• 30.09.2024 14:39

  • von Fabio Gemelli

Warum sind die Autopreise so stark gestiegen?

Wie und warum die Autopreise in den letzten Jahren so stark gestiegen sind - Der VW Golf zum Beispiel hat seinen Grundpreis in zwanzig Jahren fast verdoppelt

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Die Autopreise sind in den letzten Jahren stark gestiegen, was wir alle als Autofahrer bemerkt haben. Schwieriger ist es jedoch, genau zu verstehen, um wie viel und warum die Preise für die Autos, die wir fahren, gestiegen sind.

Titel-Bild zur News:

Preisentwicklung des VW Golf in den letzten 20 Jahren Zoom

Aus einer Studie von Transport&Environment aus dem letzten Jahr geht hervor, dass die großen europäischen Hersteller die Preise für ihre Einstiegsmodelle um 41 Prozent erhöht haben. Aber versuchen wir doch einmal, das Ausmaß des Phänomens und die Gründe dafür besser zu verstehen.

Ein Golf kostet fast doppelt so viel wie vor 20 Jahren

Um ein konkreteres Beispiel zu geben, haben wir den Volkswagen Golf, eines der meistverkauften Modelle in Europa, genommen und die deutsche Preisliste von heute mit der von vor zehn und zwanzig Jahren verglichen.

Im Jahr 2004 kostete ein Golf 5 in der Basisversion mindestens 15.220 Euro, 2014 begann der Preis für den Golf 7 bei 17.325 Euro, ein Anstieg von "nur" 10,6 Prozent. Der große Preissprung findet sich jedoch in der Liste 2024 des beliebten Volkswagens: 28.330 Euro, das entspricht einer Steigerung von 70,8 Prozent gegenüber 2014 und 89 Prozent gegenüber 2004.

Indes sei gesagt: Die Basisversionen von Golf 5 und Golf 7 waren Dreitürer, 2004 war keine Klimaanlage serienmäßig. 15.915 und 18.225 Euro kosteten die entsprechenden Fünftürer anno 2004 und 2014. Diese Preise haben wir für unser Aufmacherbild verwendet.

Und auch von 1984 bis 2000 (also in nur 16 Jahren!) verdoppelte sich der DM-Preis beim Golf: 13.490 zu 26.900 Mark. Neben deutlich mehr Ausstattung beim 2024er-Golf bietet außerdem hier die Basis auch mehr Leistung: 116 PS aus einem 1,5-Liter-Turbobenziner gegenüber 75 Saug-PS anno 2004.

Modell und Jahr: VW Golf (2004)
Preis: 15.220 Euro/15.915 Euro (5-Türer)
Prozentuale Steigerung: -

Modell und Jahr: VW Golf (2014)
Preis: 17.325 Euro/18.225 Euro (5-Türer)
Prozentuale Steigerung: + 13,8 % gegenüber 2004

Modell und Jahr: VW Golf (2024)
Preis: 28.330 Euro
Prozentuale Steigerung: + 55,4 % gegenüber 2014, + 78 % gegenüber 2004

Kurzum: Wer heute einen Golf der Einstiegsversion kaufen will, muss fast doppelt so viel ausgeben wie vor zehn oder zwanzig Jahren. Dafür sorgt natürlich die stets vorhandene Inflation, die in Deutschland aktuell bei 1,9 Prozent liegt, aber im Jahr 2022 Spitzenwerte von über acht Prozent erreichte.

Welche Gründe gibt es noch? Das wollen wir gemeinsam herausfinden.

- Mikrochip-Krise
- Steigende Kosten für Rohstoffe
- Weniger verkaufte Autos, mehr Gewinn pro Auto
- Umweltauflagen
- Fahrhilfen und Sicherheitssysteme

Mikrochip-Krise

Einer der Hauptgründe für den Preisanstieg ist die Verknappung von Mikrochips. Die Pandemie hat zu einem Stopp oder einer Verlangsamung der Halbleiterproduktion zwischen 2020 und 2023 geführt, was die Fahrzeugproduktion verlangsamte.

Dadurch verringerte sich das Angebot, die Nachfrage stieg und damit auch die Autopreise. Zu den Produktionsstätten für integrierte Schaltkreise, die sich größtenteils auf östliche Länder wie China, Taiwan und Südkorea konzentrieren, sind noch keine ebenso großen Chipfabriken in Europa hinzugekommen (auch wenn sie geplant sind), was den Automarkt nach wie vor von Importen abhängig macht, mit den damit verbundenen Versorgungsproblemen im Falle internationaler Krisen.

Steigende Kosten für Rohstoffe

Nach einer Schätzung von J.P. Morgan ist fast die Hälfte des Preisanstiegs bei Neufahrzeugen auf steigende Inputkosten, wie etwa Rohstoffe, zurückzuführen.

Obwohl die Kosten für Stahl, Aluminium, Kupfer und Kunststoffe im Jahr 2022 ihren Höchststand erreicht hatten, bleiben die (je nach Standort) hohen Kosten für Transport, Logistik, Arbeit und Strom, die die Zulieferer an die Automobilhersteller weitergeben, ein Problem.

Hinzu kommen die hohen Inflationsraten in verschiedenen Teilen der Welt, die sich auf die Produktionskosten von Autos und damit auf die Verbraucherpreise auswirken. Aktuell waren die Nominallöhne im 2. Quartal 2024 in Deutschland um 5,4 % höher als im Vorjahresquartal. Die Verbraucherpreise stiegen im selben Zeitraum um 2,3 %.

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, lagen die Reallöhne damit im 2. Quartal 2024 um 3,1 % höher als im Vorjahresquartal. Mit diesem fünften Anstieg in Folge setzte sich der positive Trend der Reallohnentwicklung fort. In den Quartalen von Ende 2021 bis Anfang 2023 hatten die Beschäftigten noch durchschnittlich Reallohnverluste zu verzeichnen.

Weniger verkaufte Autos, mehr Gewinn pro Auto

Der Rückgang der Autoverkäufe, der im Jahr 2020 einsetzte und noch weit von dem Niveau vor der Pandemie entfernt ist, hat auch eine weitere Folge für den Listenpreis. Weniger verkaufte Autos bedeuten weniger Gewinn für die Autohersteller, die daher versuchen, die Margen pro ausgeliefertem Auto zu erhöhen.

Der VW Golf früher:

VW Golf V GTI Edition 30 im Kurztest: Ein Golf alter Schule
Unterwegs im VW Golf I Cabrio von 1991: Geschlossene Gesellschaft

Das bedeutet, dass sie mit jedem verkauften Auto mehr Gewinn machen müssen, um den Gewinn hoch zu halten und ihn an die Mitglieder auszuschütten, indem sie den Listenpreis erhöhen, um einen gleichen oder höheren Gewinn als vor der Pandemie zu erzielen.

Umweltvorschriften

Hinzu kommen die immer strengeren Umweltvorschriften in Europa, die die Automobilhersteller dazu zwingen, in emissionsarme Technologien zu investieren, etwa in aufwendigere Systeme zur Abgasreduzierung und effizientere Motoren. Hier spielen die ab 2025 verschärften Flottengrenzwerte bei Verbrauch und CO2-Ausstoß eine wichtige Rolle.

Es ist aus unserer Sicht nicht auszuschließen, dass reine Verbrenner-Pkw noch teurer werden, um die Kundennachfrage in Richtung Plug-in-Hybrid und E-Auto zu lenken, die dabei helfen, massive Strafzahlungen für die Autobauer zu verringern.

Das für 2035 geplante de-facto-Verbot von Autos mit Verbrennungsmotoren hat große Konzerne außerdem dazu veranlasst, mehrere Milliarden Euro in die Entwicklung einer neuen Elektroautoindustrie zu investieren, zu der auch teure Gigafabriken zur Herstellung von Batterien gehören.

Fahrhilfen und Sicherheitssysteme

In den letzten Jahren hat die Europäische Kommission eine Reihe von Sicherheitssystemen und Fahrhilfen (ADAS) für neu zugelassene Autos verbindlich vorgeschrieben, was letztlich zu einem Anstieg der Fahrzeugpreise führt.

Dabei handelt es sich um wichtige Funktionen für die Sicherheit im Straßenverkehr wie automatische Notbremsung, Spurhaltung, Erkennung von Fahrermüdigkeit oder eCall.

Hinzu kommen die immer strengeren Kriterien von EuroNCAP für die Vergabe der berühmten fünf Sterne bei Crashtests. All das hat seinen Preis, denn die Komponenten, die Technologie und die Integration dieser neuen ADAS wirken sich zunehmend auf den Endpreis des Fahrzeugs aus.

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