• 11.10.2001 17:56

  • von Fabian Hust

BAR-Honda übt harsche Selbstkritik

Nach einer weiteren enttäuschenden Saison sprechen Teamchef Craig Pollock und Jacques Villeneuve eine deutliche Sprache

(Motorsport-Total.com) - Ein Rennen vor dem Ende der Saison 2001 liegt das BAR-Honda-Team punktgleich mit Jordan-Honda auf dem fünften Rang. In bisher 16 Rennen sammelte man 17 Punkte, vom regelmäßigen "In-die-Punkte-Fahren", wie man sich das für diese Saison vorgenommen hatte, kann also nicht die Rede sein. Bis auf den dritten Platz von Jacques Villeneuve in Barcelona konnte man in diesem Jahr nicht glänzen.

Titel-Bild zur News: BAR-Honda-Lenkrad

Bei BAR-Honda ist man froh, wenn man die Saison abhaken kann

"Das schlimmste Rennen seit drei Jahren"
Als "peinlich" und als "das schlimmste Rennen seit drei Jahren" bezeichnete Teamchef Craig Pollock auf Villeneuves Homepage die Vorstellung seiner Mannschaft in Indianapolis, als Panis und Villeneuve von den Plätzen 13 und 18 ins Rennen gingen und Panis nur als Zehnter die Zielflagge sah, während Villeneuve aufgeben musste. Für Pollock steht fest, dass es für dieses Vorstellung nur "wenige Ausreden" gibt: "Wir wurden zurecht kritisiert und ich sitze nicht hier und verteidige uns. Dies ist unsere dritte Saison und mein Geduldsfaden droht zu reißen."

Nach dem Rennen nahm sich Pollock seinen Freund Jacques Villeneuve zur Seite, um mit ihm ein ernstes Wörtchen zu reden: "Ich hatte ein ernsthaftes und offenes Gespräch mit ihm und ließ ihn wissen, was ich besonders über seine ärmliche Leistung bei diesem Rennen denke. Klar ist er frustriert aber er versteht voll und ganz die Wichtigkeit seines Inputs in das Entwicklungsprogramm."

"Ähnliche Leistung wird 2002 nicht akzeptiert
Pollock gibt zu, dass man sich zu Saisonbeginn ein wenig überschätzt hat und überrumpelt war, wie gerade die etablierten Teams dank der Werksunterstützung und riesiger Budgets über den Winter vorankamen. "Wir waren zwar sehr zuverlässig aber nicht konkurrenzfähig. Das haben wir in Indianapolis uns nur mit unserer schrecklichen Leistung im Qualifying wieder selbst bewiesen. So kann das nicht weitergehen und eine ähnliche Leistung kann vom Team in der nächsten Saison nicht akzeptiert werden."

Die Worte gleichen sich wie jenem vor rund einem Jahr, Pollock fordert auch Ende dieser Saiso für das kommende Jahr Fortschritte, ansonsten wird "kein Stein auf dem anderen" bleiben: "In der nächsten Saison werde ich nichts weniger als ein siegfähiges Paket akzeptieren. Ich erwarte, dass wir bei jedem Rennen das Beste aus dem Team und den Fahrern herausholen. Wir sind ein Team voll frischer Energie und Erfahrung und wir sind mit viel Leidenschaft bei der Sache."

"Schlimmstes Wochenende meiner Karriere"
Nach Aussage des Schotten geben die Mitarbeiter in der Fabrik alles, um die Probleme des BAR003 auszumerzen, und für die Saison 2002 ein besseres Auto auf die Beine zu stellen. Jacques Villeneuve hofft, dass er in der Saison 2002 von Anfang in einem Auto sitzen wird, das so gut ist, dass er es erst gar nicht mühsam entwickeln muss, gerade nach einem Wochenende wie in Indianapolis: "Das war ein schreckliches Wochenende, ich denke das schlimmste meiner Karriere! Ich kann die Kritiker nach dieser Vorstellung verstehen."

Villeneuve kann bestätigen, dass sein Chef nach Indy ziemlich aufgebracht war: "Er war verärgert. Wir beide ließen unserer Frustration freien Lauf. Wir verbringen sowieso viel Zeit im Gespräch miteinander, aber da erreichte das Ganze einen kritischen Punkt. Sogar Olivier, der am Wochenende keine Probleme hatte, war am Ende des Tages nicht konkurrenzfähig. Ich denke nicht, dass Craig schon alles gesagt hat, was er sagen will und ich vermute, dass in Suzuka mehr kommen wird. Craig wird seine Muskeln jetzt im Team mehr spielen lassen, was gut ist."

Der Kanadier gibt zu, dass auch er kritisiert wurde, weil er nicht so arbeitete, wie man das von ihm in den letzten drei Jahren gewohnt war, dementiert aber gleichzeitig Berichte, wonach er schon für 2002 schwarz sehe: "Ich möchte in die Pause gehen und nicht an das nächste Jahr denken. Ich möchte einfach nur zurückkommen, in das Auto steigen und denken 'Oh ja, das ist ein großartiges Auto' oder 'Hm, das könnte schwierig werden'. Ich möchte nicht enttäuscht sein, wenn es schlecht ist und freudig überrascht sein, wenn das Auto gut ist."

Villeneuve ortet Schwachstellen
Für die kommende Saison hat Honda laut Villeneuve einen völlig neuen Motor in Planung, warnt aber, dass dieses Konzept Probleme bereiten könnte, ähnlich wie bei Renault in diesem Jahr. Der Schritt, so Villeneuve, war aber notwendig, weil der alte Motor an seinem Limit angekommen war. Die Hauptschwäche des BAR003 war es gewesen, dass man zu konservativ entwickelt hatte, die Belüftung des Motors so hervorragend war, dass man ihn nicht überhitzen konnte - da war man über das Ziel hinausgeschossen, was Zeit kostete.

Und dann gibt es noch ein seltsames Problem, das man erst vor kurzem entdeckte, dem man aber bisher noch nicht auf den Grund gehen konnte: "Wenn man manchmal von einem in das andere Auto mit exakt dem gleichen Setup wechselte, so war das Fahrverhalten jedoch sehr, sehr anders. Da passiert etwas, von dem wir überhaupt nichts wissen." Über den Winter hat BAR also wieder einmal sehr viel Arbeit vor sich...