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"Bernie-Money": So wird das Formel-1-Geld verteilt
Die Einnahmenverteilung der Formel 1 unter der Lupe: Warum Ferrari selbst als WM-Zehnter um 70 Prozent mehr Geld kassieren würde als ein Weltmeister Lotus
(Motorsport-Total.com) - Noch gibt es kein von allen Parteien (Inhaber der kommerziellen Rechte, Teams, FIA) ratifiziertes Concorde-Agreement für den Zeitraum von 2013 bis 2020, sondern lediglich individuelle kommerzielle Vereinbarungen zwischen Bernie Ecclestone (als von CVC Capital Partners eingesetzter Geschäftsführer der Inhaber der kommerziellen Rechte) und zehn Teams. Marussia steht nach wie vor komplett ohne "Finanzdeal" mit der Formel 1 da. Trotzdem ist es das erklärte Ziel, demnächst alle Parteien unter das Dach eines gemeinsamen Concorde-Agreements zu bringen.
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Red-Bull-Teamchef Christian Horner zählt zu den Begünstigten von Bernie Ecclestone Zoom
Bei diesem Grundlagenvertrag handelt es sich um eine Art "Verfassung" der Formel 1. Erstmals eingeführt im Jahr 1981, ursprünglich als "Maranello-Agreement", wurde er auf Initiative des damaligen Verbandspräsidenten Jean-Marie Balestre in Concorde-Agreement umbenannt. Hintergrund ist, dass die FIA ihren Hauptsitz am Place de la Concorde ("Platz der Eintracht") in Paris hat und dass der Vertrag dort ratifiziert wurde.
In seinen zwölf Kapiteln (sogenannte "Schedules") sind alle Prozeduren hinsichtlich der kommerziellen, technischen und regulativen Gestaltung des Grand-Prix-Sports verankert. Die wichtigsten Schedules sind 3 (Definition eines Konstrukteurs), 9 (Leitfaden zur Regelgebung) und vor allem Schedule 10 (Einnahmenverteilung). Schedule 10 wird nach wie vor gehütet wie ein Staatsgeheimnis, 'Motorsport-Total.com' hat dieses Geheimnis nun aber erstmals weitgehend gelüftet.
Verteilung abhängig von den Gesamteinnahmen der Formel 1
Die lapidar "Bernie-Money" genannten Einnahmen der Formel 1, verwaltet von der britischen Firma Formula One Management (FOM), betrugen 2012 geschätzte 1,5 Milliarden US-Dollar, abzüglich rund 300 Millionen Dollar Kosten. Bleibt unterm Strich also ein EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von geschätzten 1,2 Milliarden Dollar (umgerechnet derzeit knapp 930 Millionen Euro).
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Ferrari hat in der Formel 1 schon seit langem einen finanziellen Sonderstatus Zoom
50 Prozent davon gehen an die Inhaber der kommerziellen Rechte, 50 Prozent werden unter den Teams aufgeteilt. Sowohl die Ecclestone- als auch die Teamseite treten jedoch je 2,5 Prozent (also insgesamt rund 60 Millionen Dollar) für eine Sonderzahlung an Ferrari ab, sodass im Ecclestone- wie auch im Teamtopf je 47,5 Prozent übrig bleiben. Aus dem Ecclestone-Topf werden weitere 70 Millionen Dollar Prämien an Red Bull bezahlt; McLaren erhält 60 Millionen, Ferrari 40 (plus die 2,5 Prozent aus dem Teamtopf, auf die Red Bull und McLaren keinen Anspruch haben). Diese drei Teams werden als "CCB-Teams" (CCB für Constructors-Championship-Bonus) bezeichnet.
Die Sondervereinbarungen für Ferrari, Red Bull und McLaren wurden vor rund einem Jahr vertraglich festgehalten, ebenso wie (etwas später) zwölf Millionen für Mercedes (ab 2015 angeblich 15) und zehn Millionen für Williams. Alle anderen (mit Ausnahme von Marussia) werden aus den übrigen 47,5 Prozent des Teamtopfs gespeist, der wiederum 50:50 in zwei Säulen (sogenannte "Columns") unterteilt ist, also 285 Millionen Dollar (knapp 220 Millionen Euro) pro Column.
WM-Platz in den Top 10 ist bare Münze wert
In Column 1 fallen die Top 10 der Konstrukteurs-WM des vergangenen Jahres, die je zehn Prozent aus dem Topf erhalten, also je 28,5 Millionen Dollar. Für Column 1 qualifiziert sind allerdings nur Teams, die mindestens zweimal in den vergangenen drei Jahren Top 10 waren. Der Column-2-Betrag errechnet sich aus der Platzierung in der Konstrukteurs-WM des vergangenen Jahres, wobei der amtierende Weltmeister rund 19 Prozent von 285 Millionen Dollar erhält (also 54 Millionen) und das zehntplatzierte Team rund vier Prozent (elf Millionen). Marussia (Platz elf) schaut dabei komplett durch die Finger.
Diese Einnahmenverteilung führt zu einem Kuriosum, das sich am besten an einem Beispiel erläutern lässt: Sollte etwa Lotus dieses Jahr Weltmeister werden, was nach Kimi Räikkönens Auftaktsieg in Australien nicht völlig ausgeschlossen ist, würde das Team von Eric Boullier 82,5 Millionen Dollar erhalten (28,5 Millionen aus Column 1 plus 54 Millionen aus Column 2). Ferrari hingegen würde sogar als WM-Zehnter 140 Millionen abcashen: 40 Millionen Prämie von Ecclestone, 60 Millionen für je 2,5 Prozent Einnahmenbeteiligung auf Ecclestone- und Teamseite, 28,5 Millionen aus Column 1 und elf Millionen aus Column 2.
Nicht einmal Reisevergütungen für Marussia
In einer besonders prekären Situation befindet sich Marussia als WM-Elfter, denn an das kleinste Team schüttet Ecclestone nicht einmal Reisekostenvergütungen aus. Übernommen wird der Transport von zwei Chassis, 10.000 Kilogramm Luftfracht plus 20 Economy-Class-Flugtickets pro Top-10-Team und Übersee-Grand-Prix. Doch benachteiligt sind auch Sauber, Force India, Toro Rosso und Caterham, die im Gegensatz zu Red Bull, Ferrari, McLaren, Mercedes und Williams (als sogenanntes Heritage-Team) ebenfalls keine Ecclestone-Sonderzahlungen erhalten.
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Marussia ist das einzige Team, das keinen Cent aus dem Formel-1-Topf erhält Zoom
Red Bull und Ferrari wurde bei den Verhandlungen im Vorjahr übrigens auch ein Vorstandssitz in der neuen Formel-1-AG zugestanden, sollte die Königsklasse tatsächlich an die Börse gehen. McLaren handelte die Sonderkonditionen wenig später aus - unter Druck von den Mehrheitseigentümern aus Bahrain, wie man hört, die ihrerseits wiederum von Ecclestone unter Druck gesetzt wurden, der angeblich damit gedroht haben soll, dem Königreich ansonsten den politisch umstrittenen Grand Prix wegzunehmen. Die staatliche Bahrain Mumtalakat Holding Company hält 50 Prozent an der McLaren-Gruppe.
Etwas länger um ihre (verhältnismäßig bescheidenen) Sonderkonditionen kämpfen mussten Mercedes und Williams. Weil bei Mercedes Ross Brawn und der damalige Sportchef Norbert Haug keine Einigung mit Ecclestone erzielen konnten, musste vom Konzern Ecclestones alter Bekannter Niki Lauda als Sondervermittler eingesetzt werden. Lauda ist heute Vorsitzender des Aufsichtsrats des Silberpfeil-Teams. Frank Williams wiederum erhielt seinen Vertrag erst, nachdem Ecclestone-Kritiker Adam Parr aus der Firma ausgeschieden ist.
2013 keine "Starthilfe" mehr für Neueinsteiger-Teams
Gänzlich entfallen soll in Zukunft übrigens Column 3. Dabei handelte es sich um einen von Ecclestone ins Leben gerufenen Sondertopf in der Höhe von insgesamt 30 Millionen Dollar (praktisch also zehn Millionen Dollar pro Team), der von 2010 bis 2012 an die Neuankömmlinge (nach der Pleite von US F1 waren das Lotus/Caterham, Virgin/Marussia und HRT) ausgeschüttet wurde. Doch im vierten Jahr in der Formel 1 gibt es diese ergebnisunabhängige "Starthilfe" nicht mehr, sodass Marussia Stand jetzt keinen Cent von Ecclestone erhält.
Ob der aktuelle Entwurf tatsächlich in ein Concorde-Agreement umgewandelt wird, ist ohnehin noch nicht in Stein gemeißelt. Stand jetzt greifen zwar die Individualverträge zwischen Ecclestone und den Teams genau nach diesem Muster, aber ein Teamchef und zwei weitere mit der Materie vertraute Personen haben gegenüber 'Motorsport-Total.com' verraten, dass es zwischen den ihrer Meinung nach benachteiligten Teams bereits in China zu einem Treffen kommen soll, um eine Art Leitfaden für die Zukunft zu erarbeiten, der Ecclestone präsentiert werden kann.
Denn Lotus und Co. haben ihre Verträge zu einem Zeitpunkt unterschrieben, als die Sonderkonditionen für Ferrari, Red Bull und McLaren bereits feststanden (und haben diese auch akzeptiert), aber dass sie nun auch gegenüber Mercedes und Williams finanziell im Nachteil sind, kommt beim Rest des Feldes nicht gut an. Ein Nachteil in der Höhe von zehn Millionen Dollar oder mehr entspricht immerhin der Verpflichtung eines gut zahlenden Paydrivers oder auch eines großen Sponsors - und die sind im derzeitigen Marktumfeld nur schwer aufzutreiben...