Alain Prost wird 70: "Darum haben mich zuerst alle gehasst"
Zu Beginn von Alain Prosts beispielloser Karriere gab es ein dunkles Kapitel, das ihn aus seiner Heimat vertrieb und über das der Franzose nun sein Schweigen bricht
(Motorsport-Total.com) - Runder Geburtstag für einen der ganz Großen der Formel-1-Geschichte: Alain Prost feiert am 24. Februar 2025 seinen 70er. Mit vier WM-Titeln ist der "Professor" dekoriert, wie ihn die Fans wegen seiner wohlüberlegten und systematischen Herangehensweise ans Rennfahren bald nannten - doch ein richtiger Fanliebling, das war Prost nie.

© Motorsport Images
Alain Prost, hier nach seinem vierten Titel mit Williams 1993, wird 70 Jahre alt Zoom
Ganz im Gegenteil: Gerade zu Beginn seiner Karriere schlug ihm sogar offen der Hass entgegen, wie er sich nun im Gespräch mit Canal+ erinnert: "Ich hatte deswegen eine furchtbare Zeit, denn 40 Jahre später denke ich immer noch daran. Es kam irgendwie in zwei Schüben", erklärt Prost.
"1981, als [der französische Präsident François] Mitterrand gewählt wurde, bin ich bei Renault gefahren. Zu dieser Zeit gab es die RNUR, die Régie Nationale [des Usines Renault] in dem Umfeld ... Ich weiß nicht, aber ich habe ein paar politische Positionen vertreten, die ich vielleicht nicht hätte vertreten sollen", räumt Prost ein, wenngleich er angibt: "Unterm Strich habe ich aber nichts außergewöhnliches gesagt."
Von Medien fallen gelassen: "Sah aus wie der Bastard"
Der Franzose erklärt das auch mit seiner Familiengeschichte: "Wir kommen aus der Arbeiterklasse, meine Eltern haben viel gearbeitet, auch mein Großvater." Und Prost verrät: "Ich hatte schon früh einen Unternehmergeist, habe dann ein paar Dinge gesagt, weil das [die sozialistische Politik unter Mitterrand] nicht meine Philosophie war - und ich war vielleicht auch ein bisschen jung dafür."

© Motorsport Images
An René Arnoux und den Frankreich-GP 1982 hat Prost keine guten Erinnerungen Zoom
Doch der Schaden für sein Image in der Öffentlichkeit war dadurch schon angerichtet: "Das war mal die eine Sache. Aber dann kam auch noch der Vorfall mit René Arnoux beim Großen Preis von Frankreich 1982. Dort gab es eine Teamorder, die er nicht respektiert hat, aber am Ende sah ich aus wie der Bastard", sagt Prost.
"Und das, dieses Phänomen der Ungerechtigkeit - es gab zwei verschiedene Fälle von Betrug, den der Öffentlichkeit, und den der Medien - das hat mich komplett erstickt", erklärt der Franzose. Die Medien hätten ihn "komplett" fallen gelassen, und die Öffentlichkeit eine Seite ausgewählt, so Prost, der sich durch die immer schlimmer werdende Situation daraufhin sogar genötigt sah, seine Heimat zu verlassen.
Bespuckt, bedroht und beleidigt: Prost "verstört"
"Das war der Punkt, an dem ich beschloss aus Frankreich wegzugehen. Ich habe wirklich ein paar Nachrichten erhalten... Ein ausgebranntes Auto, Todesdrohungen und Hassnachrichten auf meinem Telefon vor jedem Rennwochenende. Auf der Straße wurde ich in meinem Auto bespuckt. Das ist mir ein- oder zweimal passiert und es ist wirklich seltsam", erinnert sich Prost an die für ihn furchtbare Zeit.
"Damals habe ich die französische 50:50-Mentalität kennengelernt: Es gibt Leute, die dich bewundern und dein Tun für brillant halten - und dann andere, die ein Mix aus Neid und Hass sind. Warum das so ist? Ich weiß es nicht. Aber in diesem Fall hat es mich wirklich verstört", erklärt der heute 70-Jährige.

© Motorsport Images
Der junge Alain Prost: 1980 debütierte er in der Formel 1, damals für McLaren Zoom
Prost leitete als Konsequenz aus den Vorfällen damals alles für eine Flucht nach England ein, sprach sogar mit einem seiner Sponsoren darüber: "Ich will nur raus aus Frankreich, ihr könnt mich irgendwohin schicken", ruft sich der ehemalige Rennfahrer seine Worte von damals in Erinnerung - und fügt hinzu: "Das ist die Geschichte. Dass es wegen der Steuern war, ist komplett falsch."
Denn schlussendlich verschlug es Prost nicht nach England, sondern in die Schweiz: "Ich war damals erst im dritten Jahr in der Formel 1. Ich hatte zwar schon drei, vier oder fünf Rennen gewonnen, ich weiß es nicht mehr genau. Aber ich bin mit dem Äquivalent von 30.000 oder 35.000 Euro in der Tasche gegangen. Ich wollte nach England, weil ich dachte, dass ich wahrscheinlich eh bald für ein britisches Team fahre."
Auch wegen Senna wurde Prost angefeindet: "Warum?"
"Der Umzugswagen war schon bereit. Und viel hatte ich sowieso nicht. Meinen Sohn hatte ich bei meinen Eltern gelassen, doch dann riefen sie mich an: 'Es gibt da eine Möglichkeit, um in die Schweiz zu gehen. Aber du musst eine Firma gründen und ein oder zwei Leute mitnehmen.' Ich sagte: 'Kein Problem.' Ich wollte sowieso schon seit langem eine Werbeagentur hochziehen", so Prost.
"Also sagte ich: 'Gebt mir die Nacht.' Und am nächsten Morgen bin ich in die Schweiz gezogen. Ich hatte nichts, habe dann eine Weile in einem Hotel gewohnt... Ich wollte einfach nur weg und etwas Frieden für meinen Geist." Bis heute hat sich die schmerzliche Erfahrung in Prosts Gedächtnis eingebrannt, aber er hat versucht den Leuten zu vergeben, die ihm damals das Leben zur Hölle machten.

© circuitpics.de
Alain Prost heute, hier am Rande des Großen Preises von Monaco 2024 Zoom
"Ich habe gleich vergeben, kein Problem - und auch ohne es zu verstehen. Ich habe auch ein paar irrationale Dinge gemacht zu Beginn, aber die Rationalität der Leute in diesem Bereich existiert wirklich nicht", kommentiert Prost in Bezug auf den Hass, der ihm entgegenschlug. Eine Erfahrung, die er später in anderer Form auch noch einmal machen sollte:
"Warum hassen dich Leute? Als die Sache mit Ayrton passierte, habe ich das oft zu Leuten gesagt: 'Ich verstehe, dass du ein Fan von Ayrton bist. Aber deswegen musst du mich ja nicht gleich hassen oder andersrum'", erklärt der Franzose in Bezug auf seine durch die mediale Berichterstattung weltweit viel beachtete Rivalität mit Teamkollege Senna. Doch das ist eine andere Geschichte aus dem bewegten Leben Alain Prosts ...


Neueste Kommentare