
Verstappen spielt diese mentalen Spiele ebenfalls und lobt den positiven Einfluss von Webber auf Piastri: "Mark an seiner Seite zu haben, hilft ihm sicher sehr. Es ist großartig, denn Menschen lernen aus ihrer eigenen Karriere. So war es auch mit meinem Vater. Jetzt führt Mark also Oscar.” Doch sind Norris' Gefühlsausbrüche wirklich ein Zeichen dafür, dass sein Selbstvertrauen schwindet?
Im offiziellen Formel-1-Podcast sagt Norris gegenüber Tom Clarkson: "Ich will auf der Pole stehen, ich will gewinnen, ich will perfekt sein. Ich muss wohl ein wenig mehr akzeptieren, dass ich nicht perfekt sein werde, dass ich Fehler mache, weil ich versuche, perfekt zu sein. Es ist nicht anders herum." Es gibt wohl kaum einen Spitzensportler, der keine Dämonen hat. Die meisten heben sich diese jedoch für ihre Autobiografien auf.


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