• 07.06.2007 15:30

Hintergrund: Die Aufgabe der Boxenmannschaft

In der Formel 1 kann jede Sekunde über Sieg und Niederlage entscheiden, daher kommt auch der Arbeit der Boxenmannschaft allerhöchste Bedeutung zu

(Motorsport-Total.com) - Reaktionen in Sekundenbruchteilen, präzise Bewegungen und höchste Geschwindigkeit: Dies haben alle Formel-1-Fahrer gemeinsam, aber bei Toyota und allen anderen Teams sind diese Merkmale ebenfalls entscheidende Anforderungen für die Boxenmannschaft.

Titel-Bild zur News: Toyota-Boxenstopp

Mit einem Höchstmaß an Präzision muss bei den Boxenstopps gearbeitet werden

Ein-, zwei- oder sogar dreimal während eines Rennens tritt die Boxenmannschaft jedes Autos in Aktion, um neue Bridgestone-Reifen aufzuziehen, zu tanken und - wenn nötig - Notreparaturen oder Änderungen an den Autos vorzunehmen.#w1#

Pannen verboten!

Genau wie Ralf Schumacher oder Jarno Trulli alles geben, um jede Hunderstelsekunde aus ihrem Auto auf der Strecke auszuquetschen, muss die Boxenmannschaft bei ihren Einsätzen hellwach sein, denn jeder Zeitverlust in den Boxen kann dem Fahrer das Rennen zunichte machen.

Boxenstopps sind mehr als nur ein Tankmanöver sie sind eine unschätzbare Gelegenheit, Plätze zu gewinnen. Die Toyota-Ingenieure entwickeln mit viel Einsatz die schnellste Strategien für ihre Fahrer und wenn das Auto in die Boxeneinfahrt kommt, entscheidet die Arbeit der Boxenmannschaft über Zeitgewinn oder -verlust.

Ein Boxenstopp dauert normalerweise weniger als zehn Sekunden, wenn die Teammitglieder an jedem Rad (einer, der das abgefahrene Rad runternimmt und das neue draufsetzt, während der andere die Schraube löst beziehungsweise wieder anzieht) gut arbeiten. Zum Tanken werden zwei Leute, für den Wagenheber, den Lollipop und den externen Anlasser jeweils ein Mann benötigt. Insgesamt arbeiten 25 Teammitglieder bei einem Routineboxenstopp, wobei die achtköpfige Automechanikergruppe von den T-Car-Mechanikern sowie anderen Teammitgliedern unterstützt wird.

Abseits der Boxenstopps arbeitet die Boxenmannschaft an den Autos in den Boxen, aber während des Rennens stehen beide Teams bereit, um wenn nötig blitzartig zu reagieren. Und obwohl das Team für beide Autos separate Boxencrews hat, arbeiten beide zusammen, wenn Hilfe benötigt wird.

Nichts in der Formel 1 wird dem Zufall überlassen, auch nicht die Leistung der Boxenmannschaft während eines Stopps unter Hochdruck. Man übt Stunden, um an jedem auch noch so kleinem Detail zu feilen, um Sekundenbruchteile zu gewinnen.

Teams trainieren die Boxenstopps oft

Chefmechaniker Gerad Lecoq ist für die Boxencrews verantwortlich: "Übung ist sehr wichtig für die Boxenmannschaft, weil ein Boxenstopp praktisch automatisch ablaufen muss. Wenn das Auto hereinkommt, soll nicht mehr darüber nachgedacht werden müssen, was zu tun ist - das muss automatisch passieren. Wir arbeiten auch in der Fabrik daran. Man muss alles vergessen, sich selbst vertrauen und einfach die vorgesehene Arbeit machen. Das muss quasi im Gefühl sein."

Die letzte Tätigkeit bei einem gelungenen Boxenstopp wird von Mechaniker Jens Luy (als Lollipopmann) durchgeführt. Er hat die schwierige Aufgabe, dem Rennfahrer das Signal zum Losfahren zu geben. Luy hat den höchsten Druck, denn gibt er zu früh das Signal zum Starten (während noch an den Reifen gearbeitet wird), kann das Rennen für den Fahrer ruiniert sein, während auch nur die geringste Verzögerung über den Verlust von Plätzen auf der Rennstrecke entscheidet.

Für diese feinfühlige Aufgabe benötigt man Nerven aus Stahl, aber für Luy ist der Ablauf schon ins Blut übergegangen. Er sagt: "Wenn alle Räder sicher sitzen und die Sicherheitssplints gezogen sind, geben die Mechaniker mir mit ihren Handschuhen Bescheid, dass sie fertig sind. Ich gehe dann die wichtigsten Punkte noch einmal innerhalb weniger Zehntelsekunden in meinem Kopf durch. Dann konzentriere ich mich auf den Tankrüssel, der von Markus Bürger bedient wird. Im Moment, wenn er diesen abzieht, bekommt der Fahrer das Kommando zum Start."

Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen ist ein Boxenstopp immer gefährlich, wie Tankwart Markus Bürger nur allzu gut weiß. Mit dem 70 Kilogramm schweren Tankschlauch auf seinen Schultern, während der leicht entzündbare Treibstoff von der Tankanlage in den Tank fließt, ist seine Position sehr gefährlich, wie er einmal herausfand. Er erinnert sich an einen Vorfall in der Box: "Wir waren noch beim Tanken, als das Auto wegfuhr. Der Tankschlauch riss ab, Benzin spritzte raus und gelangte Richtung Auspuff. Alles ging in Flammen auf, es wurde dann ziemlich heiß."

Jedes Mitglied der Boxenmannschaft ist hochkonzentriert und sorgt dafür, dass der Boxenstopp so sauber und schnell wie möglich über die Bühne geht. Aber mit den engen Zeitabständen in der Formel 1 laufen die Dinge manchmal nicht nach Plan und das ist dann der Moment, wo sich das Training im Vorfeld auszahlt.

Räder müssen sicher befestigt werden

Der Nummer-1-Mechaniker Christian Koob hat die Aufgabe zuzusehen, dass das Rad sicher befestigt ist, bevor der Fahrer die Box verlässt, und manchmal ist das nicht so einfach wie es scheint...

Er erinnert sich an einen entscheidenden Moment: "Ich war gerade dabei, die Radmutter wieder anzuziehen, als ich merkte, dass etwas klemmte. Ich schraubte die Mutter wieder runter und sah, dass ein Sicherungsstift lose war. Also versuchte ich das Rad auf den Sicherungsstift aufzusetzen, während Ralf plötzlich die Kupplung kommen ließ und das Rad anfing, sich zu drehen. Das Rad rutschte wieder runter und selbst während das Rad sich noch drehte, versuchten wir es wieder draufzubekommen. Wir versuchten es noch einmal und setzten den Schlagschrauber an. Schlussendlich funktionierte es und er fuhr weg. Aber dies hätte auch ziemlich schlimm enden können."

Was tut das Toyta-Team, um immer einsatzbereit zu sein? Es geht um Training und einen guten Teamgeist, wie Gerad Lecoq verrät: "Nach jedem Boxenstopp haben wir die Zeiten von allen Beteiligten und deren Arbeitsbereich. Wir fassen das in einer Grafik zusammen und hängen diese an die Wand. Auf diese Art gibt es eine Art Wettbewerb. Wenn die Jungs von einem Rad sehen, dass sie langsamer als die anderen waren, versuchen sie es beim nächsten mal schneller. Sie unterhalten sich untereinander und fragen sich: 'Wie machst du das, dass du schneller bist als ich?' Dann tauschen sie Tipps aus und das ist der Weg, wie wir uns verbessern. Man kann die Fortschritte während der Saison erkennen."

Es sind die kleinen Details, die für den Erfolg in der Formel 1 benötigt werden, und die Toyota-Boxenmannschaft tut ihren Teil, um das Team weiter nach vorne zu bringen.