Porsche-Vorschau 24h: Gelingt die R-lösung am Ring?

Porsche will nichts mehr dem Zufall am Ring überlassen - Genau wie BMW muss auch Weissach beweisen, dass man auch mit einem SP9 gewinnen kann

(Motorsport-Total.com) - Die Vorzeichen haben sich gegenüber dem Vorjahr nicht geändert: Porsche ist in der SP9-Ära des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring noch immer ohne Sieg - ein Schicksal, das man sich nur ungern mit BMW teilt. Die glorreichen Zeiten des Manthey-RSR wandern in den Geschichtsbüchern immer weiter nach hinten; der letzte Sieg datiert mittlerweile sieben Jahre zurück, als der "Dicke" ein letztes Mal die GT3-Meute abwehren konnte.

Titel-Bild zur News: Manthey-Porsche

Kann er noch gewinnen? Der Manthey-Porsche versucht es im Doppelpack Zoom

Mittlerweile hört jener Dicke auf den Namen "Grello" und wird 2018 gleich doppelt antreten. Porsche hat das Werksengagement seines Werksautos nämlich wieder verdoppelt. Manthey Racing, an dem Porsche die Mehrheit hält, schickt wieder zwei Boliden ins Rennen - deutlich farbenfroher als noch beim letzten Doppelangriff anno 2016. Man spürt es regelrecht: Porsche will endlich wieder zurückschlagen. Dazu gab es noch eine kleine Belohnung dafür, dass man keine Performance zurückhält: In der jüngsten BoP-Runde ist der Porsche nochmal erleichtert worden und ist mit 1.270 Kilogramm leichtester GT3.

Insgesamt stehen nicht weniger als acht Porsche 911 GT3 R mit unzähligen Werksfahrern in der Starterliste, doch Siegchancen über puren Speed dürften nach den bisherigen Rennen nur die beiden Manthey-Boliden haben. Auf diesen sitzen nur Nordschleifen-Sieger: Kevin Estre, Romain Dumas, Laurens Vanthoor und Earl Bamber gehen in die #911, Richard Lietz, Patrick Pilet, Fred Mako und Nick Tandy in die #912. Im erweiterten Favoritenkreis sind die Porsche von Falken #44 (Bachler/S. Müller/Ragginger/Werner) und dem Team75 Bernhard #17 (Christensen/Cairoli/Lotterer/Bergmeister) anzusiedeln.

Das Manthey-Team ist in den vergangenen Jahren nach der Umstellung vom RSR ungewöhnlich hart erwischt worden: Die Getriebeprobleme mit dem 911 GT3 R brauchten einige Jahre, bis eine Lösung gefunden wurde. Dann gab es Ausfälle schon in der ersten Rennrunde durch Unfälle und im vergangenen Jahr machte das ungewöhnlich warme Wetter Porsche einen Strich durch die Rechnung, als sich die Michelin-Reifen am Grello vorzeitig in ihre Bestandteile auflösten.

Kundenteams in Lauerstellung

Die Hitze beim Rennstart in Kombination mit den damals neuen Reifenregeln stempelten die #911 schon frühzeitig zum Statisten ab. Zumindest dieses Problem sollte behoben sein, denn Michelin hat deutlich nachgebessert. Trotzdem gelten die Dunlop-Gummis bei warmen Bedingungen als die bessere Wahl. Der Falken-Reifen liegt irgendwo dazwischen und hat seine Stärken vor allem bei Nieselregen. Wenn es nass wird, sind sowohl Michelin als auch Porsche in ihrem Element.

Klaus Bachler, Martin Ragginger

Geheimfavorit: Der Falken-Porsche machte bislang eine gute Figur Zoom

Mit dem Frikadelli-Team hat Porsche zwei weitere Eisen im Feuer, die auch einen dritten Reifenhersteller mitbringen. Bislang macht die Umstellung auf Dunlop aber Probleme: Bis auf einige schnelle Einzelrunden in Qualifyings konnte die Mannschaft rund um Klaus Abbelen, der beim 24-Stunden-Rennen nicht im GT3-Porsche sitzt, bislang nicht das Tempo der absoluten Spitze mitgehen. Dafür hat Dunlop alle Register gezogen und alleine für die Hinterachse sechs verschiedene Mischungen homologiert (plus fünf für die Vorderachse). Zum Vergleich: Bei Michelin sind es gerade einmal drei.

Auf solchen läuft neben Manthey auch der Bernhard-Porsche, der sein 24h-Debüt auf der Nordschleife feiert. Für das Team von Timo Bernhard, der einst auf dem "Dicken" fünf Gesamtsiege feiern konnte, steht noch das Lernen im Vordergrund. Mit Jörg Bergmeister verfügt das Team über einen hervorragenden Entwicklungsfahrer, aber für das ganze Team ist das Rennen eine Premiere. Dennoch könnten die Vollgastiere Andre Lotterer, Matteo Cairoli und Michael Christensen durchaus für eine Überraschung im Qualifying sorgen.

Der Porsche 911 GT3 R ist im Großen und Ganzen auf dem Stand des Vorjahres. Lediglich der (vorne liegende) Kofferraumdeckel ist aerodynamisch optimiert worden. Die im Vorjahr noch äußerst umstrittenen Doppelflicks an der vorderen Stoßstange sind mittlerweile international homologiert. Porsche testet bereits intensiv das Nachfolgemodell für den jetzigen GT3 R. Es ist also die letzte Chance für den derzeitigen 991er, noch den ersten Gesamtsieg am Ring zu holen.

Im richtigen Fenster macht es richtig Spaß

Als Nachteil bleibt das noch immer schwierige Fahrverhalten, wenn nicht alles 100 Prozent zusammenpasst. Frikadelli-Pilot Lance David Arnold, vergangenes Jahr noch für Mercedes unterwegs, erklärt im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com', was es damit genau auf sich hat: "Die GT3-Klasse war ja ursprünglich für Amateure ausgelegt. Da müssen die Hersteller ein Auto bauen, dass einfach zu fahren ist, wenn man bei - sagen wir mal - 95 Prozent ist."

"Man muss den Porsche immer ausquetschen und fliegen lassen. Dann bekommt man ein Mega-Feedback." Lance David Arnold

So ist es beispielsweise beim Mercedes: Ein Amateurfahrer ist auf einer normalen Strecke nur wenige Zehntelsekunden langsamer als ein Profi. Der Porsche hingegen streut weitaus mehr. Was das für die Profis bedeutet? Wenn die Abstimmung nicht richtig passt, fällt der Zeitverlust gleich richtig heftig aus. Mit ein Grund vielleicht, warum Frikadelli mit den Dunlop-Reifen bislang im Rennen Probleme hatte, mit Manthey mitzugehen.

Wenn es aber passt, schlägt der Nachteil in einen Vorteil um, wie Arnold weiter erklärt: "Man muss den Porsche immer ausquetschen und fliegen lassen. Das macht natürlich umso mehr Spaß, weil man mega-gutes Feedback bekommt. Du kannst im vierten Gang haargenau im leichten Drift um die Kurve fahren. Dieses Feedback hat mir in letzten Jahren ein bisschen gefehlt, gerade im Regen. Mit dem Porsche weist du genau, wann er hinten weg geht. Und dann kann man ihn schön platzieren."

Lance David Arnold, Matt Campbell

Frikadelli fährt neuerdings auf Dunlop-Reifen Zoom

Natürlich bleibt Porsche gerade nach der jüngsten BoP-Runde Mitfavorit auf den Sieg, gerade seit man wieder doppelt so viel direkt siegfähige Fahrzeuge hat. Nur: Ob zwei Manthey-Porsche ausreichen, um gegen die Mercedes-Übermacht anzukommen, wird sich zeigen müssen. Und eine Überraschung durch Falken, Frikadelli und Bernhard ist niemals auszuschließen, wenn sie das Abstimmungsfenster des Elfers genau treffen.

Porsche-Teams bei den 24 Stunden 2018

Team GetSpeed (Jans/Böckmann/Luhr/Slooten) - Dunlop
Manthey Racing #12 (Klohs/Kern/Olsen/Frommenwiler) - Michelin
Team75 Bernhard #17 (Christensen/Cairoli/Lotterer/Bergmeister) - Michelin
Frikadelli Racing #30 (Arnold/A. Müller/Henzler/Campbell) - Dunlop
Frikadelli Racing #31 (Siedler/Seefried/Laser/Jaminet) - Dunlop
Falken Motorsport #44 (Bachler/S. Müller/Ragginger/Werner) - Falken
Manthey Racing #911 (Estre/Dumas/L. Vanthoor/Bamber) - Michelin
Manthey Racing #912 (Lietz/Pilet/Makowiecki/Tandy) - Michelin

Technische Daten Porsche 911 GT3 R - 24h Nürburgring

- Länge: 4.604 mm
- Breite: 2.002 mm
- Höhe: 1.232 mm
- Radstand: 2.463 mm
- Mindestgewicht: 1.270 kg
- Leistung: 510 PS
- Motor: 4.0l 6-Zylinder Boxer mit 2x36mm Luftmengenbegrenzer
- Tankinhalt: 111l

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