Siege, Titel, Rekorde: Jeff Gordon beschließt große Karriere
Kein fünfter Titel, dafür aber jede Menge Ehrerweisung beim letzten Rennen seiner NASCAR-Karriere lassen Jeff Gordon zufrieden Bilanz ziehen
(Motorsport-Total.com) - Es war ein Bild mit großer Symbolkraft. Während der frischgebackene NASCAR-Champion Kyle Busch wenige Minuten nach seinem Sieg beim Sprint-Cup-Saisonfinale 2015 die Start/Ziel-Gerade des Homestead-Miami Speedway in eine Wolke von Reifenqualm legte, war es in der Boxengasse Jeff Gordon, der nach über 23 Jahren zum letzten Mal aus dem Cockpit eines NASCAR-Boliden kletterte. Mit Platz sechs beim Ford EcoBoost 400 und Rang drei in Reihen der vier Titelkandidaten beschloss Gordon seine lange Karriere mit Platz drei in der Sprint-Cup-Gesamtwertung 2015.
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Jeff Gordon bestritt in Homestead sein 797. und letztes NASCAR-Rennen Zoom
Es war ein langer und emotionaler Tag - nicht nur für Jeff Gordon. Bei der traditionellen Fahrerbesprechung wenige Stunden vor dem Rennen wurde der abdankende NASCAR-Star mit Standing Ovations der Kollegen verabschiedet. Bei der Fahrervorstellung auf der Start/Ziel-Gerade trat Gordon als letzter der 43 Piloten auf die Bühne - nicht nur, weil er kurz vor seinem letzten Rennen stand, sondern auch, weil er in diesem Rennen einer der vier Titelkandidaten war. Im Sinne der Spannung werden die Chase-Piloten stets nach allen anderen Piloten vorgestellt.
Als die Fahrervorstellung vorüber war, spazierte Gordon mit Tochter Ella zum seinem in Turn 4 stehenden Hendrick-Chevy mit der längst zur Legende gewordenen neongelben Startnummer 24. Einem Gruppenfoto mit Ehefrau Ingrid, den beiden Kids, Teambesitzer Rick Hendrick, dessen Ehefrau Linda sowie der gesamten Crew folgten kurze Zusammenkünfte mit Motorsportgrößen aus Vergangenheit und Gegenwart. US-Rennlegende Mario Andretti war ebenso vor Ort wie der amtierende Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton. Auch die IndyCar-Piloten Marco Andretti, James Hinchcliffe und Josef Newgarden ließen es sich nicht nehmen, beim letzten NASCAR-Rennen von Jeff Gordon vor Ort zu sein.
Ehrerweisung vor, während und nach dem letzten Rennen
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Unter anderem Mario Andretti und Lewis Hamilton erwiesen Gordon die Ehre Zoom
Als sich das Feld der 43 Sprint-Cup-Boliden in der Boxengasse auf den Weg machte, um das 1,5-Meilen-Oval unter die Räder zu nehmen, wurde Gordon von den Mechanikern aller Crews beklatscht. Gleichzeitig sorgten die 46.000 Zuschauer auf der Haupttribüne für eine eindrucksvolle Choreografie "Thank You Jeff. 24Ever" war in riesigen Lettern zu lesen. Anschließend wechselte die Choreografie: Der Titelkampf der "Final Four" stand im Fokus.
Im Verlauf der 267 Rennrunden holte sich Jeff Gordon noch einmal neun Führungsrunden ab. Als er im 36. Umlauf im Zuge eines Restarts die Führung übernahm, gab es tosenden Applaus von der ausverkauften Haupttribüne. Als Gordon in Runde 45 aber die Führung an Kevin Harvick abtreten musste, begann sich das Bild des Titelkampfs 2015 abzuzeichnen.
Jubel in Homestead: Jeff Gordon übernimmt die Führung
Nach 267 Runden kreuzte Kyle Busch mit 1,5 Sekunden Vorsprung auf Kevin Harvick die Ziellinie und hatte diesen damit als NASCAR-Champion abgelöst. Gordon kam fünf Positionen hinter dem Sieger ins Ziel und beendete seine 797 Rennen dauernde NASCAR-Karriere mit dem 475. und gleichzeitig letzten Top-10-Ergebnis.
Ein letztes Mal aus dem Hendrick-Chevy mit der 24 geklettert, fiel Gordon als erstes seinem einzigen NASCAR-Boss in die Arme: Rick Hendrick. Privaten Worte zwischen den beiden folgte Gordons erstes Statement gegenüber der Presse: "Ganz ehrlich, ich bin ein bisschen enttäuscht. Ich dachte, wir hätten eine echte Chance." Mit einbrechender Dunkelheit aber war das Handling von Gordons Hendrick-Chevy nicht mehr mit jenem aus der Anfangsphase des Rennens zu vergleichen. "Dennoch ist es ein guter, glücklicher Tag", meinte Gordon
Wenige Minuten später fügte der 44-Jährige auf der letzten Pressekonferenz seiner aktiven Karriere hinzu: "Diesen Tag erlebt zu haben und diese unglaubliche Karriere abgeschlossen zu haben, gibt mir das Gefühl, auf dem Gipfel zu sein. Dafür braucht es keinen Titelgewinn."
Onboard: Jeff Gordons letztes Rennen in voller Länge
So ist Jeff Gordons Karriere in der höchsten NASCAR-Liga mit vier Titeln (1995, 1997, 1998 und 2001), 93 Siegen, 325 Top-5-Platzierungen und 475 Top-10-Platzierungen aus 797 Rennen zu Ende gegangen. Dreimal gewann er das Daytona 500 (1997, 1999 und 2005) und dreimal das All-Star-Race (1995, 1997 und 2001). Gordons fünf Siege beim Brickyard 400 (1994, 1998, 2001, 2004 und 2014) bedeuten ebenso einen Rekord wie seine neun Siege bei Rundkurs-Rennen und seine zwölf Siege bei Restrictor-Plate-Rennen.
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Der Name Jeff Gordon ist in der NASCAR-Historie fest verankert Zoom
Mit Ausnahme der Saisons 1992 (nur ein Rennen gefahren), 1993, 2008 und 2010 holte Gordon in jedem seiner 24 Jahre in der NASCAR-Topliga mindestens einen Sieg. Im Verlauf seiner 797 Rennen, die allesamt in ununterbrochener Reihenfolge zustande kamen und ihm im September 2015 den "Iron Man"-Rekord beschert haben, trat der Kalifornier auf 25 verschiedenen Rennstrecken an. Mit Ausnahme des Kentucky Speedway (seit 2011 im Kalender) fuhr er auf jeder Strecke mindestens einmal in die Victory Lane. In Pocono (sechs Siege), Indianapolis (fünf Siege), Sonoma (fünf Siege) und Kansas City (wie Jimmie Johnson drei Siege) hält oder teilt sich Gordon Platz eins der Siegerlisten.
Gordons 81 Pole-Positions bedeuten in der ewigen Bestenliste der NASCAR seit 1949 ebenso Platz drei hinter Richard Petty und David Person wie dies für seine 93 Siege gilt. In jeder einzelnen seiner 23 vollen Saisons errang Gordon mindestens eine Pole-Position, was ihm auch in dieser Hinsicht einen "Iron Man"-Rekord einbringt. Mit Ausnahme des Kentucky Speedway und des Kansas Speedway schlägt für Gordon überall mindestens eine Pole-Position zu Buche. In Las Vegas, auf dem Michigan Speedway und in Richmond hält er den Streckenrekord.
In Indianapolis, Loudon, Martinsville, Pocono, Sonoma und Watkins Glen führt Gordon die ewige Bestenliste der Führungsrunden an. Die erste seiner insgesamt 24.920 Führungsrunden geht auf die erste Rennrunde beim Saisonauftakt 1993 zurück. Es war Gordons zweites Rennen und sein erstes Daytona 500. Mit seinem ersten Titelgewinn im Jahr 1995 machte sich der Kalifornier im Alter von 24 Jahren zum bis heute jüngsten Champion der höchsten NASCAR-Liga.
Mit dem Rücktritt von Jeff Gordon ist am Sonntag in Homestead eine Ära zu Ende gegangen. Der "Iron Man" der NASCAR wäre nicht überrascht, sollte der Titelgewinn von Kyle Busch gleichzeitig den Beginn einer neuen Ära markieren.
Die ewige Bestenliste der NASCAR-Sieger seit 1949 (Top 25):
01. Richard Petty - 200 Siege
02. David Pearson - 105
03. Jeff Gordon - 93
04. Bobby Allison - 84
05. Darrell Waltrip - 84
06. Cale Yarborough - 83
07. Dale Earnhardt - 76
08. Jimmie Johnson - 75
09. Rusty Wallace - 55
10. Lee Petty - 54
11. Junior Johnson - 50
12. Ned Jarrett - 50
13. Herb Thomas - 48
14. Tony Stewart - 48
15. Buck Baker - 46
16. Bill Elliott - 44
17. Mark Martin - 40
18. Tim Flock - 39
19. Bobby Isaac - 37
20. Matt Kenseth - 36
21. Kyle Busch - 34
22. Fireball Roberts - 33
23. Dale Jarrett - 32
24. Kevin Harvick - 31
25. Rex White - 28
Die ewige Bestenliste der NASCAR-Polesetter seit 1949 (Top 25):
01. Richard Petty - 123 Pole-Positions
02. David Pearson - 113
03. Jeff Gordon - 81
04. Cale Yarborough - 69
05. Darrell Waltrip - 59
06. Bobby Allison - 58
07. Mark Martin - 56
08. Bill Elliott - 55
09. Ryan Newman - 51
10. Bobby Isaac - 49
11. Junior Johnson - 46
12. Buck Baker - 45
13. Herb Thomas - 39
14. Buddy Baker - 38
15. Tim Flock - 37
16. Geoff Bodine - 37
17. Rex White - 36
18. Rusty Wallace - 36
19. Ned Jarrett - 35
20. Jimmie Johnson - 34
21. Fonty Flock - 33
22. Fireball Roberts - 32
23. Fred Lorenzen - 32
24. Ricky Rudd - 29
25. Terry Labonte - 27
Die ewige Bestenliste der NASCAR-Starts seit 1949 (Top 25):
01. Richard Petty - 1185 Starts
02. Ricky Rudd - 906
03. Terry Labonte - 890
04. Dave Marcis - 883
05. Mark Martin - 882
06. Kyle Petty - 829
07. Bill Elliott - 828
08. Darrell Waltrip - 809
09. Jeff Gordon - 797
10. Michael Waltrip - 781
11. Ken Schrader - 763
12. Sterling Marlin - 748
13. Bobby Labonte - 725
14. Bobby Allison - 718
15. Rusty Wallace - 706
16. Buddy Baker - 699
17. Jeff Burton - 695
18. Dale Earnhardt - 676
19. Dale Jarrett - 668
20. Joe Nemechek - 667
21. J.D. McDuffie - 653
22. Buck Baker - 636
23. James Hylton - 602
24. Tony Stewart - 590
25. Matt Kenseth - 578