Liam Lawson unter Druck: Sorgenkind statt Hoffnungsträger bei Red Bull?
Nach seinem Wechsel von Red Bull zu Racing Bulls bleibt Liam Lawson hinter den Erwartungen zurück - Wo das Problem liegt und was der 23-Jährige jetzt bräuchte
(Motorsport-Total.com) - "Bis jetzt nicht so toll" - Was nach der spöttischen Randnotiz eines gelangweilten Filmkritikers zur Hälfte eines milliardenschweren Blockbusters klingt, beschreibt ziemlich exakt, wie sich Liam Lawson derzeit über seinen bisherigen Verlauf der Formel-1-Saison 2025 äußert.

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Liam Lawson: Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind? Zoom
Dabei sollte diese Saison sein Durchbruch werden. Nach dem Abschied von Sergio Perez entschied sich Red Bull für den jungen Neuseeländer. Lawson galt als Idealbesetzung: anpassungsfähig, pragmatisch, mit einer gesunden Portion Sturheit, besonders dann, wenn er auf deutlich erfahrenere Gegner trifft.
Wer sich an sein kurzfristiges Comeback im vergangenen Jahr erinnert, etwa an das Rennen in Austin, der weiß, was gemeint ist. Dort zeigte er sich völlig unbeeindruckt von Fernando Alonso. Auch in Mexiko ging er ohne Zögern in ein Duell mit Perez.
Ein Verhalten, das ihm zwar Kritik aus Red Bulls Chefetage einbrachte, intern aber durchaus auch als erfrischend gewertet worden sein dürfte. Fast so, als sähe man einer Raubkatze dabei zu, wie sie in einer Naturdokumentation ihre Beute reißt: schockierend, aber faszinierend.
Lawson: Vom Aufsteiger zum Sorgenkind?
Dabei sprach im Vorfeld vieles für Yuki Tsunoda. Mehr Punkte im direkten Vergleich, bessere Qualifying-Ergebnisse, deutlich mehr Erfahrung und ein klar nachvollziehbarer Entwicklungspfad über vier Jahre hinweg. Doch bei Red Bull wird nicht allein nach Zahlen entschieden.

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Tsunoda hinterlässt bei Red Bull einen besseren Eindruck als Lawson Zoom
Dort zählt oft das Gefühl. Und offenbar herrschte das Gefühl vor, dass Lawson mit einem soliden Start auf Augenhöhe mit Tsunoda das größere Potenzial entfalten könnte. Schon bei den Wintertests in Bahrain kamen allerdings erste Zweifel auf.
Es wirkte, als habe sich Red Bull verkalkuliert. Ohne Lawson allzu hart anzufassen, stand der Verdacht im Raum, dass man ihn zu früh ins kalte Wasser geworfen hatte. Ein Fahrer mit gerade einmal elf Grand-Prix-Starts in einem der anspruchsvollsten Fahrzeuge im Feld. Das war ein riskantes Experiment.
Lawson hatte den RB21 nicht im Griff
In den Vorjahren konnte Lawson im AlphaTauri und später im Racing Bulls durchaus Akzente setzen, doch die Fahrzeuge waren, zumindest zu dem Zeitpunkt, als er sie übernahm, gutmütig im Handling. Der diesjährige RB21 hingegen verzeiht wenig. Und genau das wurde zum Problem.
Während Max Verstappen wie gewohnt dominierte, verlor der Neuseeländer sowohl bei den Testfahrten in Bahrain als auch zu Beginn der Saison in Australien deutlich den Anschluss. Statt das Auto zu beherrschen, ließ er sich von ihm dominieren.

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Liam Lawson kam mit dem RB21 nicht zurecht Zoom
Der Tausch mit Tsunoda war deshalb notwendig und sollte gleich zwei Ziele erfüllen: Lawson sollte sich ohne Erwartungsdruck neu sortieren können, gleichzeitig wollte Red Bull einen Fahrer zurückholen, der zum Saisonstart beeindruckt hatte.
Mit etwas mehr Fortune bei den Strategien hätte Tsunoda bereits zwei Top-10-Ergebnisse einfahren können: In Australien lag er auf Rang fünf, bevor der Regenschauer kam, in China war er auf Kurs zu Platz sieben, ehe ein unnötiger zweiter Boxenstopp alle Chancen zunichtemachte.
Tsunoda setzt Lawson unter Druck
Selbst Christian Horner, bislang kein erklärter Befürworter von Tsunodas Fähigkeiten, konnte sich der positiven Entwicklung nicht länger verschließen. In Bahrain fuhr der Japaner mit dem Red Bull erstmals in die Punkte, auf einer Strecke, die dem RB21 wenig liegt und unter Bedingungen, die alles andere als einfach waren.
Tsunoda macht seine Sache bislang ordentlich. Und genau das bringt Lawson in eine heikle Lage. Denn während Tsunoda in einem schwierigen Auto punktet, sitzt Lawson inzwischen in einem leichter zu fahrenden, und bleibt dennoch hinter den Erwartungen zurück.

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In Bahrain fuhr Lawson hinter seinem RB-Teamkollegen Hadjar Zoom
In Suzuka konnte man ihm noch einen gewissen Welpenschutz gewähren. Zwar schlug er Tsunoda im Qualifying, verlor aber gleich nach dem Start sämtliche Vorteile. In Bahrain rechtfertigte er sein Aus in Q1 mit einem DRS-Problem, was technisch korrekt, aber wenig überzeugend war.
Denn wie Technikchef Tim Goss später erklärte, musste Lawson am Kurvenausgang leicht vom Gas gehen, wodurch das DRS deaktiviert wurde. Eine Folge übertriebener Fahrweise in einem Streckenabschnitt, der eigentlich eine flüssige, ruhige Fahrweise verlangt.
Fährt Lawson zu übermotiviert?
Auch im Rennen zeigte sich diese Übermotivation. Zwei Kollisionen mit Lance Stroll und Nico Hülkenberg führten zu Strafpunkten. "Ich hatte das Gefühl, ich kann nur überholen, wenn ich es von sehr weit hinten versuche", erklärte Lawson seine Herangehensweise.
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Ein Ansatz, der in der Formel 1 selten zum Erfolg führt, ganz gleich, wie dringend man auf ein Ausrufezeichen hofft. Dabei war die Rückversetzung ins Racing-Bulls-Cockpit gerade dazu gedacht, ihm ein Umfeld ohne Druck zu bieten. Stattdessen wirkt Lawson verkrampft, auf Anerkennung bedacht, fahrerisch überambitioniert.
Das Ergebnis: Unsicherheit, Fehler, fehlende Punkte. Unweigerlich stellt sich die Frage, wie Tsunoda sich in der umgekehrten Situation geschlagen hätte, gerade vor dem Hintergrund, dass Lawson vor seiner Degradierung noch betont hatte, in den Nachwuchsklassen stets die Oberhand gehabt zu haben.
Lawson braucht mentale Formel-1-Pause
Eine Aussage, die sich rückblickend als unglücklich erweist, zumal Tsunoda 2019 im unterlegenen Jenzer-Boliden der Formel 3 einen bleibenden Eindruck hinterließ, während Lawson schon damals eher blass blieb.

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Der falsche Weg? Lawson möchte seinen Erfolg erzwingen Zoom
Was braucht Lawson jetzt? Idealerweise eine Woche Pause, um mental zur Ruhe zu kommen. Doch die Formel 1 kennt keinen Stillstand, und mit Saudi-Arabien steht bereits das nächste Rennwochenende vor der Tür.
Vielleicht hilft ein gezielter Bruch mit dem Gewohnten: ein Set-up, das ihn bewusst aus dem Konzept bringt, nur um anschließend wieder zur vertrauten Basis zurückzukehren. Solche psychologischen Kniffe haben schon manchem Fahrer geholfen, sich aus einer Negativspirale zu befreien.
Denn eines ist klar: Wenn Lawson weiterhin versucht, seine Qualität zu erzwingen, wird er nicht nur sich selbst, sondern auch Racing Bulls zunehmend in Schwierigkeiten bringen.


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