Mick Schumachers Teamkollege Nicolas Lapierre tritt sofort zurück

Nicolas Lapierre, der sich mit Mick Schumacher und Matthieu Vaxiviere das Cockpit bei Alpine teilt, hängt noch vor dem WEC-Finale in Bahrain den Helm an den Nagel

(Motorsport-Total.com) - Der viermalige Klassensieger der 24 Stunden von Le Mans, Nicolas Lapierre, zieht sich noch früher als erwartet zurück und wird beim Saisonfinale der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) nicht an den Start gehen. Er macht damit den Weg frei für Jules Gounon, der voraussichtlich neben Mick Schumacher und Matthieu Vaxiviere im Alpine #36 sitzen wird - sofern Signatech die Line-ups nicht weiter verändert.

Titel-Bild zur News: Nicolas Lapierre (links neben Matthieu Vaxiviere und Mick Schumacher) hört nach dem Podiumsplatz in Fuji als Fahrer auf

Nicolas Lapierre (links neben Matthieu Vaxiviere und Mick Schumacher) hört nach dem Podiumsplatz in Fuji als Fahrer auf Zoom

Lapierres Wechsel vor dem Finale mag von außen überraschend erscheinen, macht aber bei näherer Betrachtung Sinn. Alpine hatte nämlich Jules Gounon die Teilnahme an den letzten beiden Saisonrennen zugesichert. Auf dem Fuji Speedway musste Paul-Loup Chatin zuschauen, in Bahrain wäre Charles Milesi an der Reihe gewesen.

Doch Milesi erwies sich im Laufe der Saison als der schnellste Fahrer im Alpine #35 und fuhr sogar auf (und manchmal über) dem Niveau von Mick Schumacher, dem schnellsten Fahrer in der #36, weshalb Milesi schon jetzt als Entdeckung der Saison gilt. Es wäre nicht klug gewesen, ihn aus dem Cockpit zu nehmen.

Für Lapierre macht der Rücktritt auch deshalb Sinn, weil er ohnehin schon mit dem Gedanken gespielt hatte. Der 40-Jährige hatte bereits in Austin zugegeben, dass ihm seine Rolle als Teamchef bei Cool Racing etwas mehr Spaß macht, als er sich vorgestellt hatte. Ein Wechsel ins hauptberufliche Management liegt für ihn deshalb nahe.

Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder er bringt Cool Racing in Kooperation mit Hyundai/Genesis in die WEC oder er bleibt bei Alpine und wechselt dort ins Teammanagement. Cool Racing ist ein LMP2- und LMP3-Rennstall, den Lapierre 2020 zusammen mit Alexandre Coigny, ebenfalls WEC-Starter, gegründet hat.

In einem Video-Statement auf Instagram zeigt sich Lapierre, der in der ersten Saison des Alpine A424 unbedingt noch als Fahrer dabei sein wollte, bestens gelaunt. "Es ist Zeit für mich, den Helm an den Nagel zu hängen und dieses Kapitel meines Lebens zu beenden. Es war toll, diese Reise auf dem Podium zu beenden und noch einmal Champagner zu trinken", sagt er darin.

Nicolas Lapierre im fantastischen Formel-3-Jahrgang 2004 vor Robert Kubica und Lewis Hamilton in Zandvoort

Nicolas Lapierre im fantastischen Formel-3-Jahrgang 2004 vor Robert Kubica und Lewis Hamilton in Zandvoort Zoom

Der viermalige LMP2-Klassensieger bei den 24 Stunden von Le Mans spricht wenig überraschend davon, dass sein neues Kapitel "auf der anderen Seite der Boxenmauer" stattfinden wird. "Ich liebe das so sehr, wie ich den Rennsport geliebt habe, also werde ich nicht allzu weit weg sein", verspricht er.

Hamilton und Rosberg in der Formel 3 geschlagen

Nicolas Roger Lapierre begann seine Karriere in Frankreich zunächst mit durchschnittlichen Resultaten, avancierte in der Formel-3-Euroserie aber schnell zu einem potenziellen Talent für die Formel 1. Schon damals fuhr er für das Team Signature, das heute unter dem Namen Signatech die Alpine-Einsätze in der WEC bestreitet.

2003 gewann er den Macau-Grand-Prix, im Jahr darauf trat er im bärenstarken Formel-3-Jahrgang von 2004 an. Mit drei Saisonsiegen wurde er hinter Jamie Green und Alexandre Premat Meisterschaftsdritter. Dabei ließ er unter anderem Nico Rosberg, Lewis Hamilton, Robert Kubica, Giedo van der Garde, Bruno Spengler und Adrian Sutil hinter sich.

Der Traum von der Formel 1 platzte nach drei enttäuschenden GP2-Jahren von 2005 bis 2007, dafür holte er mit Premat den Titel in der A1GP-Serie für das Team Frankreich in der Saison 2005/06. Seit 2007 ist er in Sportwagen aktiv, immer in Verbindung mit Oreca. Bei Toyota erlebte er die wohl größte Enttäuschung seiner Karriere, als er 2014 auf dem Weg zum WM-Titel vor die Tür gesetzt wurde.

Die Oreca-Connection ermöglichte Lapierre eine lange Karriere bei den Sportprototypen

Die Oreca-Connection ermöglichte Lapierre eine lange Karriere bei den Sportprototypen Zoom

Seit 2016 ist er fester Bestandteil der Kooperation zwischen Signatech und Alpine. Deshalb würdigt er in seinem Statement unter anderem Oreca-Chef Hughes de Chaunac und den heutigen Toyota-Technikchef David Floury, der diese Position lange bei Oreca innehatte.

Floury war es auch, der ihn nach seinem Aus bei Toyota nach zwei Unfällen mit Slicks im Regen zum Weitermachen überredete: "Ich war am Tiefpunkt meiner Karriere und meines Lebens. Ich war kurz davor, mit dem Motorsport aufzuhören, und er hat mich zurückgebracht."

Ebenso würdigt er Jean-Paul Driot, den Gründer des DAMS-Rennstalls, für den er 2007 in der GP2 an den Start ging und seine einzigen beiden Siege in der Serie feierte: "Ich denke an ihn, er ist viel zu früh von uns gegangen. Mein erster GP2-Sieg 2007 hat meine Karriere verändert." Kurz nach dem Sieg kam der Deal mit Oreca zustande. Seine Karriere bleibt dennoch unvollendet, der Le-Mans-Gesamtsieg blieb ihm stets verwährt.

Alpine kündigte kürzlich an, Mick Schumacher unbedingt im Team halten zu wollen. Nach dem Rücktritt von Lapierre wäre das im Sinne der Stabilität auch sinnvoll. Doch Schumacher ziert sich noch, denn er will unbedingt in die Formel 1 zurück.