• 28.06.2012 11:14

  • von Christian Nimmervoll & Pete Fink

Kapitel Formel 1 für Piquet jun. beendet

Vom "Crashgate"-Sündenbock zum umjubelten NASCAR-Star: Nelson Piquet jun. hat in den USA eine neue Heimat gefunden und will nicht mehr in die Formel 1 zurück

(Motorsport-Total.com) - Nelson Piquet jun., vielen nur noch als Flavio Briatores "Sündenbock" in der "Crashgate"-Affäre von Singapur 2008 in Erinnerung, hat mit der Formel 1 endgültig abgeschlossen. Der 26-Jährige versucht bereits seit Ende 2009, seine NASCAR-Karriere in Gang zu bringen, und feierte am vergangenen Wochenende in Road America seinen ersten großen Erfolg.

Titel-Bild zur News: Nelson Piquet jun.

NASCAR: Nelson Piquet jun. hat eine neue motorsportliche Heimat gefunden

Bei seiner erst dritten Teilnahme an einem Nationwide-Rennen, nach dem Sprint-Cup die zweithöchste NASCAR-Division, feierte Piquet seinen Premierensieg. Seine Zukunft sieht er im Cup: "Ich möchte der erste Brasilianer sein, der ein Sprint-Cup-Rennen gewinnt", kündigt er gegenüber 'Motorsport-Total.com' an, "und damit die NASCAR-Tür für andere Brasilianer aufmacht. So wie es Emerson in der Formel 1 und bei den IndyCars gemacht hat. Es ist mein Ziel, im Sprint-Cup zu fahren, und dafür arbeite ich hart."

Das Kapitel Formel 1 ist für Piquet "absolut" abgeschlossen, versichert er - und gibt zu, dass "Crashgate" seine Karriere anfangs auch in Amerika belastet hat: "In der Formel 1 lief es nicht so, wie ich wollte. Falsches Timing", so der Brasilianer im Rahmen einer Telefonkonferenz. "Die Leute beurteilten mich danach, was ich unmittelbar vor meinem Wechsel getan hatte, und nicht nach den Leistungen davor. Wenn sie wollen, dass ich mir das alles im Stockcar neu aufbaue, dann werde ich alles neu aufbauen, kein Problem."


Nelson Piquet jun. über den Wechsel nach Amerika

Im europäischen Motorsport und speziell in der Formel 1 gilt Piquet als Persona non grata, seit er beim Grand Prix von Singapur 2008 absichtlich einen Unfall verursacht hat, um eine Safety-Car-Phase auszulösen und somit die Strategie seines Teamkollegen Fernando Alonso zu unterstützen. Tatsächlich gewann Alonso das Rennen. Als Haupt-Drahtzieher wurden in den Ermittlungen danach die Renault-Chefs Flavio Briatore und Pat Symonds ausgemacht. Piquet wurde offenbar unter Druck gesetzt, dass er mitspielen müsse, wenn er 2009 einen neuen Vertrag erhalten wolle.

Als die als "Crashgate" gebrandmarkte Affäre fast ein Jahr später publik wurde, verlor Piquet, der gemeinsam mit Vater Nelson sen. versuchte, das Renault-Team zu erpressen, um seinen Rauswurf zu verhindern, sein Cockpit. Wegen seines angekratzten Images suchte er den Tapetenwechsel und nahm die NASCAR-Szene ins Visier. "Die Formel 1 verfolge ich immer noch. Ich schaue mir die Rennen an, wenn ich Zeit habe", gibt er zu. "Das letzte Rennen habe ich aber nicht gesehen. Schade, ich hätte es gerne gesehen, denn es soll sehr gut gewesen sein."

Auch wenn eine Rückkehr in die Formel 1 ausgeschlossen ist, bedauert der GP2-Vizemeister von 2006 (geschlagen nur von Lewis Hamilton), dass er sich in der Königsklasse nie durchsetzen konnte: "Natürlich nicht", antwortet er im Interview mit 'Motorsport-Total.com' auf die Frage, ob er glaube, unter Briatore die Chance gehabt zu haben, sein volles Talent zu zeigen. "Ich habe in jeder Klasse, in der ich je gefahren bin, gewonnen, außer dort", begründet Piquet, der seinen Ex-Teamkollegen Alonso für den besten Formel-1-Fahrer hält: "Ich glaube, er wird Weltmeister."

Wozu er es in der Formel 1 unter anderen Umständen hätte bringen können? "Ich weiß nicht", so Piquet unmittelbar nach seinem ersten NASCAR-Erfolg, und er spekuliert: "Alles hätte passieren können. Es geht nur ums Timing, darum, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Viele Fahrer, gegen die ich früher gefahren bin und Meisterschaften gewonnen habe, sind jetzt Grand-Prix-Sieger. Ich war halt nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort, aber vielleicht bin ich das jetzt. Wie dem auch sei: Ich bin glücklich."

Ein exklusives Interview mit Nelson Piquet jun. nach seinem Sieg in Road America können Sie in unserer US-Racing-Rubrik nachlesen.