Marokkanisches Geduldsspiel: Tarquini holt sich die Pole
Die Qualifikation in Marrakesch wurde immer wieder unterbrochen und endete dann vorzeitig: Gabriele Tarquini holt Pole vor Rob Huff und Jordi Gené
(Motorsport-Total.com) - In der Qualifikation von Marrakesch war vor allem eines gefragt: Geduld. Der enge, mit Mauern begrenzte Stadtkurs sorgte für reichlich Chaos. So musste das Qualifying nach Unfällen immer wieder unterbrochen werden, Q1 und Q2 endeten sogar jeweils eine Minute zu früh. Die Unterbrechungen summierten sich so, dass vom Umschalten der Startampel bis zum Ende der Qualifikation fast eineinhalb Stunden vergingen. Angesetzt waren eigentlich 50 Minuten.
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Gabriele Tarquini sicherte sich mit einer Fabelzeit die Pole in Marrakesch
Am Ende sicherte sich der Weltmeister die Pole-Position: SEAT-Pilot Gabriele Tarquini nutzte in Q2 die passende Gelegenheit, legte eine Fabelzeit von 1:45.830 Minuten hin und setzte sich an die Spitze. Alle Versuche der Konkurrenz, den Italiener noch abzufangen, scheiterten. Und ihre Chance auf einen letzten Angriff verloren sie, als Q2 nach einem Unfall von Michel Nykjaer (SEAT) eine Minute vor Schluss abgebrochen wurde.#w1#
Zunächst deutete sich schon an, dass die Qualifikation reine SEAT-Festspiele werden, doch es kam dann doch anders. Chevrolet-Pilot Rob Huff hatte es kurz vor dem Abbruch noch geschafft, die TDI-Armada an der Spitze zu sprengen und sich Startplatz zwei zu holen. Er hatte jedoch schon mehr als eine halbe Sekunde Rückstand auf Tarquini. Auch SEAT-Pilot Jordi Gené gehörte zu den Pole-Kandidaten, nach dem Abbruch musste er sich aber mit Startplatz drei begnügen, gefolgt von Teamkollege Tiago Monteiro. Yvan Muller fuhr als zweitbester Chevrolet-Pilot auf Startplatz fünf. Nykjaers Zeit reichte für Startplatz sechs vor den Leon TDI von Tom Coronel und Fredy Barth.
Privatier Engstler trumpft auf
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Franz Engstler war nach dem Erreichen von Q2 zum Feiern zumute Zoom
Bester BMW Fahrer war Privatier Franz Engstler. Er sicherte sich den Sprung in Q2, hatte dann aber einen leichten Kontakt mit der Streckenbegrenzung und entschied sich danach, nicht mehr rauszugehen, sondern sich mit Startplatz neun zu begnügen. Für den überglücklichen Allgäuer war schon das Erreichen von Q2 Grund genug, "eine richtige Party zu feiern." "Es hätte keinen Sinn mehr gemacht, noch einmal rauszugehen", sagt Engstler über die Gefahren auf dem Stadtkurs. "Ich habe ihm letzten Outing den Zaun schon leicht berührt und dann beschlossen, aufzuhören. Ich bin happy mit Platz neun."
Auf Startplatz zehn steht Norbert Michelisz. Der SEAT-Pilot gehört zu den Pechvögeln dieses Qualifiyngs. Am Ende von Q1 setzte er sich mit einer neuen Bestzeit an die Spitze des Klassements. Doch den Kampf um die Pole-Position konnte er dann nicht mehr aufnehmen. Denn nach seiner Bestzeit-Runde knallte Michelisz eine Minute vor Schluss von Q1 in die Mauer. Sein Leon TDI wurde dabei so beschädigt, dass Michelisz in Q2 nicht mehr antreten konnte.
"Ich habe einfach am Kurveneingang das Heck verloren und dann ging mir die Straße aus", schildert Rookie Michelisz seinen Crash. "Es tut mir wirklich leid, ich war auf der Pole und hatte eine gute Zeit. Schon nach dem Training wusste ich, dass ich die Pace habe, um ganz vorn mitzufahren. Es ist enttäuschend, aber man muss daraus lernen. Es ist ja erst mein zweites WTCC-Rennen und ich fahre zum ersten Mal auf dieser Strecke. Wir haben die Pace, das ist das Wichtigste. Und wenn man die Pace hat, ist es einfacher, auf das Podium zu fahren."
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Norbert Michelisz holte Bestzeit und verlor dann das Heck seines SEAT Zoom
Zudem dauerte es wegen der Reparaturarbeiten an der Streckenbegrenzung eine Weile, bis Q2 gestartet werden konnte. Und im zweiten Segment musste nach fünf Minuten die nächste rote Flagge, weil sich an den Randsteinen Schrauben gelockert hatten und gefährlich nach oben standen. Sie hätten Reifen aufschlitzen können, deshalb rückte der Reparaturtrupp ein weiteres Mal aus. Mit den Schrauben wurde per Flex kurzer Prozess gemacht. Wieder mussten die Fahrer in der Box lange warten, bevor sie den Kampf um die Pole-Position wieder aufnehmen konnten.
"Dieses Qualifiying ist sehr lang", erklärte Tarquini während des Wartens schmunzelnd. "Es ist schwierig, da die Konzentration zu halten, aber es ist für alle das Gleiche." Kaum war die Strecke wieder freigegeben, wurde schon wieder Gelb geschwenkt: Nykjaer hatte in der Einführungsrunde Mauerkontakt und verlor seinen Rückspiegel auf der Fahrerseite. Kurz darauf küsste er die Mauer auch noch mit seinem Heck - bevor es ihn dann ganz erwischte. Eine Minute vor Schluss krachte Nykjaer in der Schikane so in die Mauer, dass Q2 abgebrochen wurde. Die Jagd auf die Polezeit von Tarquini war vorzeitig beendet.
Enttäuschung im Lager von BMW
Für die BMW Werksfahrer war das Qualifying schon nach dem ersten Teil beendet: Augusto Farfus verpasste den Einzug in Q2 um gerade einmal 15 Tausendstelsekunden und wurde Elfter. Er dürfte darüber genauso enttäuscht sein wie der mehrmalige Weltmeister Andy Priaulx, der sich dahinter mit Platz zwölf begnügen musste. Dabei hatte Priaulx aber noch Glück, dass das Qualifying für ihn nicht frühzeitig beendet war. Denn der Brite kam elf Minuten vor Schluss weit nach rechts und touchierte die Mauer. Er konnte jedoch weiterfahren.
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Andy Priaulx kam vor lauter gelben und roten Flaggen auf keine vernünftige Zeit Zoom
"Wir haben einfach keine vernünftige Runde zusammengebracht. Es gab nur gelbe und rote Flaggen und deshalb kamen wir beide auf keine gute Zeit", sagt Priaulx über sich und seinen Kollegen Farfus. "Die Pace hätte für Rang acht oder neun gereicht. Mit den Diesel-SEATS hätten wir es nicht aufnehmen können, aber das wussten wir schon vor dem Qualifying. Doch wir sind natürlich enttäuscht, dass wir es nicht in Q2 geschafft haben. Jetzt versuchen wir, die Pole-Position für Rennen zwei zu holen und dann schauen wir mal, was wir aus diesem Wochenende machen können."
Weniger Glück als Priaulx hatte Chevrolet-Pilot Alain Menu. Der Schweizer hatte nach dem ersten Drittel von Q1 erneut einen Unfall: Er kam zu schnell in die Schikane, verlor das Heck und krachte mit seinem Cruze vorn in die Mauer. Danach musste die Session erst einmal für mehrere Minuten unterbrochen werden, da die Strecke mit Ölbindemitteln behandelt werden musste. Für die zweite rote Flagge sorgte dann Michelisz mit seinem Unfall eine Minute vor dem Ende von Q1. Die Session wurde danach auch nicht mehr aufgenommen, stattdessen bereiteten sich die verbleibenden neun Piloten auf Q2 vor - nicht ahnend, welche Geduldsprobe noch auf sie zukommen sollte.