Haas-Teamchef schockiert: Ich dachte erst, am Auto sei etwas kaputt!

Bei Haas hatte man nicht mit dem desaströsen Beginn in Melbourne gerechnet: Was das Problem des VF-25 ist und wie sich das Team aus dem Loch graben möchte

(Motorsport-Total.com) - Haas scheint wieder ganz am Ende der Formel-1-Tabelle angekommen zu sein. Nachdem unter dem neuen Teamchef Ayao Komatsu 2024 der Aufschwung auf WM-Rang sieben kam, ist der amerikanische Rennstall jetzt wieder dort, wo man nicht mehr sein wollte: Letzter. Der Auftakt in Australien war ein Horror.

Titel-Bild zur News: Esteban Ocon und Oliver Bearman (Haas VF-25) beim Formel-1-Rennen in Australien 2025

Haas war in Melbourne eindeutig das langsamste Team Zoom

Dabei sind nicht einmal die beiden Unfälle von Rookie Oliver Bearman gemeint, die wieder etwas Geld aus der Budgetkasse klauen, sondern die besorgniserregende Pace des VF-25. Die bittere Bilanz: doppelt Letzter im Qualifying, doppelt Letzter im Rennen.

"Das hatten wir überhaupt nicht erwartet", muss Komatsu zugeben. Denn das Auto hatte bei den Testfahrten in Bahrain nicht den Eindruck gemacht, dass es dem Feld hinterherfahren würde. "Ja, das Auto war in Bahrain nicht perfekt, aber wir hatten nicht erwartet, dass es in Melbourne so schlimm sein würde", sagt der Japaner.

In Australien war es aber so schlimm, dass Komatsu bei der ersten fliegenden Runde dachte, dass etwas am Auto kaputt sein würde. "Aber als wir festgestellt haben, dass nichts kaputt ist, wussten wir: Wir haben ein großes Problem", sagt er.

Das Team stellte fest, dass die Schwierigkeiten vor allem in den schnellen Kurven lagen, insbesondere den Kurven 9 und 10. Und da Haas keine anderen Teile mit an der Strecke hatte, musste man das Problem auf andere Weise lösen. "Also haben wir hart daran gearbeitet, diese Kurven zu verbessern - auf Kosten der langsamen Kurven", erklärt Komatsu.

"Die langsamen Kurven waren dann zwar auch nicht großartig, aber verglichen mit dem Problem in Kurve 9 und 10 war das ein viel kleineres Übel. In Q1 hatten wir es geschafft, Kurve 9 auf ein respektables Niveau zu bringen - die war in Ordnung. Aber Kurve 10? Da waren wir immer noch komplett daneben."

"Aber ganz ehrlich: Mit den Charakteristiken der Melbourne-Strecke, den Schwächen unseres Autos, die wir dort entdeckt haben, und den Eigenheiten von Kurve 10 war das das Beste, was wir machen konnten", sagt der Teamchef.

Bouncing in schnellen Kurven

Doch was war eigentlich nun das Problem? Der Hauptpunkt scheint zu sein, dass sich das Auto bei niedriger Fahrzeughöhe zu sehr an die Straße ansaugt. Zwar will man, dass die Autos möglichst tief liegen, um den Ground-Effect auszunutzen, doch bei Haas tritt das Bouncing vor allen mitten in schnellen Kurven auf.

"Wir haben über den Winter Performance ans Auto gebracht. Natürlich macht man Simulationen und Tests im Simulator, aber in Melbourne - speziell in Kurve 10 - wurde unser Problem komplett offengelegt", sagt Komatsu.


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"In der Mitte der Kurve gibt es eine starke Bodenwelle. Aber auch der Übergang von Kurve 9 zu Kurve 10 war ein komplettes Desaster. Das ist ein dynamisches Problem, aber auch ein aerodynamisches Problem. Hätten wir nur eines der Probleme, wäre es handhabbar. Aber die Kombination aus fundamentalen Fahrzeugschwächen und aerodynamischen Schwingungen macht es extrem schwierig."

Im Grunde können die Fahrer in Kurve 10 nicht mehr Abtrieb nutzen als 2024. "Selbst wenn das Potenzial des Autos in diesem Bereich viel höher ist, kann es nicht abgerufen werden, weil es schlicht nicht nutzbar ist. Und genau das müssen wir in den Griff bekommen", sagt der Teamchef.

Ocon spricht erste Anzeichen in Bahrain nicht an

Erste Anzeichen hätte es bereits bei den Testfahrten in Bahrain geben können, doch die wurden vom Team "einfach übersehen", wie Komatsu zugibt. "Die schnellen Kurven in Bahrain, zum Beispiel Kurve 6, sind nicht wirklich repräsentativ. Kurve 12 hätte ein Hinweis sein können, aber das ist dort einfach ein Vollgas-Knick, keine echte Kurve", erklärt er.


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"Selbst Esteban sagt jetzt rückblickend: 'Ayao, ich hätte euch da vielleicht mehr warnen sollen.' Aber damals hat die Stelle keine Rundenzeit gekostet, deshalb hat er es nicht angesprochen. Erst jetzt, nach Melbourne, erkennt er, dass die grundlegenden Charakteristiken schon in Bahrain vorhanden waren."

"Das Problem ist auch, dass man es im Windkanal nicht so einfach sieht. Unsere CFD-Methoden und Windkanal-Werkzeuge sind einfach nicht gut genug", sagt er. "Daran müssen wir arbeiten."

Komatsu: Wenigstens im ersten Rennen gemerkt

Das heißt auch, dass die Probleme für Haas wohl nicht nur Melbourne-spezifisch waren: "Ich glaube nicht, dass es ein einmaliger Ausrutscher war", fürchtet Komatsu.

"Wenigstens haben wir dieses Problem schon im ersten Rennen entdeckt. Stell dir vor, wir wären fünf, sechs, sieben Rennen lang nur mittelmäßig gewesen - und dann wären wir in Melbourne aufgewacht und hätten gemerkt: Oh Mist, wir haben ein massives, grundlegendes Problem", meint er. "Dann wäre es zu spät gewesen."

So wisse aber jeder im Team, dass Haas derzeit ein ernsthaftes Problem hat. "Niemand zweifelt mehr daran, und alle arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung", sieht er es positiv. "Die einzige Frage ist jetzt: Wie gehen wir damit um? Wie schnell finden wir eine Lösung?"

Das heißt: Das Problem ist verstanden, jetzt muss eine Lösung her.

Unterboden-Probleme von Ferrari als Vorbote?

Liegt die vielleicht in einem neuen Unterboden? Denn mit dem hatten 2024 auch einige andere Teams Probleme. Mercedes und auch Haas-Partner Ferrari hatten nach der Einführung eines neuen Unterbodens plötzlich Schwierigkeiten, ihre Performance auf die Strecke zu bringen.

Das war auch Komatsu eine Warnung: "Ich sage intern schon seit neun Monaten, dass wir irgendwann auf dieses Problem stoßen werden. Denn wenn große und fähige Teams wie Ferrari, Mercedes oder Red Bull früher oder später mit diesem Problem kämpfen, dann werden wir es definitiv auch erleben. Wir müssen also darauf vorbereitet sein."


Nur: Es ist schwierig, sich darauf einzustellen, "weil man nicht genau weiß, welchen Mechanismus man übersieht, der das Problem auslöst. Jetzt, wo das Problem aufgetreten ist, sehen wir uns genau an, welche Entwicklungsschritte zwischen dem Saisonende des VF-24 und dem VF-25 dazu geführt haben, dass wir in eine bestimmte Richtung zu viel gepusht haben."

Ferrari habe über Wochen und Monate hinweg "mit ihren Tools und ihrem Know-how große Fortschritte gemacht. Deshalb machen sie diesen Fehler in diesem Jahr nicht mehr. Leider müssen wir da jetzt selbst durch. Es gibt keine Abkürzung."

Unfall von Bearman erschwert Datensammlung

In Schanghai hat Haas keine neuen Teile dabei, sodass man sich weiterhin mit Set-up-Lösungen behelfen muss, die das Auto aber langsamer machen. Alles weitere sieht man danach.

"Einige Dinge können wir kurzfristig beheben, andere benötigen längere Entwicklungszyklen in der CFD-Simulation und im Windkanal. Deshalb wird es einige Rennen dauern, bis eine richtige Lösung kommt", blickt Komatsu voraus.

"Ein weiteres Problem in Melbourne war Ollie", spricht er seinen Rookie an. Denn weil er gleich zwei Unfälle im Freien Training hinlegte, konnte man von ihm keinerlei Feedback bekommen. Denn nachdem er das zweite Training aufgrund andauernder Reparaturarbeiten verpasst hatte, vergrub er den Haas am Samstagmorgen gleich auf der ersten schnellen Runde im Kies.

Und weil das Rennen nass war, sind auch die Daten vom Sonntag nicht repräsentativ. "Bisher haben wir nur Estebans Rückmeldungen, aber wir brauchen dringend auch Ollies Feedback", sagt Komatsu. "Deshalb habe ich ihm gesagt: 'Du musst an diesem Wochenende jede geplante Runde fahren, nach unserem Run-Plan. Das ist das Ziel.'"

Haas hat ein Testprogramm für beide Autos ausgearbeitet, um so viele Daten wie möglich zu sammeln und beide Fahrer einzubinden. "Das ist der einzige Weg, um voranzukommen", sagt er.

Doch könnte Haas das Jahr 2025 nicht einfach schon abschreiben und sich jetzt voll auf 2026 konzentrieren? Nein, stellt der Teamchef klar! "Wir sind so langsam, dass wir etwas tun müssen. Wenn wir dieses Problem jetzt nicht lösen, werden wir nichts daraus lernen."

Wird es schon in Suzuka besser?

Wann das Problem aber behoben sein wird, das ist für ihn natürlich schwer abzusehen: "Ich wünschte, ich wüsste es", seufzt er. Für Schanghai hat Komatsu "nicht allzu große Hoffnungen", Suzuka werde dann wieder eine andere Geschichte sein.

"Dort werden wir versuchen, eine kleine Modifikation ans Auto zu bringen. Wird sie etwas verbessern? Wir glauben es, sonst würden wir sie nicht bringen. Aber wie stark die Verbesserung ausfällt, wird sich zeigen", so der Japaner.


"Wenn sie groß ist, bringt uns das in einen engeren Kampf mit anderen Autos, und wir könnten uns beim nächsten Update mehr Zeit für die Windkanal- und CFD-Entwicklung nehmen. Falls die Modifikation in Suzuka jedoch kaum etwas bringt, müssen wir beim nächsten Schritt vielleicht größere Risiken eingehen."

"Es ist ein bewegliches Ziel. Aber ich versuche, alle auf den gleichen Stand zu bringen, damit jeder versteht, womit wir es zu tun haben und wie unser Ansatz aussieht. Ehrlich gesagt bin ich mit der Reaktion des Teams zufrieden - das ist positiv. Jetzt müssen wir es einfach umsetzen."

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