Reifen: Die große Unbekannte im Formel-1-Zirkus
Reifen sind die ausschlaggebenden Faktoren in den Rennstrategien der Formel-1-Teams - Bridgestone hält die Entwicklung der Pneus jedoch streng geheim
(Motorsport-Total.com) - Woraus besteht eigentlich ein Formel-1-Reifen? Der japanische Hersteller Bridgestone verrät darüber nicht besonders viel. "Ein Formel-1-Reifen besteht aus Kautschuk, der aus Gummibäumen gewonnen wird, es ist also ein Naturprodukt. Dazu kommen andere Zutaten wie Ruß, Öl, Schwefel - es sind ungefähr 150 verschiedene Zutaten", so Firmensprecher Andy Stobart. Die genaue Zusammensetzung der Zutaten wird wie ein Schatz gehütet.

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Ein Formel-1-Reifen besteht aus etwa 150 verschiedenen Zutaten
In einem äußerst komplizierten Verfahren werden viele der Formel-1-Reifen handgefertigt. Dies dient der Qualitätskontrolle. Anschließend wird er auf Laufbändern hohen Belastungen ausgesetzt, um ihn auf seine Haltbarkeit zu testen. Kommt der Reifen in einem Rennwochenende zum Einsatz, ist er einer von 144 Pneus, die einem Formel-1-Team zur Verfügung stehen.#w1#
Um das Maximum aus einem Reifen heraus holen zu können, ist jedem Team ein Bridgestone-Ingenieur zugeteilt, der es mit Daten über die optimalen Druck- und Temperaturenwerte der Reifen versorgt. Die Ingenieure des Formel-1-Teams vergleichen diese Zahlen mit den Werten, die von den gefahrenen Reifen über Sensoren auf den Computer gesendet werden.
Falls ein Reifen einmal überstrapaziert werden sollte, "dann reagiert man zuerst mit einer Verschiebung der Gewichtsverteilung darauf", sagt Force-India-Chefingenieur Dominic Harlow. "Man entlastet dann zum Beispiel die Hinterräder, indem man Gewicht nach vorne verlagert." Auch mechanische Varianten, wie eine Umstellung der Dämpfer, können ausgenutzt werden, um den Reifenverschleiß einzudämmen. Die Fahrer können ebenfalls die Abnutzung der Reifen beeinflussen. "Es macht schon einen erheblichen Unterschied für die Hinterräder, wenn man etwas vorsichtiger beschleunigt", erklärt Harlow.
Datenflut am Rennwochenende

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Graining: Wenn es auftritt, ärgert es Fahrer wie Ingenieure gleichermaßen Zoom
Ein Rennwochenende bietet viel Zeit, um wichtige Daten zu sammeln. Die Teams treten im Vorfeld des Rennens am Sonntag freitags in zwei 90-minütigen Trainingseinheiten, samstags in einem einstündigen Freien Training sowie dem Qualifying an. Die gesammelten Erkenntnisse werden anschließend in die Bridgestone-Zentrale nach Japan gesendet, wo sie in die Weiterentwicklung der Reifen einfließen.
Die benutzten Reifen werden ebenfalls an Bridgestone zurückgegeben. Der Hersteller untersucht diese anschließend, um noch mehr über ihr Verhalten zu erfahren. So wird unter anderem die Reifenoberfläche abgeschabt, um festzustellen, ob Graining aufgetreten ist, oder ob der Reifen Blasen geworfen hat. "Die auffälligsten Reifen werden dann zurück nach Japan geschickt. Dort werden sie dann zum Teil unter dem Mikroskop untersucht. Es werden Stücke herausgeschnitten und man versucht, genau zu verstehen, was mit ihnen passiert ist," so Stobart.
Für den Grand Prix von Deutschland auf dem Hockenheimring am 25. Juli hat Bridgestone eine vergleichsweise aggressive Reifenauswahl getroffen. Harlow sieht darin kein Problem. "Ich erwarte nicht, dass es noch mal solche Probleme wie in Kanada geben wird. Die Strecken, die bei den Reifen Überraschungen bringen könnten, haben wir in dieser Saison schon hinter uns. Jetzt kommen noch Orte wie Spa-Francorchamps, wo das Wetter oft eine Rolle spielt."

